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1156 - Albtraum Elektra

1156 - Albtraum Elektra

Titel: 1156 - Albtraum Elektra
Autoren: Jason Dark
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Keine Gräber. Oder sind Sie einer, der welche sucht?«
    »Nein, aber mich hat der Zufall hierher verschlagen.« Ich deutete auf den Bus. »Meinen Sie, dass ich mitfahren kann?«
    »Für Geld immer.«
    »Wo fährt er denn hin?«
    »Keine Ahnung. Im Zweifelsfall aber bis Kairo. Dort beginnt und endet alles.«
    »Danke für die Auskünfte.«
    »War mir ein Vergnügen. Sonst noch Fragen? Ich habe Zeit. Der große Durst kommt erst später.« Er grinste wie jemand, den nichts mehr erschüttern konnte.
    Ich hatte auch die zweite Dose zur Hälfte geleert und schaute mich um wie jemand, der etwas sucht.
    Das tat ich bewusst auffällig, und der Verkäufer sprang auch darauf an.
    »Warten Sie hier auf jemand?«
    »Auf eine Frau.«
    Er lachte. »Ach, trifft man sich neuerdings bei den Gräbern? Da kenne ich bessere Orte.«
    »Ich auch. Es hat sich so ergeben. Es ist keine Fremde, sondern eine Landsmännin von Ihnen.«
    Er zwinkerte mir zu. »Unsere Frauen haben eben das gewisse Etwas. Das hat schon der alte Cäsar gewusst, als er mit seiner Kleopatra ins Bett stieg.«
    »So heißt sie nicht.«
    »Wie denn?«
    »Elektra.«
    Ich hatte den Namen kaum ausgesprochen, da zuckte der Mann zusammen. Er wurde blass und schaute sich ängstlich um. Sein plötzliches Schweigen wunderte mich.
    »He, was haben Sie? Ist Ihnen nicht gut? Habe ich etwas Falsches gesagt.«
    »Verflucht sei der Name!«, flüsterte er.
    »Nur er oder die Frau?«
    »Beide.«
    Mir war klar, dass ich hier etwas losgetreten hatte. So unbekannt war sie also nicht. Der Mann musste sich vor ihr fürchten. Anders konnte ich mir seinen flackernden Blick nicht erklären.
    »Was ist denn mit ihr?«, fragte ich.
    So gesprächig er gewesen war, so hektisch winkte er jetzt ab und hielt den Mund.
    Das wollte ich nicht akzeptieren und fragte: »Was ist denn los mit Ihnen? Habe ich was Falsches gesagt?«
    »Nein. Oder ja. Man spricht nicht über diese Frau. Sie… sie… ist tot, aber sie lebt trotzdem. Sie muss tot sein. Sie ist für uns Menschen gefährlich.«
    »Ja, das glaube ich. Auch mir kam sie nicht geheuer vor.«
    Der Verkäufer ging einen Schritt von mir weg und bekam große Augen. »Man soll nicht darüber reden, verstehen Sie? Es ist hier tabu. Sie ist ein Geist.«
    »So kam sie mir nicht vor.«
    »Sie haben Sie gesehen?«
    »Ja.«
    Er leckte über seine Lippen. »Wo war das?«
    Ich deutete auf die hellen Felsen oberhalb der Senke. »Dort haben wir uns getroffen.«
    Der Mann vor mir begann zu frieren. So sah es zumindest aus. Er schüttelte den Kopf, dann presste er seine Hände gegen das Gesicht und sprach durch die Lücken. »Das ist Wahnsinn! Das kann es nicht geben. Niemand überlebt es. Es ist die Legende der Zauberin. Sie will sich an den Menschen rächen, denn Menschen haben sie dort oben in den Felsen begraben. Und die Geschichte erzählt auch, dass sie kein richtiger Mensch ist, sondern…«
    »Sie ist Mann und Frau zugleich.«
    »Ja!«, flüsterte er. »Ja, Sie hasst beide. Männer und Frauen. Sie holt sich ihre Opfer. In alter Zeit hat sie die Menschen von ihren Leiden geheilt, aber das hat sich geändert. Jetzt kennt sie nur ihren Hass, und den bringt sie den Menschen entgegen. Sie heilt nicht mehr, sie tötet. Nur so kann sie die nötige Kraft schöpfen. Für uns ist sie ein Succubus. Wissen Sie, was das ist?«
    Und ob ich das wusste. Ich hatte es damals bei Fatima erlebt und auch bei Selima. »Sie will die Menschen aussaugen.«
    »Ja, denn sie braucht die Seelen. Sie trinkt das Leben der anderen. Sie kann nur so existieren. Um ihr nicht in die Arme zu laufen, verlassen wir bei Anbruch der Dunkelheit diesen Ort und kehren erst am nächsten Morgen zurück.«
    »Hat es schon Tote gegeben?«
    »Leider. Keine Touristen. Nur Einheimische, die nicht an die Geschichte geglaubt haben.«
    »Dann kann ich sie also nur bei Dunkelheit erleben?«, fragte ich.
    »Fliehen Sie!«, flüsterte er. »Verschwinden Sie von hier. Nicht immer werden Sie das Glück haben.«
    Das wollte ich nicht tun. Ich wollte aber auch keine anderen Menschen in Gefahr bringen. Wie es jetzt aussah, musste ich wohl oder übel noch bis zum Beginn der Dämmerung warten, um wieder eine Chance zu haben, ihr begegnen zu können. Ich wollte sie stellen. Es brachte einfach nichts, wenn ich die Flucht ergriff und zusah, so schnell wie möglich wieder nach London zu kommen.
    Elektra würde nicht aufgeben, und sie würde mich dort immer wieder finden können.
    Der Verkäufer bewegte heftig seinen Arm.
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