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1136 - Das Blut der Bernadette

1136 - Das Blut der Bernadette

Titel: 1136 - Das Blut der Bernadette
Autoren: Jason Dark
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hörte ich, daß auch Jane nicht aufgab, und so machte ich mich ebenfalls an die Verfolgung.
    Dieser Fall war mehr als rätselhaft. Drei Tote hatte es bisher gegeben, und jetzt nahm jemand vor uns Reißaus.
    Zum Glück war der Wald dicht. So kam ich recht gut voran und konnte auch gewissen Hindernissen ausweichen. Nur ab und zu mußte ich den Kopf einziehen, um nicht von niedrigeren Zweigen und Ästen erwischt zu werden. Meine Füße wirbelten das bunte feuchte Laub hoch. Ich glitt über das hohe Gras hinweg, rutschte auch ein paarmal ab, schaffte es aber immer wieder, mich zu fangen.
    »Nein, verdammt, lassen Sie mich!«
    Die helle Mädchenstimme hallte an den Bäumen und Büschen entlang, und ich wußte, daß Jane es geschafft hatte, die Flüchtende einzuholen.
    Ich rief ihren Namen.
    »Okay, John. Ich habe sie.«
    Vor mir wuchs eine Reihe von Birken. Ihre kleinen Blätter lagen wie schmutzige Goldstücke auf dem Boden. Dahinter wuchsen Fichten, und dort sah ich Jane, die gebückt stand und auf jemand schaute, den ich erst zu Gesicht bekam, als ich näher heran gegangen war. Die Person saß auf dem Boden und schüttelte den Kopf, obwohl Jane ihr die Hand entgegengestreckte hatte, um ihr auf die Füße zu helfen.
    Es war eine Nonne, eine Schwester, wie auch immer. Sie trug eine Haube, die wie ein heller Nackenschutz aussah, doch ansonsten keine klösterliche Kleidung, denn über den Körper hatte sie einen grauen Wintermantel gestreift.
    Ich ging jetzt langsamer und schaute den vor meinen Lippen tanzenden Atemwolken zu.
    Die junge Frau hockte noch immer am Boden und zog jetzt den Kopf ein, als sie mich sah. Ihr Mund stand offen, als wollte sie schreien, und sie streckte mir auch abwehrend eine Hand entgegen.
    »Sie brauchen keine Angst zu haben«, sagte Jane. »Weder vor mir noch vor ihm. Wenn möglich, dann möchten wir Ihnen helfen.«
    Die Frau war sich nicht sicher. Sie schaute Jane an, dann mich, und ich sah Angst in ihren großen dunklen Augen. Sie mochte Anfang Zwanzig sein. Dunkle, glatte, halblange Haare, ein rundes Gesicht, eine Stupsnase und volle Lippen. Die Haut war leicht gerötet von der Anstrengung des Laufens, und ihr Atem hatte sich noch immer nicht beruhigt.
    Jane setzte ihr bestes Lächeln auf und streckte ihr die Hand entgegen. »Ich heiße Jane Collins.«
    »Polly Clark.«
    »Okay, Polly. Das ist übrigens John Sinclair. Beide gehören wir irgendwie zusammen.«
    Polly nickte, ohne etwas zu sagen. Sie war noch immer unsicher. Mit der Zungenspitze fuhr sie über ihre Lippen hinweg, und immer wieder ließ sie ihre Blicke kreisen, als wollte sie herausfinden, ob sich noch jemand in der Nähe aufhielt.
    »Keine Sorge«, sagte ich. »Wir sind allein. Wir haben Sie auch nicht verfolgt, Polly.«
    »Sie hat unterwegs einen Koffer verloren, John. Hast du ihn gesehen?«
    »Nein.«
    »Dann suchen wir ihn auf dem Rückweg.«
    Janes Antwort hatte Polly erschreckt zusammenzucken lassen. Wieder zeigte sich die Angst auf ihrem Gesicht, und sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich… ich… will nicht mehr zurück. Ich will nur noch weg, verstehen Sie?«
    »Klar«, sagte Jane. »Aber zuvor sollten wir reden.«
    »Nein, nein!« flüsterte Polly hastig. »Ich wüßte auch nicht, worüber ich mit Ihnen reden sollte. Sie sind fremd hier. Ich habe Sie nie gesehen. Sie würden nichts begreifen.«
    »Über die Probleme im Heim?« fragte Jane.
    Polly schloß die Augen. Sie machte das Ich-wünsche-mich-weit-weg-Gesicht. »Also doch«, sagte sie leise. »Ich habe es geahnt. Sie sind nicht zufällig vorbeigekommen.«
    »Das haben wir auch nicht gesagt«, erklärte Jane.
    Polly schrie uns an. »Was wollt ihr denn dann? Mit der Oberin sprechen und erzählen, was ihr erlebt habt? Daß euch jemand über den Weg gelaufen ist, der einen Koffer bei sich hatte und…«
    »Wir werden nur das sagen, was wir wollen«, sagte ich und streckte ihr jetzt meine Hand entgegen.
    »Sie tragen zwar einen Wintermantel, Polly, aber die Feuchtigkeit ist alles andere als gut. Kommen Sie hoch, dann reden wir miteinander. Wir gehen zum Auto und…«
    »Nein. Sie wollen zum Heim.«
    »Das stimmt schon -…«
    Polly ließ mich nicht ausreden. Plötzlich sprang sie auf und fühlte sich wohl wieder stark genug, um die Flucht zu ergreifen. Sie kam nur bis zu den Birken, da hatte ich sie eingeholt, herumgedreht und gegen den Baumstamm gedrückt.
    Und wieder verhielt sie sich seltsam. Sie erschlaffte, schloß die Augen und flüsterte: »So killt mich doch.
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