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1111 - Der Maskenmann

1111 - Der Maskenmann

Titel: 1111 - Der Maskenmann
Autoren: Jason Dark
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Immer wieder hatte sie die Szene vor ihrem geistigen Auge gesehen. Wie Jerry auf dem Ast gestanden hatte, wie er eingetaucht war, um danach nicht mehr aufzutauchen.
    Er war tot.
    Er konnte nicht kommen.
    Aber sein Lachen vergaß sie nicht.
    Es war aufgeklungen, als die rote Kugel zwischen ihren Händen zerplatzt war, und verdammt noch mal, sie hatte sich dieses Geräusch nicht eingebildet. Aber wer glaubte ihr so etwas? Niemand. Sie konnte einem Fremden auch keinen Vorwurf deswegen machen. Sie hätte nicht anders reagiert, wäre ihr so etwas erzählt worden. Aber sie hatte das Lachen gehört und würde es nicht vergessen können.
    Melody Scott wohnte noch bei ihren Eltern. Auf dem Land war das oft so. Bis zur Hochzeit lebte man zu Hause, und wenn man heiratete, stand die neue Wohnung schon bereit.
    Die Scotts hatten ein neues Haus gebaut, das etwas aus dem Rahmen fiel. Es war kein Bungalow, aber auch nicht so hoch. Ein Flachdach gab es nicht, doch das Haus stand am Hang, in den hinein auch die Garage gebaut worden war und die Keller. Das alles hatte ihr Vater in Deutschland gesehen und mit auf die Insel gebracht. Er hatte lange in der Nähe vom Hamburg gearbeitet und mochte die verklinkerten Wände der Häuser. So hatte er sich sein Haus ebenfalls verklinkern lassen und sich für dunkle Dachpfannen entschieden.
    Die Zimmer lagen allesamt im Erdgeschoß. Darüber existierte keines mehr, nur direkt unter dem Dach gab es noch einen breiten, aber nicht sehr hoben Stauraum, in dem höchstens ein Liliputaner aufrecht hätte stehen können.
    Melodys Zimmer lag nicht zur Straßen- sondern zur Gartenseite hin. Die kleine Wohneinheit bestand aus zwei Räumen, denn es gehörte noch ein Bad dazu. Für die einzige Tochter war den Eltern nichts zu teuer gewesen. Sie bezahlten auch Melodys Ausbildung zur Erzieherin, wobei sie in einigen Wochen damit fertig war. Auch den kleinen Fiat hatten sie ihr geschenkt, denn die Schule lag einige Meilen entfernt, in Holsworthy. Eine Busverbindung gab es schon, aber nur zweimal pro Tag hielt das Fahrzeug in Youldon.
    Die Eltern hatten versucht, ihr Trost zuzusprechen. Sie waren sehr lieb zu ihrer Tochter gewesen, aber ihre Geschichte mit den Blutkugeln nahmen sie ihr nicht ab, obwohl sie so taten, als würden sie ihr glauben. Melody spürte allerdings, daß die Eltern nicht die reine Wahrheit sagten.
    Die Eltern waren an diesem Abend mit Bekannten verabredet. Sie spielten am Freitag immer Karten und hatten der Tochter angeboten, sie zu begleiten.
    Melody hatte abgelehnt. Sie wollte allein in ihrem Zimmer blieben. Alles andere wäre verkehrt gewesen. In ihrem Zustand hätte sie keine Unterhaltung bereichern können.
    Es klopfte.
    Ihre Mutter kam. Sie war eine hochgewachsene und noch attraktive Frau von 45. Die rötlichblonden Haare trug sie zu einer flotten Kurzhaarfrisur geschnitten, und in ihrem Gesicht malten sich ebenso viele Sommersprossen ab wie in dem ihrer Tochter.
    »Hi, Melody.«
    Sie blickte nur kurz auf.
    »Ich wollte dich fragen, ob du nicht doch mitkommen willst.«
    »Nein, bitte nicht.«
    »Aber allein ist es auch nichts, Kind. Du hängst nur deinen trüben Gedanken nach.«
    Melody legte den Kopf zurück. »Das weiß ich alles, Mutter. Ich finde es auch toll, daß du mich noch einmal angesprochen hast, aber ich bin erwachsen. Es ist mein Problem, und ich möchte bitte sehr auch damit zurechtkommen.«
    »Ja, ich habe verstanden.« Sie kam auf ihre Tochter zu und strich über deren Haar. »Solltest du dich trotzdem zu einsam fühlen und sollte dir die Decke auf den Kopf fallen, dann weißt du, wo dein Vater und ich zu erreichen sind.«
    »Danke. Und viel Spaß.«
    Melody bekam einen Kuß auf die Stirn, dann verließ die Mutter auf leisen Schritten das Zimmer.
    Jerry blieb allein zurück. Allein mit sich und der abendlichen Stille. Das Fenster zum Garten stand offen. Sie nahm den Geruch des frisch gemähten Rasens wahr und hörte von der Garage her den Motor des Autos.
    Die Bekannten wohnten in Chilsworthy, einem Nachbarort. Für die Entfernung war es besser, wenn man mit einem Auto fuhr. Außerdem trank ihre Mutter so gut wie keinen Alkohol. Mal ein Glas Wein, das war alles.
    Die Eltern waren weg, und Melody blieb wirklich mutterseelenallein im Haus zurück. Es gab hier keine Tiere. Weder einen Hund, noch eine Katze, hier wohnten nur die drei Menschen.
    Das Zimmer war recht geräumig. Das Bett, der Schreibtisch aus Kiefernholz, die hellen Regale, die Picasso-Drucke an den Wänden,
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