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Eisregen 1

Eisregen 1

Titel: Eisregen 1
Autoren: Chris Tian
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Eisregen 1
     
     
    Es war kurz nach 8 Uhr, als Michael zu dem vibrierenden Handy griff. Still hoffte er, dass es niemand aus seiner Familie sein würde. Das Weihnachtsfest war erst wenige Stunden her und wie jedes Jahr war es ein Drama gewesen. Das einzig Positive dieses Festes war die Tatsache, dass er nun erst mal wieder für fast 12 Monate Ruhe haben würde.
     
    Das Handy vibrierte unaufhörlich in seiner Hand, so dass Michael einen Blick auf das Display wagte. Die dort angezeigte Handynummer verriet ihm nichts über den Anrufer. Er hatte schon vor Jahren aufgegeben, sich Nummern zu merken, zu schnell wechselten die Leute ihre Nummer. Wenn jemand die Nummer kennen konnte, dann sein Handy, doch offenbar war auch diesem die Nummer unbekannt.
     
    Das konnte nun alles bedeuten. Vielleicht war es ein Freund mit einer neuen Nummer, vielleicht aber doch die Verwandtschaft.
     
    Leicht gereizt, weil er eher letzteres befürchtete, ging er hin.
     
    "Jaaa?"
     
    "Hi, hier ist Sandra."
     
    Michael überlegte. Sandra? Er kannte keine Sandra. Zumindest nicht wirklich.
     
    Natürlich kannte er eine Sandra, wie fast jeder eine Sandra kennt, aber nur weil man eine Sandra kennt, muss die ja nicht die Handynummer besitzen und schon gar nicht kurz nach Weihnachten anrufen.
     
    Als ob Sandra seine Gedanken durch das Telefon hören könnte, erklärte sie sich selbst:
     
    "Ist schon ein paar Jahre her, dass wir uns gesprochen haben. Du hast mich damals ein paar Mal von der Schule mitgenommen, hab gleich um die Ecke gewohnt."
     
    "Ah jetzt, ja", stolperten die Worte aus Michael heraus, dabei ließ er sich mehr Zeit als wirklich nötig, denn noch klingelte es nicht so recht. Doch dann dämmerte es ihm langsam.
     
    "Ich erinnere mich dunkel. Ist wirklich schon einige Jahre her."
     
    Michael war mittlerweile 26 und hatte letztes Jahr sein Diplom gemacht, also war es nun mindestens 7 Jahre her, dass er Sandra mitgenommen hatte. Zumindest war schon jetzt sicher, dass Sandra nicht zu seiner grausamen Sippe gehörte, was seine Stimme deutlich weicher werden ließ.
     
    "Was kann ich für dich tun?"
     
    "Ich habe einen Anschlag auf dich vor."
     
    "Noch einen? Mich um diese Uhrzeit mit einem Anruf zu überraschen ist für einen alten Mann wie mich eigentlich schon Anschlag genug.", antwortete er mit einem netten Lacher.
     
    "Wohnst du noch immer in der Bogenstraße?"
     
    "Jain, Bogenstraße ja, aber ich wohne in einer eigenen Wohnung, nicht mehr bei meinen Eltern."
     
    "Sehr gut."
     
    "Warum?"
     
    "Du hast nicht zufällig noch ein Bett für mich frei, oder?"
     
    "Bett? Das geht mir gerade ein wenig schnell, was ist los?"
     
    "Hast du mal raus geschaut?"
     
    "Jain. Es ist dunkel draußen, da muss ich nicht gucken, um zu sehen, dass ich nichts sehe."
     
    "Spaßvogel, ich mein das ernst. Hättest du mal raus gesehen, würdest du bemerken, dass es angefangen hat zu regnen."
     
    "Interessant! Warte ich mach drei Kreuze im Kalender, dann kann ich später mal meinen Enkeln erzählen: 'damals, da hat es mal geregnet, so mit Wasser von oben, das kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Da hat nicht immer nur die Sonne geschienen'."
     
    "Haha! Sehr komisch. Warst du nicht der Chemie Streber? Dann erklär mich doch mal kurz, was dabei rum kommt, wenn man -5 Grad kalten Boden mit Regen kombiniert."
     
    "Hm? Ich vermute mal Glatteis! Bekomm ich dafür jetzt einen Keks?"
     
    "Glatteis ist richtig, Keks gibt's aber keinen. Aber nun wird dir vielleicht klar, warum ich dich anrufe. Ich stehe gerade vor der Tür meiner Nachhilfeschülerin, die wohnt nur drei Häuser von deinen Eltern weg. Allein der Weg zum Auto war ein Abenteuer. Eigentlich wollte ich zu meinem Freund fahren, aber daraus wird wohl nichts, wenn ich nicht im Graben enden will. Und nun suche ich dringend nach einer Übernachtungsmöglichkeit, die ich irgendwie erreichen kann ohne den Straßengraben zu besuchen."
     
    "Wenn dir die Couch reicht und du nichts gegen ein bisschen Chaos hast, kannst du vorbei kommen, wohne nun Hausnummer 17. "
     
    "Das wäre total süß von dir."
     
    "Kein Thema. Ich erwarte dich dann unten mit der Kamera und halte fest, wie du dich so auf schlüpfrigem Untergrund machst."
     
    "Wenn du nicht gerade meine Rettung wärst, fände ich das gar nicht komisch."
     
    "Bis gleich."
     
    "Danke schon mal."
     
    Michael überlegte kurz, ob er noch versuchen sollte, die Wohnung zumindest grob in einen frauenfreundlichen Zustand zu bringen. In
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