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102 - Die Gottesanbeterin

102 - Die Gottesanbeterin

Titel: 102 - Die Gottesanbeterin
Autoren: Dämonenkiller
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nein konnte sie schließlich nicht sagen, wenn er sie fragte. Wer erfuhr es schon? Aber jetzt konnte er nicht fragen, da die anderen dabei waren. Da würde sie schon nein sagen, um den Anschein zu wahren.
    Er schenkte Yokos Whiskyglas wieder voll und zeigte ihr breit lächelnd seine Goldzähne.
    Sie lächelte ihr japanisches Lächeln, und ihre dunklen Augen glänzten. Irgendwie hatten sie einen hungrigen Ausdruck, fand Ralph Fiddler. Aber das sollte nicht so bleiben. Dafür wollte er schon sorgen.
    Die Geisha Murasaki trank mit dem Belgier. Sie schenkte ihm ständig nach und bewunderte, was er vertragen konnte. Er fand, daß sie ein Mädchen nach seinem Geschmack war.
    Sei hörte sich Antje Keizerfeldts Geschichten über ihre Krampfadern und Rotterdam an.
    Das französische Liebespaar brauchte keine Unterhaltung; sie waren sich selbst genug.
    Eisaku Yasdhagai saß schweigend dabei und sah manchmal auf die Uhr.
    Die Teestunde dauerte bis zum Abend. Dann gingen die Gäste noch ein wenig nach draußen, bevor sie sich duschten, wie es Üblich war, und sich zum Essen in den Speiseraum begaben.
    Es gab mehrere Gänge. Das Hauptgericht war Yakitori, in eine besondere Soße getunkte und am Spieß gebratene Geflügel-Stückchen mit kleinen Zwiebeln und Pfefferschoten, scharf gewürzt. Dazu wurde Sake oder Bier getrunken.
    Yoko und ihre beiden ihr untergebenen Geishas trugen auf und bedienten die Gäste. Nach Tisch plauderten sie noch eine Weile mit ihnen. Keiner konnte sich ihrem fernöstlichen Charme entziehen. Später bereiteten die Geishas den Gästen das Nachtlager in ihren Zimmern. Zu Ralph Fiddlers Enttäuschung machte nicht Yoko das Lager in seinem Zimmer. Er wollte sehen, daß er sie später allein traf.
    Fiddler, ein Rechtsanwalt, hatte Geld und hielt sich mit seinen fünfundvierzig Jahren und seinem Kugelbauch noch immer für einen attraktiven Mann.
    Gegen zehn Uhr zogen sich die Touristen auf ihre Zimmer zurück. Es gab weder Radio noch Fernsehen in dem Geishahaus.
    Ralph Fiddler setzte sich auf eins der Kissen und kratzte sich unter dem Hauskimono, den er in dem Einbauschrank gefunden hatte, am Bauch. Dann schüttelte er eine Camel aus einem Päckchen, entzündete sie und rauchte.
    Geishas waren Unterhalterinnen - hübsch, charmant, unterhaltsam und in gutem Benehmen erzogen. Sie waren in den traditionellen japanischen Unterhaltungsklarsten ausgebildet - wie dem Shamisenspiel, dem Balladengesang und dem historischen Tanz. Die Ausbildung begann mit vierzehn, fünfzehn Jahren und war umfangreich.
    Geishas waren ein Teil der japanischen Kultur. Bei geschäftlichen und politischen Konferenzen war es ihre Aufgabe, für eine gelockerte Stimmung zu sorgen. Japaner hatten mehr Hemmungen als die Angehörigen westlicher Nationen. Sie mußten dezent dazu gebracht werden, aus sich herauszugehen.
    Fiddler grinste, als er daran dachte. Eisaku Yaschagai hatte es angedeutet und Yoko es bei ihrem Geplauder im Teehaus bestätigt. Wenn eine Geisha das Mizu-Alter erreicht hatte, das Alter, von dem an man ihr intimen Umgang mit Männern zubilligte, konnte sie ihre Abschlußprüfung machen. Die erste offizielle Nacht mit einem Mann war zugleich auch der Abschluß der Lehrzeit; von da an bezog die Geisha für ihre Dienste ein Gehalt. Reiche Japaner zahlten hunderttausend Yen und mehr, um diese erste Nacht mit einer graduierten Geisha verbringen zu können. Die Geishazunft hielt streng auf Tradition, während sich anderswo im Lande die Sitten weitgehend gelockert hatten. Das Geld bekam die Geishaschule, nicht die Geisha.
    Ralph Fiddler überlegte sich, daß er auch nicht schlechter war, als irgendein reicher Japaner. Er stand auf und verließ das Zimmer, uni Yoko zu suchen. Vor der Tür des Geishahauses sah er Murasaki. Sie sprach ein recht gutes Englisch.
    „Haben Sie noch einen Wunsch, Herr?" fragte sie.
    „Wo ist Yoko?" fragte Fiddler.
    Murasaki deutete den Berghang hinauf. Undeutlich hob sich dort eine Felsengruppe gegen den Nachthimmel ab. Vor dem Eingang des Geishahauses brannte eine Papierlaterne.
    „Kommt sie bald zurück?"
    „Es kann eine Weile dauern, Herr.
    Ralph Fiddler entschloß sich, zu Yoko zu gehen. Eine günstigere Gelegenheit würde sich bestimmt nicht finden. Mit den Reisstrohsandalen an den Füßen schlurfte er durch den Landschaftsgarten. Ein kleiner Springbrunnen war mit Papierlaternen illuminiert, und Seerosenblätter mit kleinen Lichtlein schwammen auf der Oberfläche des Beckens.
    Ein etwas kühler Wind
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