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1006 - Das Palladium

1006 - Das Palladium

Titel: 1006 - Das Palladium
Autoren: Jason Dark
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den linken der beiden Wächter an. Der Kegel tupfte in das Gesicht, und zum erstenmal sah ich, daß sie nicht von Grund auf nur blaß waren. Die ›Haut‹ schimmerte rötlich, aber besser paßte noch der Vergleich mit dem Metall Kupfer.
    Beinahe wie der Eiserne Engel, der zusammen mit Myxin und Kara lebte. Keine Steinfiguren also. Mehr energiegeladene Wesen aus Metall. Der Kreis wanderte auch weiterhin über das Gesicht hinweg. Er glitt dabei höher und erwischte das rechte Auge.
    Keine Reaktion.
    Kein Zucken, kein Zwinkern. Ein Cherubim reagierte nicht auf äußere Reize.
    Die Nase war kantig und glatt. Der Mund breit. Die Lippen lagen zusammen. Und in den Augen sah ich keinen Ausdruck. Sie wirkten leer.
    Der Strahl glitt wieder tiefer und strich über die Breitseite der Lade hinweg. Ob sie aus Holz oder Metall gebaut worden war, konnte ich noch nicht beurteilen. Das Verhältnis Lade – Cherubim stimmte nicht, das warklar. Die beiden Hüter kamen mir eigentlich zu groß vor.
    Ich steckte die Lampe wieder weg. Das Kerzenlicht reichte aus.
    Wenn ich die Lade öffnen wollte, mußte ich die beiden Cherubim weglocken. Das würde nicht durch Worte geschehen. Ich hob das Schwert an. Es war leicht, die Klinge nach vorn zu stoßen und sie in den Körper des Wächters zu stoßen. Schon als Geste mußten sie es erkannt haben, nur taten sie nichts dagegen.
    Sie ließen mich weiterkommen. Ich nahm die Chance wahr und ging so nahe an sie heran, daß die Schwertspitze sie berühren konnte.
    »Hüte dich!«
    Die Waffe zuckte zurück, als ich die Stimme vernahm. Auf einmal war sie da, und ich wußte nicht, wer gesprochen hatte. Aus dem Unsichtbaren hatte sie mich erreicht. Nicht aus einer Wolke, auch nicht aus dem Feuer, wie es damals in der alten Zeit gewesen sein mußte, was man im Alten Testament nachlesen konnte.
    Für mich war es eine erste Warnung gewesen, der ich auch nachkam. Ich wußte, daß ich nicht mehr allein war und aus dem Unsichtbaren beobachtet wurde.
    Aber wer lauerte mir auf?
    Ich ließ meinen Vorsatz zunächst fahren, trat wieder zurück und drehte den Kopf.
    Nein, zu entdecken war nichts. Dunkelheit und Licht hielten sich die Waage. Auch in den schattigen Ecken der Kapelle zeichnete sich keine Gestalt ab, die den Raum heimlich betreten hatte.
    Aber es war eine Stimme gewesen. Und diesmal hatte ich nicht die meines toten Vaters gehört. Die andere hatte neutral geklungen.
    Nicht einmal böse, aber die Gefahr, daß dieser Warner auch anders konnte, lag nach wie vor in der Luft.
    Ich umging die Lade. Die Lücken zwischen den aufgestellten Kerzen waren groß genug, ich stieß gegen keinen Ständer. Ich schaute dem Flackern der Feuerzungen zu, die so große Schattenflügel über den Boden streichen ließen, wobei die Decke der Kapelle aber im Dunkeln blieb.
    Eine weitere Warnung erwischte mich nicht, so daß ich die erste allmählich vergaß.
    Dennoch war es anders geworden. Ich sah zwar niemanden, aber ich fühlte mich trotzdem nicht mehr allein. Es war einfach das Gefühl da, unter Kontrolle zu stehen, und wieder vernahm ich das Wispern dicht an meinem Ohr. Sogar etwas Kühles streifte mich.
    Ich drehte mich um.
    »Du willst uns sehen?«
    »Ja.«
    »Dann komm mit.«
    »Wohin?«
    »Es ist nicht weit«, sagte die Flüsterstimme.
    Noch zögerte ich. Wenn ich mich weglocken ließ, dann blieb die Lade allein zurück. Dann konnte es durchaus sein, daß ich eine zweite Chance nicht mehr bekam, weil man mich umgebracht hatte.
    Zwar war die Kapelle klein, aber nicht klein genug, um nicht irgendwelche Geheimnisse zu verbergen.
    »Warum zögerst du?«
    »Ich will in keine Falle gelockt werden.«
    »Wenn wir dich hätten töten wollen, wäre das kein Problem für uns gewesen.«
    Es gab ja Menschen, die sich von derartigen Worten einschüchtern ließen. Ich konnte damit nicht dienen. An diese Drohungen zu glauben, hatte ich mir abgewöhnt. Erklärungen wiediese lenkten die anderen oft nur von ihren eigenen Problemen ab.
    »Das glaube ich nicht. Aber gut, ich werde euch folgen, wer immer ihr auch seid.«
    »Du wirst uns kennenlernen.«
    »Darauf hoffe ich.«
    »Dann geh jetzt weiter.«
    »Und wohin?«
    »Vorbei an den Kerzen. Geh dorthin, wo die Kapelle endet. Da wird alles anders…«
    Das glaubte ich nicht so recht, denn ich hatte bei meinem ersten Rundgang keine Veränderung gesehen. Aber es hielt sich jemand in meiner Nähe auf. Das bemerkte ich auf eine schon unheimliche Art und Weise. Kein Körper begleitete mich, auch
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