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1014 - Der Seelenkompaß

1014 - Der Seelenkompaß

Titel: 1014 - Der Seelenkompaß
Autoren: Jason Dark
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sie wirklich den Bock zum Gärtner gemacht. Überraschungen dieser Art erlebt man ja immer wieder.
    Ich wollte nicht länger sitzen bleiben, stand deshalb auf und trat an das Fenster heran. Der Blick fiel in den Knasthof. Gefangene hatten ihre Ausgehstunde, bewacht von dicken Mauern und Elektronik.
    Die Männer marschierten hin und her, zumeist mit gesenkten Köpfen. Andere standen zusammen und unterhielten sich, stets von den harten Blicken der Wächter beobachtet. Es sah alles sehr ruhig aus, aber mir kam die Ruhe sehr gespannt und auch erzwungen vor. Wer hier eingesperrt war, der sah die Freiheit für Jahre nicht mehr wieder.
    Kilton beendete sein Gespräch endlich und legte auf. Ich ging zurück zu meinem Platz. Als ich mich gesetzt hatte, hob er die Schultern. »Es war meine Frau. Sie macht sich Gedanken um meine Gesundheit. Ich hätte eigentlich im Bett bleiben müssen. Aber was tut man nicht alles für seinen Beruf.«
    »Ja, das Bett wäre vielleicht besser für Sie gewesen.«
    »Später dann.«
    »Gut, kommen wir zur Sache. Sie haben alles noch behalten, was ich Ihnen erzählt habe?«
    »Natürlich.«
    »Außerdem haben Sie den toten Gefangenen ja mit eigenen Augen gesehen, so daß Sie sich ein Bild machen konnten.«
    »Auch das stimmt.« Er schneuzte sich wieder und warf das Papiertaschentuch in einen Papierkorb.
    »Nur kann ich das nicht begreifen, Mr. Sinclair. Es ist mir unerklärlich, daß so etwas passieren kann. Die Mauern hier sind doch dick genug.«
    »Sollte man meinen.«
    »Ja - und jetzt?«
    Ich lächelte grimmig. »Der Mörder, der ja nicht zu sehen war, ist trotz der dicken Mauern in die Besucherzelle gelangt. Er hat den Gefangenen gekillt. Er hat ihm das Wichtigste geraubt, das man nur rauben kann, seine Seele.«
    Kilton wurde damit nicht fertig. »So etwas haben Sie gesagt, Mr. Sinclair.«
    »Nicht nur ich, auch er. Larry Silas erklärte mir, daß man ihm die Seele rauben wollte. Nicht nur heute. Er hat wegen dieses Problems schon einen Psychiater aufgesucht, wie Ihnen ja bekannt sein sollte, Mr. Kilton.«
    Der Direktor senkte den Kopf. »Ja, das weiß ich. Ich habe ja selbst unterschrieben. Aber da war es für mich schon ein Unding. Das konnte ich nicht glauben. Ich habe an einen Trick gedacht. Inzwischen kenne ich meine Pappenheimer. Die Gefangenen versuchen durch viele Drehs und Kniffe etwas Abwechslung in diesen grauen Knastalltag zu bringen. Aber daß jemand von einem Seelenräuber sprach, ist mir wirklich neu.«
    »Silas hat Pech gehabt. Ihm wurde die Seele tatsächlich geraubt, Mr. Kilton.«
    »Und Sie haben nichts dagegen unternehmen können?«
    »Nein. Ich bin ausgeschaltet worden. Die Kraft war verdammt stark. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich will wissen, wie es dazu kam und wo diese Kraft ihren Ursprung gehabt hat.«
    »Da dürfen Sie nicht mich fragen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich davon keine Ahnung habe.« Er zog seine Nase hoch, dann nieste er. »Mit derartigen Dingen habe ich mich nie befaßt. So etwas paßt nicht in das normale Leben hinein.«
    »Ja, da haben Sie wohl recht, Mr. Kilton. Trotzdem bleibe ich weiterhin auf der Suche. Da dieser Mord in Ihrem Zuchthaus passiert ist, denke ich auch daran, unter anderem hier nach der Quelle zu forschen.« Kilton wollte protestieren, aber ich sprach schnell weiter. »Im Laufe meines Berufslebens habe ich des öfteren Erfahrungen in Zuchthäusern sammeln und dabei feststellen können, daß gewisse Mächte auch vor Gefängnismauern nicht haltmachen. Für sie gibt es keine Wände oder Hindernisse. Wenn sie einmal ein Ziel ins Visier genommen haben, kommen sie auch heran.«
    »Was haben Sie denn alles erlebt?« erkundigte Kilton sich mit seiner verstockten Stimme.
    Ich winkte ab. »Es würde zu weit führen, wenn ich Ihnen das alles erzähle. Beschränken wir uns deshalb auf diesen Fall hier.«
    »Bitte. Wie Sie wollen«, erklärte er etwas pikiert.
    »Schön, daß Sie so denken. Meine Frage lautet: Ist Ihnen in den letzten Tagen oder auch Wochen etwas aufgefallen, das man als ungewöhnlich und außer der Norm bezeichnen kann? Etwas, das einfach nicht hierher gehört, das aus dem Rahmen gefallen ist. Womit Sie und Ihre Mitarbeiter nicht zurechtkamen.«
    Wieder zog er die Nase hoch. »Meinen Sie so etwas ähnliches, wie es mit Silas geschah?«
    »Zum Beispiel.«
    Er überlegte nicht lange und sagte nur: »Nein, überhaupt nicht, Mr. Sinclair. Daran war nicht einmal im Traum zu denken. Es gab die üblichen Reibereien, auch Tote, denn im
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