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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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selbst sorgen musste und konnte. Die Einkommensteuer
gleicht natürliche Ungleichheit durch Umverteilung wieder aus: Wer sich selbst
am besten versorgen kann, soll auch den anderen helfen, denen es weniger gut
gelingt. Diese Gedanken nahmen auch die frühen Grundeinkommensdenker wie Thomas
Morus, Thomas Paine und Joseph Charlier auf. Aber da wir heutzutage nicht mehr
in der Agrar- und Selbstversorgungswirtschaft leben, sondern in einer
industrialisierten Fremdversorgungswirtschaft, sind wir alle abhängig von der
Arbeit anderer, jeder von uns arbeitet für jemand anderen, keiner mehr für sich
selbst. Unsere Volkswirtschaft zeichnet sich durch ein hohes Maß an
Arbeitsteilung und Spezialisierung aus. Die Einzelnen sind weniger auf das
Geld, das sie verdienen, angewiesen, sondern darauf, dass sie sich dafür etwas
kaufen können. Ein Bankmanager kann noch so viel verdienen; wenn er kein
Geschäft findet, in dem er Lebensmittel kaufen kann, wird er verhungern.
Deswegen kann man unsere Wirtschaftsform als ein »organisiertes
Füreinander-Leisten« bezeichnen. Ohne das fundamentale Vertrauen eines jeden,
dass andere Menschen permanent die Initiative ergreifen und produzieren, müsste
unsere Gesellschaft zusammenbrechen.
    Als
Konsumierende haben wir deswegen ein großes Interesse daran, dass diejenigen,
die Leistung für uns erbringen, dies möglichst ungestört tun können – und
möglichst wenig mit Kosten belastet werden. Je höher die Steuerbelastung der
Produktion ist, desto teurer wird das Produkt und desto weniger können wir für
unser Geld kaufen. Deswegen stehen wir ja täglich vor dem Konflikt, ob wir etwa
das billige T-Shirt aus Asien kaufen, wo keine oder geringere Besteuerungen auf
den Produktpreis aufgeschlagen werden müssen, oder das teure aus deutscher
Herstellung, das den Arbeitsplatz unserer Nachbarin sichert. Eine
Einkommensbesteuerung ist deswegen nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen stattdessen
das Wertschöpfungsergebnis, also das Produkt oder die Dienstleistung besteuern,
die am Ende allen wirtschaftlichen Wirkens steht. Das geschieht heute schon,
durch die Mehrwertsteuer. Schließlich muss jede wirtschaftliche Wertschöpfung
irgendwann zu einem konsumierbaren Gut oder zu einer sinnvollen, tatsächlich
nachgefragten Dienstleistung führen. Tut sie das nicht, handelt es sich um
sinnlose Beschäftigungstherapie. Kein Unternehmen wird Güter produzieren, die
niemand haben will. Erst im Moment des Konsums zeigt sich, ob tatsächlich eine
Wertschöpfung stattgefunden hat. Genau dann kann und muss der Steuerzugriff
erfolgen. Und voilà: Das ist die Konsumsteuer.
    Ein
Unternehmen ist das Ergebnis des – möglichst sinnvoll geordneten –
Ineinandergreifens einer großen Zahl einzelner menschlicher Initiativen. Sehen können wir dabei nur die
materiellen Ressourcen selbst – die Gebäude, die Maschinen und die
Werkzeuge. Doch in dem, was wir sehen, steckt nicht die kreative
unternehmerische Kraft. Einer der beiden Gründer eines in Stuttgart ansässigen
bekannten Kolbenherstellers pflegte, nach der Substanz seines Unternehmens
befragt, gerne zu sagen: »Ohne uns – alles Schrott!«
    Das
Kapital ist kein Sack Geld, keine Fabrik, sondern eine gesellschaftlich
produktiv wirkende Kraft. Die geistige Kraft, die ein Unternehmen formt, ist
das einzig Interessante am Kapital. Ohne diese Kraft wäre jede Firma eine mehr
oder weniger chaotische Ansammlung von Gebäuden, Maschinen und Schreibtischen,
es wäre eben »alles Schrott«.
    Die Einkommensteuer,
auf der unser heutiges Steuersystem überwiegend basiert, bewirkt inzwischen
etwas, das geradezu widersinnig ist: Man greift mit ihr in den Prozess der
gesellschaftlichen Wertschöpfung ein, bevor dieser zu einem Abschluss gekommen
ist – nämlich zu konsumfähigen Produkten und Dienstleistungen.
    Knospenfrevel am gemeinschaftlichen
Apfelbaum
    Es ist wie
auf der Obstwiese: Bevor man Äpfel ernten kann, muss man erst einen Apfelbaum
pflanzen. Unabdingbar ist es zudem, rechtzeitig Rücklagen zu bilden, sprich,
neue Bäumchen zu ziehen. Man sollte vor der Ernte natürlich nicht den Baum
fällen – und vor allem seine Äpfel nicht pflücken, bevor sie reif sind.
Genau das aber versuchen alle Steuern, die in den laufenden
Wertschöpfungsprozess eingreifen, bevor konsumfähige Güter und Dienstleistungen entstanden
sind. Wer bereits den Anbau von Äpfeln besteuert und nicht erst deren
Verbrauch, der betreibt Knospenfrevel. Man schmälert damit keineswegs
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