Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders
Autoren: Thomas Anders
Vom Netzwerk:
weiß bis heute nicht, ob es kalkuliert war oder ob Dieters Nervenkostüm vielleicht doch nicht so stark war, wie er gerne vorgibt. Die letzten Töne von „Cheri Cheri Lady“ jedenfalls waren noch nicht richtig verklungen, da sagte Dieter schon „You’re My Heart, You’re My Soul“ an. Au Scheiße, dachte ich. Wie kann ich die Situation retten? Wir müssen doch noch eine Zugabe geben. Es ist unsere allerletzte Show, und die soll tatsächlich ohne Zugabe enden? Ich war mit meinem Latein am Ende. Die Musik lief. Ich sang den Song, wie schon tausend Mal zuvor. Man kann mich nachts um 2 Uhr 47 wecken, und ich singe auf Knopfdruck „You’re My Heart, You’re My Soul“. Während ich sang, war ich in Gedanken permanent auf der Suche nach einer Lösung des Problems. Doch ich fand keine.
    Vorbei, der Song war zu Ende! Applaus, Jubel, Getrampel, winkende Hände, Tränen auf den Gesichtern, Tausende riefen und bettelten nach einer Zugabe. Ich verbeugte mich und dachte immer noch krampfhaft nach, wie die Situation zu retten wäre. Aber wo war Dieter? Ich sah nach rechts, dann nach links, zu den Musikern. Er war nicht mehr da. Ich blickte mich Hilfe suchend nach unserem Promoter um und sah durch das Getümmel aus Betreuern und Technikern hindurch, wie Dieter in die Limousine einstieg und wegbrauste. Mein Gott! Was für ein erbärmlicher Abgang!
    Was für ein armseliges Ende eines Duos, das Musikgeschichte geschrieben hat.
    Für mich wurde es dennoch eine lange Nacht. Claudia, Freunde und der Chef meines Musikverlages, Mike Weller, wir alle feierten im „Adlon“ in Berlin und mir wurde an dem Abend als Autor noch eine Goldene CD von „Universe“ überreicht. Wir feierten! Nicht das Ende von Modern Talking, sondern die einzigartige Karriere von Modern Talking und den Anfang eines neuen Lebensabschnittes.
    ***
    „Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie an Bord unserer Maschine von Berlin nach Ibiza und wünsche Ihnen einen angenehmen Flug“, tönte es aus den Bordlautsprechern des Airberlin-Fliegers. Ich flog mit meiner Familie, wie jeden Sommer, nach Ibiza und wollte dort in unserem Haus einfach mal ausspannen. Die letzte Show von Modern Talking lag nur knapp einen Tag zurück und war doch schon so weit weg. Ich brauchte Urlaub. Einfach mal gar nichts tun! Einfach in den Tag hineinleben. Die lange Nacht steckte mir noch in den Knochen. Ich war todmüde. Während mir die Augen zufielen, ließ ich in Gedanken die letzten Monate und Jahre meines Lebens Revue passieren. Und noch bevor die Maschine abhob, war ich schon eingeschlafen und begann zu träumen …

Ich weiß heute nicht mehr genau, wann es anfing. Vielleicht mit drei oder vier Jahren. Aber seit ich denken kann, wollte ich immer nur Musik machen. Ich konnte kaum sprechen, da fing ich schon an, Lieder im Radio nachzusingen. Mein Bruder musste mir auch regelmäßig Songs aus dem Radio auf Kassette aufnehmen. „Rainer Holbe und die Starparade“ war Ende der 1960er Jahre total angesagt.
    Mich faszinierte die Welt der Musik und der Stars. Musik war für mich ein Gefühl auf einer anderen Ebene. Meine Eltern unterstützten diesen Drang zu meinem Glück.
    Mein Vater war es auch, der mit einem gewissen Nachdruck den Wunsch an uns Kinder weitergab, dass wir mindestens ein Instrument lernen sollten. Was ich übrigens für richtig halte. Er spielte sogar in seiner ehrenamtlichen Funktion als Bürgermeister von Mörz am St. Martinstag Akkordeon. Meine Geschwister und ich bekamen Klavierunterricht, bei Frau Pies im Nachbarort. Aber richtig gut singen kann bei uns in der Familie nur ich. Ich übte mich also am Klavier, sang in meinem Zimmer und bereitete mich schon als Dreikäsehoch mental vor auf die Bretter, die die Welt bedeuten.
    Mein Vater und meine Mutter bestaunten meine Musikbesessenheit mit diesem verständnisvollen Schmunzeln liebender Eltern. Dennoch gaben sie mir von Anfang an das Gefühl, dass sie mich ernst nahmen. Sie ließen uns Kinder sein, wie wir waren, und ließen uns machen, wozu wir Lust hatten. Während Achim in unserem Schützenverein Mitglied war, klebte ich von früh bis spät an jedem x-beliebigen Elektrogerät, aus dem Musik ertönte.
    Ich wuchs in einem liberalen, offenen Elternhaus auf. Meine Eltern erzogen uns Kinder dazu, fair und ehrlich miteinander umzugehen. Natürlich haben wir uns früher auch gestritten. Aber wenn es Probleme gibt, löse ich sie bis heute immer, indem ich Konflikte direkt anspreche und eine Lösung erarbeite.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher