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1084 - Operation Kardec-Schild

Titel: 1084 - Operation Kardec-Schild
Autoren: Unbekannt
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schritt davon.
    Auf dem Weg zu seiner Wohnung rief Atlan sich noch einmal jede Einzelheit des unglaublichen Zwischenfalls in Erinnerung. Die Taktik des Mädchens war leicht durchschaubar. Sie hatte Aufsehen erregen wollen, um in der entstehenden Verwirrung verschwinden zu können. Eines verblüffte ihn. Es gab Hunderte von Schimpfwörtern, die einer Zwölfjährigen einfallen mochten. Warum hatte sie ihn ausgerechnet einen Imperialisten genannt?
     
    2.
     
    „Ein Tag wie Samt und Seide", murmelte Brick Entel im Selbstgespräch und ließ sich behaglich ins weiche, saftige Gras fallen.
    Ein altmodischer Picknickkorb stand neben ihm. Unter dem halb geöffneten Deckel ragte der Hals einer Flasche empor, deren Leib ein Etikett mit der Aufschrift „Grand Vin de Bordeaux, Chäteau La Grölet, 420" gürtete. Brick Entel warf dem Flaschenhals einen liebevollen Blick zu und brummte: „Später kommst du an die Reihe, mein Freund. Aber zuerst muß ich ein paar Fische fangen."
    Bei dem Gedanken, wie ein echter Chäteau La Grölet schmecken mochte, lief ihm Unwillkürlich das Wasser im Mund zusammen. Die Flasche enthielt synthetischen Wein, aber Brick besaß einen ganzen Stapel von Etiketten mit vornehmen Aufschriften, die er freizügig verwendete, um dem schaurigen Syntho-Gesöff wenigstens nach außen hin ein gewisses Flair zu verleihen. Die Flasche selbst war ein Sammlerstück. Er hegte und behütete sie und füllte sie jedes Mal, wenn er einen Angelausflug unternahm, mit 0,75 Litern synthetischen Weins, den er aus einem Polymerbehälter zapfte.
    Er setzte die Angel zusammen, befestigte einen künstlichen Köder am Haken und spähte auf die glatte Oberfläche des kleinen Sees hinaus.
    „Sie springen heute nicht", brummte er. „Wahrscheinlich zu warm. Sitzen alle drunten auf dem Grund."
    Mit Bedacht befestigte er ein Gewicht unterhalb des Köders. Dann warf er die Leine so weit wie möglich in den See hinaus und ließ sie abrollen, bis sie schlaff wurde. Das Gewicht hatte den Seegrund erreicht. Er holte die Leine zehn Zentimeter weit ein und drückte auf den Knopf auf der Oberfläche der Angelrute, der den Köder in Bewegung setzte und ihm den Anschein eines kleinen, hilflosen Lebewesens verlieh, auf das die Fische Appetit haben mochten. Der See war mit Hechten, Brassen, Forellen und Karpfen bestückt. Brick Entel war es gleichgültig, was er fing. Er mochte Fisch nicht. Er verteilte seinen Fang an Freunde.
    Er setzte die Angel in die Halterung und lehnte sich weit zurück, die Hände unter dem Kopf verschränkt.
    Die kleine Kunstsonne hing schräg über ihm, nicht mehr als ein paar hundert Meter entfernt. Wenn er den Kopf ein wenig zur Seite wandte, sah er hoch über sich eine weite, von Büschen bestandene Grasfläche und den Umriß eines anderen Sees. Dort hatte er bei seinem letzten Ausflug gefischt. Die Beute war mager gewesen. Höchste Zeit, daß wieder ein paar Hände voll Fischbrut ausgesetzt wurden.
    Er malte sich aus, was geschehen würde, wenn das künstliche Schwerefeld plötzlich versagte. Der ausgehöhlte Asteroid besaß keine nennenswerte Eigengravitation. Das Wasser der Seen würde sich beim geringsten Anlaß zu Kugeln ballen und durch die Luft davonschweben. Und er selbst brauchte sich nur einen sanften Schubs zu geben, dann segelte er quer durch den achthundert Meter weiten Hohlraum in Richtung der gegenüberliegenden Wand. Freilich mußte er sich vor der Kunstsonne in acht nehmen.
    Sie würde ebenfalls davontreiben, und mit ihrer glühendheißen Oberfläche in Berührung kommen, war eine Erfahrung, die er sich ersparen wollte.
    Er wartete ungeduldig auf das Zucken der Angelrute; denn er hatte sich vorgenommen, den ersten Schluck La Grölet erst dann zu trinken, wenn er drei Fische gefangen hatte. Aber die Laune des Zufalls war nicht auf seiner Seite. Anstatt die Angel rucken zu sehen, hörte er ein sanftes, aber hartnäckiges Piepsen, das aus einem winzigen Gerät hinter seinem rechten Ohrläppchen kam.
    Seufzend richtete er sich auf. „Gela, ich habe mir die Ruhepause ehrlich verdient", sagte er. Ein zweites Instrument, nahe dem Kehlkopf auf die Haut geklebt, übertrug die Schwingungen seiner Stimmbänder.
    „Das weiß ich, mein Freund", antwortete eine ungewöhnlich tiefe Frauenstimme. „Ich habe mich nicht leichtfertig dazu entschlossen, dich bei deiner Fischerei zu stören. Aber ich habe einen Kerl an der Leitung, mit dem ich nicht fertig werde."
    „Das ist eigenartig", bemerkte Brick Entel
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