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1095 - Der Hexentrank

1095 - Der Hexentrank

Titel: 1095 - Der Hexentrank
Autoren: Jason Dark
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sie hatte nie bemerkt, wie man mit ihr umging und sie unter Kontrolle hielt.
    Wäre sie nur etwas schlauer gewesen und hätte sie sich intensiver um den besonderen Teil ihres Erbes gekümmert, hätte sie schon längst weiter sein können.
    Sie hatte es nicht getan. Sie war entweder dumm oder ignorant gewesen. Dafür hatte sie zahlen müssen. Man bekam eben nichts ohne Gegenleistung.
    Dummes Mädchen, aber auch ein schönes Mädchen. Er mochte sie. Er hätte sie gern ganz für sich gehabt, aber die andere Sache war wichtiger. So mußte er seine persönlichen Wünsche hinten anstellen.
    Allein der Gedanke daran, was vor ihm lag, ließ ihn lächeln. Er war derjenige, der von allem am meisten profitieren konnte, und er würde neue Akzente setzen.
    Mannix fuhr nicht in Richtung London. Sein Ziel lag außerhalb.
    Mehr in westliche Richtung. Nördlich von Windsor, wo die Gegend recht einsam war, befand sich sein Ziel. Ein Versteck, das normalerweise keines war, doch zu dieser Zeit verirrte sich niemand in dessen Nähe.
    Der alte Daimler rollte durch die Nacht. Ein schwerer Wagen. Beinahe zwanzig Jahre alt. Mannix liebte ihn auch wegen seiner schwarzen Farbe, die zu ihm paßte, wie er fand.
    Eine einsam gewordene Gegend. Hin und wieder Lichter. Häuser, die sich etwas fernab der Straße zeigten. Darin lebten Menschen, die schliefen und nicht ahnten, wer da an ihnen vorbeifuhr. George Mannix lachte. Es war ein besonderes Lachen. Er zog seine Lippen zurück und präsentierte lange gelbe Zähne. Sie wiesen Lücken auf, durch die er den grünlichen Speichel fließen ließ. Die dabei entstehenden Geräuschegefielen ihm, er fühlte sich wohl in seiner Haut, auch deshalb, weil sich seine Gedanken dabei immer wieder nur um das zu erreichende Ziel drehten.
    Er hatte die Heizung nicht angestellt. Durch die Schlitze strömte die kühle und feuchte Nachtluft in den Wagen. Er nahm die Gerüche auf. Es war der Geruch der Nacht, des frühen Morgens. Er dachte an die Menschen hinter den Hauswänden und stellte sich vor, wie sie als lebende Tote aus den Betten krochen und ihre Gesichter bleich von innen her gegen die Scheiben der Fenster preßten.
    Seine Welt war nicht mehr normal. Zwar bewegte er sich in der Normalität, doch gedanklich war er schon weit fort. Alles ging nach vorn gerichtet. Auf den nächsten und übernächsten Tag fixiert und auf die Hexe und deren Trank.
    Genau dieser Trank war wichtig. Alles andere konnte er vergessen. Er mußte noch fertiggebraut werden. Zum Teil war er schon angerichtet, aber es fehlte das Wichtigste. Die genaue Zusammensetzung der Ingredienzien. Erst wenn alles stimmte, war das Gebräu perfekt und würde ihm dann die Stärke verleihen, die er benötigte.
    Er starrte nach vorn.
    Die Dunkelheit huschte wie eine nie abreißende schwarze Wand an der Windschutzscheibe vorbei. Der Tag graute noch längst nicht, und um diese Zeit gehörte die Straße fast ihm.
    Er rollte durch einen Wald, dessen Bäume sich ihm entgegenneigten. Der Wind schüttelte die Zweige. Blätter besaßen sie noch nicht.
    Das frostkalte Licht der Scheinwerfer glitt über die graue Fahrbahn hinweg und einen Hügel hoch. Nur ein leichter Buckel im Gelände. Dahinter ging es bergab, und Minuten später tauchte dann die Abzweigung auf, die er nehmen mußte, um das Gelände zu erreichen.
    Mannix fuhr jetzt langsamer. Entspannte sich. Stellte das Radio an.
    Nachrichten wurden von einer Frauenstimme verkündet. Es ging um die Krisen in der Welt. Bosnien, Irak, Afrika. Eine Aneinanderreihung menschlicher Torheiten und Grausamkeiten, die Mannix nicht berührten, da er seine eigenen Pläne verfolgte.
    Der Geschmack in seinem Mund gefiel ihm nicht, deshalb steckte er sich ein Pfefferminzbonbon zwischen die Zähne. Er genoß die Kühle, als er die recht weiche Masse langsam zerkaute, und auf seine dicken Lippen legte sich ein Lächeln.
    Er schaute noch einmal auf das Buch. Die grünliche Schrift auf dem Deckel leuchtete noch immer, als wollte sie ihm eine Nachricht übermitteln.
    Der Hügel lag hinter ihm.
    Weich rollte der schwere Wagen weiter. An der linken Seite mußte bald der Weg abzweigen, der ihn endlich dorthin brachte, wonach er sich so sehnte.
    Mannix bremste. Am Heck leuchteten die Glutaugen der Rücklichter auf wie blutige Flecken, die im Dunst allmählich zerfaserten. Er paßte jetzt genau auf, betätigte den Blinker, als er die Einmündung sah und rollte hinein.
    Auf das große Hinweisschild hatte er nicht zu achten brauchen. Es war
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