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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz
Autoren: Karl May
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Kommt her! Der Schnaps läuft aus dem Loch!“
    Jedenfalls zum Transport bestimmt, stand an der Seite des Hauses, vielleicht zehn Schritt von demselben entfernt, ein volles Branntweinfaß. In dieses war die Kugel geflogen, und man sah den Inhalt in einem fingerdicken Strahl aus dem frischen Schußloch strömen. Das jetzt entstehende Gelächter wollte kein Ende nehmen. Der Wirt aber fluchte und verlangte Entschädigung. Als Sam ihm dieselbe zusagte, beruhigte er sich und trieb mit dem Hammer einen hölzernen Pflock in das Loch, um dasselbe zu schließen.
    „Also nicht einmal das Haus habt Ihr getroffen!“ rief Buttler dem ganz verdutzt dreinschauenden Kleinen zu. „Ich habe Euch ja gesagt, daß Eure Kugeln um alle Ecken biegen werden. Der Dollar ist mein. Wollt Ihr noch einen wagen, Mr. Grinell?“
    „Yes“, antwortete Sam.
    Mit dem zweiten Schuß traf er wenigstens das Haus, aber ganz unten an der Ecke, während das Ziel oben in der Mitte der Mauer sich befand. So gab er noch vier oder fünf Schüsse ab, ohne dem Papier näher zu kommen, und verlor noch ebensoviele Dollars. Darüber wurde er zornig und rief aus: „Es ist nur, weil es bloß um einen Dollar geht. Ich glaube, wenn es mehr gälte, könnte ich besser zielen.“
    „Mir recht“, lachte Buttler. „Wieviel wollt ihr parieren?“
    „Soviel wie Ihr.“
    „Sagen wir zwanzig?“
    „Yes!“
    Sam verlor auch diese zwanzig, verlor sie aber, weil er wieder ganz genau in dieselbe Ecke traf. Buttler strich das Geld ein und fragte: „Noch einmal gefällig, Mr. Grinell!“
    Dabei zwinkerte er seinen Leuten heimlich und vergnügt mit den Augen zu.
    „Yes“, antwortete Sam. „Es muß doch einmal werden.“
    „Denke es auch. Wie hoch?“
    „Wie ihr wollt.“
    „Fünfzig Dollar.“
    „Yes.“
    „Oder wir sagen lieber hundert?“
    „Das ist zu viel. Ich bin zwar überzeugt, daß ich jetzt endlich treffen werde, aber es tut mir leid, Euch eine solche Summe abzunehmen, Mr. – wie heißt Ihr denn eigentlich, Sir?“
    „Buttler“, antwortete der Gefragte zu schnell und also unvorsichtig. Wahrscheinlich hätte er einen anderen Namen genannt, wenn er nicht durch Sams Frage so plötzlich überrumpelt worden wäre.
    „Schön, Mr. Buttler“, fuhr er fort. „Also nicht hundert; es ist zu viel.“
    „Nonsens! Was ich gesagt habe, das halte ich; es fragt sich nur, ob Ihr Mut habt.“
    „Mut? Den hat ein Schneider immer.“
    „Also hundert?“
    „Yes.“
    Buttler war so sicher, das Ziel zu treffen, während Sam natürlich wieder danebenschießen würde, daß er diesmal noch kürzer zielte als vorher. Oder regte ihn die Höhe der Summe auf, kurz und gut, seine Kugel kam neben, zwar hart, aber doch neben dem Papier in die Mauer zu sitzen. Das raubte ihm aber nicht die gute Laune, denn sein Gegner traf jedenfalls nicht so nahe an das Ziel. Im schlimmsten Fall konnte es zum Stechen kommen, und da war ihm der Sieg dann sicher.
    Jetzt zielte Sam, aber wohin? Nach der Mauerecke, wohin er bisher stets getroffen hatte und wo von ihm, außer dem ersten Schuß, Kugel auf Kugel saß.
    „Was fällt Euch ein, Mr. Grinell“, rief Buttler erstaunt, „Ihr zielt ja nach der Ecke!“
    „Versteht sich ganz von selbst“, antwortete der Kleine getrost.
    „Warum denn aber?“
    „Habe erst jetzt mein Gewehr begriffen.“
    „Wieso?“
    „Scheint seinen eigenen Willen, seine Launen zu haben. Ziele ich nach dem Papier da oben in der Mitte, so geht die Kugel da hinunter in die Ecke. Ziele ich aber nach der Ecke, so wird sie wohl hinauf nach dem Papier fliegen.“
    „Das ist Verrücktheit!“
    „Nicht von mir, sondern von der Flinte. Paßt mal auf!“
    Er drückte ab, und die Kugel saß – ganz genau in der Mitte des Zieles.
    „Seht Ihr nun, daß ich recht hatte!“ lachte der Kleine. „Gewonnen! Gebt die hundert Dollar heraus, Mr. Buttler!“
    Die Summen waren noch nicht gesetzt worden. Buttler zögerte, der Aufforderung Folge zu leisten; es kam ihm der Gedanke, die Zahlung zu verweigern; dann aber hatte er einen Einfall, den er für besser hielt; er zog also die Goldstücke aus seiner Tasche, gab sie Sam und sagte: „Halten wir auf?“
    „Wie Ihr wollt.“
    „Oder setzen wir noch einmal?“
    „Meinetwegen!“
    „Aber nicht hundert, sondern zweihundert!“
    „Sir, das ist zu viel!“
    „Für mich nicht. Oder habt Ihr Angst bekommen?“
    „Angst? Fällt mir nicht ein!“
    „Also zweihundert; aber gleich gesetzt!“
    „Gut! Mein Kamerad Mr. Berry mag den
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