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1054 - Die Leibwächterin

1054 - Die Leibwächterin

Titel: 1054 - Die Leibwächterin
Autoren: Jason Dark
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tönernen Fundamenten gebaut.
    Sie blieb vor dem Fenster stehen und atmete gegen die Scheibe, die beschlug. Ihr Blick glitt nach draußen in den Park hinein, ohne die Umgebung richtig wahrzunehmen. Die Lichter, um die der nächtliche Dunst Schleier gelegt hatte. Die sehr dunklen Ecken zwischen den hohen, blattlosen Bäumen. Der Rasen, der wie ein Schatten auf dem Boden lag und alles zu verschlucken schien.
    Das hier war eine Welt für sich inmitten der Riesenstadt London.
    Ein goldener Käfig, dessen Türen nur geöffnet wurden, wenn der Besitzer es wollte.
    Sie wollte sich vom Fenster zurückziehen, um einen Schluck Wasser zu trinken, als ihr aus dem rechten Augenwinkel die Bewegung draußen auffiel.
    Es war nur ein Huschen gewesen und auch nicht mit dem Erdboden verwachsen, sondern in einer gewissen Höhe darüber hinweg. Als wäre ein großer Lappen durch die Luft geworfen worden, den der Wind dann trug und auch flattern ließ.
    Sie war irritiert und glaubte zunächst an eine Täuschung. Zugleich war sie auch gewarnt worden. Sie hatte es gelernt, auf winzige Abweichungen zu achten. Gefahren rasch zu erkennen, denn so etwas konnte Leben retten.
    Karina trat nicht vom Fenster weg. Sie blieb so vor der Scheibe stehen, daß ihr Blick einen Teil des Parks erfassen konnte.
    Noch wiederholte sich die Bewegung nicht. Dennoch wollte sie nicht an eine Täuschung glauben und schaute weiter hin.
    Die Dunkelheit. Die Lichter. Die trüben Schleier, die die Laternen umwehten, all das war nicht neu für sie.
    Aber die Bewegung!
    Deutlicher als beim erstenmal nahm Karina sie wahr. Und wieder schwebte dieses flatterige Gespenst oberhalb des Erdbodens hinweg. Es erinnerte sie an einen fliegenden Rochen, der seine eigentliche Welt, das Wasser, verlassen hatte.
    Der Anblick faszinierte sie. Karina Grischin hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Über ihren Rücken kroch ein kalter Schauer. Sie dachte an die Vampire im Bunker, die schon etwas Unerklärliches und auch Ungewöhnliches gewesen waren.
    Nun kam diese ihr nicht erklärbare Bewegung noch hinzu. Sie sah so lässig aus. So locker. Sie segelte durch die Nacht, und der Vergleich mit einem Rochen wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf.
    Karina wußte, daß es nicht stimmte. Dieser Schatten mußte einfach eine andere Bedeutung haben. Er tanzte und schwebte auch nicht aus Spaß durch die Dunkelheit, wobei er hin und wieder in den Bereich der Laternenlichter geriet, so daß er dann für Momente besser zu erkennen war. Sogar sehr gut, denn sie entdeckte plötzlich die beiden roten Punkte innerhalb der Schwärze.
    Karina war im Prinzip nicht schreckhaft. In diesem Fall schon. Sie trat unwillkürlich einen Schritt zurück, und beide Hände zuckten nach den Waffen. Die Finger berührten die Kolben, wo sie zunächst auch liegenblieben. Sie kam sich vor wie vereist. Erst nach einer Weile ließ sie die Hände sinken, weil der Schatten dorthin geflogen war, wo sie ihn nicht mehr sah.
    Er kehrte auch in den nächsten Sekunden nicht zurück. Karina hatte ihn auf keinen Fall vergessen. Sie wußte genau, daß sie zunächst nur so etwas wie ein Vorspiel erlebt hatte. Der seltsame Schatten würde zurückkehren, das stand für sie fest.
    Ihren Durst hatte sie vergessen oder einfach nur zurückgehalten.
    Es war spannend geworden. Bad vibrations peinigten sie. Karina fühlte sich wie jemand, der einen Scharfblick bekommen hatte. Sie ging davon aus, daß etwas passieren würde und sie nur noch entsprechende Geduld aufbringen mußte.
    Kam er zurück?
    Bisher hatte sie das Fenster geschlossen gehalten. Auch etwas, das nicht zu ihr paßte, weil sie sich wie jemand vorkam, der einer Gefahr ausweichen wollte. Das widersprach ihrer Einstellung. Zugleich hörte sie auf ihre innere Stimme, die sie davon abgehalten hatte, das Fenster zu öffnen – bisher jedenfalls.
    Das änderte sie.
    Die Russin ärgerte sich jetzt über sich selbst. Sie benötigte nur eine Hand, um das Fenster zu öffnen. Mit der linken zog sie ihren Revolver. Der Griff ließ sich glatt drehen, kein Haken, kein Zerren - nichts. So einfach glitt das Fenster nach innen, und eine feuchtkalte Nachtluft umwehte sie.
    Karina atmete tief durch. Sie hatte den Eindruck, die mit Feuchtigkeit getränkte Dunkelheit trinken zu können und freute sich darüber, wie cool sie plötzlich wieder geworden war, so daß über ihre Lippen ein hartes Lächeln huschte.
    Der erste Blick.
    Er war nicht besser als bei geschlossenem Fenster. Sie mußte sich schon
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