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10 - Im Bann der Loge

10 - Im Bann der Loge

Titel: 10 - Im Bann der Loge
Autoren: Oliver Fröhlich
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nieder?«
    »So ist es. Eines Tages werde ich die Aufzeichnungen in Ts’onots Grab geben.«
    »Warum nimmst du die Warnung nicht dort mit auf?«
    Diego de Landa schüttelte den Kopf. »Und wenn man sie nicht rechtzeitig findet? Oder sie für den verrückten Gedanken eines einzelnen Mannes hält?« Er drehte sich um und sah über die Stadt und den Dschungel hinweg. Ein vertrauter Anblick. »Die Welt der Zukunft war so … sonderbar anders. Kaum etwas ähnelte dem, was du hier siehst. Wird man unsere Sprache noch sprechen oder unsere Schrift lesen können? Wird man begreifen, was wir den Menschen sagen wollen?« Er wandte sich erneut dem Chilam zu. »Ich weiß es nicht. Nein, die Warnung muss so beschaffen sein, dass sie unmissverständlich klar wird.«
    »Eine schwierige Aufgabe.«
    Hunagupach griff nach de Landas Fingern. Eine Geste des Trosts und der Zuversicht. Doch kaum berührte er die Hand, an der der Kazike den Visionsring trug, geschah es!
    Das, was de Landa all die Male nicht geschafft hatte, wenn er auf der Tempelpyramide eine Zukunftsschau erzwingen wollte. Das, was auch allen anderen Sehern nicht gelungen war, ob sie den Ring nun benutzt hatten oder nicht.
    Das Ende der Welt brach über sie herein!
    Ein Feuerball rast herab. Er sprüht Funken, schleudert flammende Bälle in alle Richtungen.
    Am Boden steht das, was der Weiße Gott als Maschine bezeichnet hat. Sie singt ein falsches Lied, ruft dem Feuer aus dem Himmel Lügen zu und lockt es so an.
    Riesige Vögel mit starren Flügeln stürzen herab, das Meer türmt sich auf und verschlingt das Land, Menschen rennen, schreien, gehen in Flammen auf, sterben.
    Der Himmel verdunkelt sich, Kälte überzieht die Welt. Die Götter wenden ihr Gesicht ab in Trauer und der falsche Gott in Weiß triumphiert.
    Aber dort! Aus der Finsternis schälen sich zwei mächtige Waffen. Ein Kranz aus purem Feuer, so gewaltig, so heiß, so machtvoll, dass er nur das Haupt eines Gottes zieren kann. Und eine metallene Nadel, ebenso angefüllt mit unermesslicher Kraft, dass nur ein Gott sie führen kann.
    Und er begreift: Die Zukunft ist noch nicht geschrieben!
    Mit einem Ächzen auf den Lippen sanken die Männer auf die Knie.
    »Was …«, brachte der Orakelpriester hervor.
    »Ts’onots Lomob!«, sagte Diego de Landa. »Bei seinem Tod muss ein Teil davon auf mich übergegangen sein. Aber nur in Verbindung mit deiner Kraft und dem Ring erzeugte es diese erneute Vision. Und das vermutlich auch nur hier auf der Spitze der Pyramide, wegen …« Wegen der Kammer hinter dem Blutstein, hätte er beinahe gesagt. Im letzten Augenblick besann er sich eines Besseren. »… der Nähe zu den Göttern.«
    »Das war schrecklich! Jetzt erst kann ich dich in vollem Maße verstehen. Es macht einen großen Unterschied, ob man nur von etwas hört oder ob man es wirklich miterlebt.« Hunagupach stemmte sich hoch. Seine Knie zitterten erkennbar. »Und dennoch löst es nicht dein Problem. Wie willst du etwas finden, das groß genug ist, um den Menschen der Zukunft zu zeigen, dass das Ende der Zeit gekommen ist?«
    Auch Diego de Landa stand auf – und erstarrte mitten in der Bewegung. Etwas in den Worten des Chilam hatte einen Gedanken in ihm entfacht. Zu ungeheuerlich, zu gewaltig, um wirklich durchführbar zu sein.
    Und doch … wenn alle Maya und nicht nur die von Ah Kin Pech ihm halfen …
    »Sag mir, Hunagupach, die Vision von den Tutul Xiu und den Überfällen aus den anderen Städten, wie klar hast du sie vor dir gesehen?«
    »Nur sehr verschwommen. Viele Maya von außerhalb tummelten sich in Ah Kin Pech, so als hätten sie die Stadt erobert.«
    »Wäre es auch möglich, dass du keine Krieger gesehen hast, sondern … Gäste?«
    Der Chimal dachte lange über diese Frage nach. »Das wäre denkbar«, gestand er schließlich ein.
    »Ts’onots Mutter Came hat mir nach seinem Tod von einer Zukunftsschau berichtet, die er durchgeführt hat. Meine Zukunft. Er hat mich an der Spitze unseres Reiches gesehen – als den Mann, der in schwierigen Zeiten die Geschicke unseres Volkes lenken wird. Das waren ihre Worte. Und ich glaube, ich verstehe sie endlich.«
    Und so eilte Diego de Landa von der Pyramide herab und versammelte eine Schar vertrauenswürdiger und mutiger Diener um sich.
    »Geht in die anderen Städte«, befahl er, »und richtet den Kaziken und Orakelpriestern aus, Diegodelanda, der Herrscher von Ah Kin Pech, bittet sie zu einer friedlichen Unterredung in der übernächsten Nacht des
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