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1087 - Wolke im All

Titel: 1087 - Wolke im All
Autoren: Unbekannt
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Oliver auch heute Schwierigkeiten, den Kamm in die richtige Richtung zu bringen. Javier stand auf, um ihm zu helfen - eine gewohnte Geste, die ihm fast schon in Fleisch und Blut übergegangen war. Aber an diesem Morgen wies der Junge ihn zurück.
    „Nein!" sagte er mit seiner hellen Stimme. „Ich kann das!"
    Waylon Javier zuckte zurück. Reaktionen wie diese waren ihm keineswegs fremd, denn Oliver war ein Kind, das auf seine Selbständigkeit mitunter sehr großen Wert legte.
    Aber warum mußte das gerade heute geschehen?
    Der Kommandant der BASIS setzte sich unsicher wieder an den Frühstückstisch. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er den Jungen. Oliver hatte unverkennbar Schwierigkeiten, mit dem Kamm zurechtzukommen, aber er bearbeitete seinen kleinen Kopf mit jenem verbissenen Ernst, den Javier gut genug kannte. Das Kind würde jede Hilfestellung als unerbetene Einmischung einstufen und erbittert ablehnen.
    Endlich war der Junge fertig, und nun kam er herüber. Javier streckte die Hand aus, um das übliche Frühstück für seinen Sohn zu tasten.
    „Ich will nichts essen!" verkündete Oliver.
    Javier zog die Hand zurück.
    „Fühlst du dich nicht wohl?" fragte er leise.
    „Mir geht es gut", behauptete Oliver. Gleichzeitig setzte er sich seinem Vater gegenüber an den Tisch, und plötzlich wußte Waylon Javier, was nicht in Ordnung war.
    Oliver hatte Angst. Man sah es ihm nicht an, und er gab sich kaum anders als sonst, aber der Vater des Jungen spürte es überdeutlich, und er erschrak darüber. Oliver war ein furchtloses Kind. Er hatte einen beträchtlichen Teil seines jungen Lebens in dar BASIS zugebracht, und er fühlte sich wohl und sicher in diesem riesigen Schiff. Es gab nichts in dieser Umgebung, wovor er sich ernsthaft hätte fürchten müssen. Oliver wußte genug über die technischen Einrichtungen, um allen gefährlichen Dingen aus dem Weg zu gehen. Den Mannschaftsmitgliedern spielte er mitunter recht deftige Scherze, aber die gelegentlichen Drohungen, die dieser oder jener bisweilen äußerte, waren niemals ernst gemeint, und der Junge wußte das. Er wußte auch sehr gut, wie weit er gehen durfte. Für einen phantasievollen Sechsjährigen zeigte Oliver ein durchaus achtbares Maß an Disziplin - und erstaunlich viel Menschenkenntnis, auch wenn einige der Betroffenen das nicht immer voll zu würdigen wußten.
    Javiers erster Gedanke war daher, daß Oliver es vielleicht doch ein wenig zu weit getrieben hatte und sich nun vor den Folgen seines Tuns fürchtete. Aber er kannte seinen Sohn gut genug, um jedes Zeichen eines schlechten Gewissens für diesen Fall ausschließen zu können.
    Der Kommandant beschloß, den Stier bei den Hörnern zu packen.
    „Was ist mit dir los?" fragte er. „Wovor hast du Angst?"
    „Ich habe keine Angst!" widersprach der Junge heftig.
    Javier streckte die rechte Hand aus, um sie auf den Arm seines Sohnes zu legen. Die Hand schimmerte bläulich, als wäre sie von einer schwachleuchtenden Aura umgeben.
    Javier hatte diese Erscheinung einem Unfall zu verdanken, über den er niemals sprach.
    Seit diesem Unfall nannte man ihn den „Mann mit den Kirlian-Händen", und so mancher hatte ihn schon um das blaue Schimmern beneidet, denn Javier konnte mit einer bloßen Berührung durch diese Hände jeden noch so aufgeregten Zeitgenossen beruhigen.
    Auch Oliver kannte diesen Effekt selbstverständlich, und es war noch nie vorgekommen, daß er diesen Händen ausgewichen war.
    Aber diesmal starrte der Junge wie ein angsterfülltes Tier auf die Hand seines Vaters, und unmittelbar vor dem Kontakt sprang er auf und wich zurück.
    Javier sah seinen Sohn erschrocken und verwirrt an.
    „Was hast du?" fragte er.
    „Nichts!" stieß Oliver hervor.
    „Du schwindelst", stellte Javier fest, bemühte sich dabei aber um einen leichten, scherzhaften Tonfall. Offenbar war er nicht glaubwürdig genug, denn Oliver wandte sich abrupt um und ging zur Tür.
    „Wohin gehst du?" fragte Javier schärfer, als es in seiner Absicht gelegen hatte.
    „Bodo der Grüne hat versprochen, mir etwas zu zeigen", erklärte der Junge trotzig.
    „Ich darf nicht zu spät kommen, sonst ist es vorbei."
    Javier entsann sich dunkel, daß Bodo der Grüne zum Hydroponik-Personal gehörte.
    Bodo entstammte einer wahren Dynastie von Gärtnern, einer Familie, in der die „grünen Finger" seit Generationen zu den hervorragendsten Eigenschaften zählten. Bodo der Grüne war zweifellos ein integres Mitglied der Mannschaft, aber
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