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1153 - Die Gruftie-Girls

1153 - Die Gruftie-Girls

Titel: 1153 - Die Gruftie-Girls
Autoren: Jason Dark
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von. Zwei Körper berührten ihn an den Seiten. Das Zimmer schwamm in einem ungewöhnlichen Licht. Es schien aus der Realität herausgerissen worden zu sein. Die übrige Welt war für Nick O'Brien verschwunden.
    Es hätte ihn nicht einmal gewundert, wenn er sich plötzlich aufgelöst hätte und einfach weggetragen worden wäre. Er blickte wieder zu Wiebke. Sie wartete auf eine Antwort. Sie lächelte ihn an. Sie lockte ihn. Ebenso wie ihre Schwester Julia, deren tiefer Blick sich in seine Augen senkte.
    »Warum sagst du nichts, Nick?«
    »Keine Ahnung«, gab er krächzend zurück. »Ich weiß nicht, was ihr mit der Sünde gemeint habt. Ich kann es mir nicht vorstellen. Es gibt so viele Variationen, versteht ihr.«
    »Du kennst uns doch, Nick.«
    Er wusste, was Julia damit gemeint hatte. »Ja, von der Bühne aus den Clubs, wo ihr als Two Sins auftretet und singt. Aber ist das wirklich Sünde?«
    »Sicher, Nick, was sonst? Es ist Sünde. Denk an unsere Texte. Du kennst unsere Songs.«
    »Schon, ja, aber…«
    »Kein Aber. Wir brauchen Freunde und Helfer, die uns mithelfen, für die Sünde zu leben. Für das Alte, das schon immer auf der Welt war, seit es Menschen gibt. Es gab Mann und Frau, und es gab die Schlange, die Verführerin und damit auch die Sünde. Sie war und ist etwas Verbotenes, und sie hat die Menschen schon immer fasziniert und in ihren Bann gezogen. Sie war immer interessanter als ihr Gegenteil, aber das brauche ich dir nicht zu sagen.« Julia legte eine Hand gegen Nicks Brust und drückte ihn zurück, damit er seine steife und angespannte Sitzhaltung verlor und sich anlehnen konnte.
    Die normale Welt oder das normale Leben war bei Nick O'Brien verschwunden. Für ihn war eine andere Zeit angebrochen.
    Möglicherweise die Zeit der Sünde. Er war einfach hineingefallen und hatte sich in diesen Fallstricken verfangen. Er wollte auch nicht mehr heraus, außerdem hätte er nicht die Kraft dazu gefunden. Da waren die beiden Schwestern einfach zu mächtig.
    Er sah sie jetzt vor sich, denn sie hatten sich etwas zur Seite gebeugt, um ihn anschauen zu können. Zwei starre Körper hockten in einer unbeweglichen Haltung vor ihm. Auf dem roten Haar tanzten einige Lichtreflexe, und Wiebkes rundes Gesicht mit der kleinen Nase wirkte im Spiel aus Licht und Schatten fast wie eine Masse Knetgummi.
    Julia sah einfach nur bleich aus. Das Gespenst mit den hellen Haaren und dem kalten Blick. Er wusste genau, dass sie ihm etwas sagen wollten, und wartete darauf. Er wollte mehr über die Sünde erfahren, aber keine der Schwestern bewegte ihre Lippen, um ihm zu erklären, was sie von ihm wollten.
    »Ich… ich… bin doch bereit!«, flüsterte er.
    »Das wissen wir«, sagte Wiebke. »Wir wissen alles, denn wir spüren es genau.«
    »Und weiter? Was ist mit der Sünde? Wie soll ich sündigen? Allein? Oder mit euch beiden?«
    »Denk an unsere Lieder«, wisperte Julia. »Du kennst die Texte doch. Oder irre ich mich da?«
    »Nein, nein, ich habe sie oft genug gehört. Das ist wirklich kein Irrtum.«
    »Dann wirst du dich danach richten«, erklärte ihm Julia mit sanfter Stimme, die allerdings keinen Widerspruch duldete.
    Fragmente der Texte schossen ihm durch den Kopf. Nickt sah die Two Sins auf der Bühne stehen und hörte sie in die Mikrofone hauchen, singen und sprechen. Ihre Lieder handelten von den dunklen Seiten der menschlichen Seele, die mehr an die Oberfläche kommen mussten, denn der Mensch war nicht nur gut.
    Die Gruftie-Girls sagten nichts. Sie schauten ihn nur an. Und genau das war wichtig, denn jetzt erlebte er die Veränderung der Schwestern.
    Sie brauchten nichts zu sagen, der Blick in ihre Gesichter reichte völlig aus.
    Die Augen…
    Es geschah etwas mit den Augen. In ihnen, in den Pupillen, wechselte die Farbe. Aus der Tiefe drang etwas hervor und erreichte sehr schnell die Oberfläche. Die normale Farbe der Augen verschwand, als wäre sie weggeputzt worden. Das Dunkle bekam die Oberhand. Eine graue Farbe drang in den sichtbaren Bereich ein. Die Farbe, die sich immer mehr verdunkelte und die Pupillen in tiefes Schwarz tauchten. Obwohl die Farbe Gegenstände eigentlich vom Aussehen und von der Wirkung her verkleinerte, war es hier anders. Sie nahm die gesamte Palette im Innern ein. Es gab einfach nichts anderes mehr als nur diese dunklen, leicht ölig glänzenden Kreise.
    Nick O'Brien hielt unwillkürlich den Atem an. Er konnte nur die dunklen Augen sehen, alles andere war zur Nebensache geworden. Der Blick war
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