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0984 - Griff aus dem Dunkel

0984 - Griff aus dem Dunkel

Titel: 0984 - Griff aus dem Dunkel
Autoren: Jason Dark
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Bill mußte zugeben, noch niemals zuvor einen so großen Raben gesehen zu haben. Sein Blick war kalt und wissend, als steckte in seinem Körper die Seele eines Menschen, so wie es damals bei der Wölfin Nadine der Fall gewesen war.
    An sie hatte Bill auch denken müssen. Sie war damals ein fast perfekter Schutz für die Familie Conolly gewesen, und sie hatte sich dabei besonders um Johnny gekümmert. Wäre sie jetzt dagewesen, dann hätte sich Bill nicht so große Sorgen um seinen Sohn machen brauchen.
    Aber Nadine befand sich in Avalon, nicht mehr als Wölfin, sondern als Mensch und glückliche Person.
    Es lief eben alles verkehrt. Man konnte mit dem Schicksal nicht kooperieren und mußte alles nehmen, wie es kam.
    Das hatte sich Bill zu eigen gemacht, aber in dieser Situation dachte er anders darüber. Er wußte, daß sich der Zweitkörper gelöst hatte, obwohl er nicht zu sehen gewesen war. Es gab ihn. Da glaubte er der Schamanin jedes Wort. Sie hatte ihn auf die Reise geschickt, während ihr Gehirn die Eindrücke verarbeitete, die der Astralleib erlebte.
    Bill wußte nicht, wie lange er schon neben der nackten Frau saß. Sie sah menschlich aus, wirkte aber trotzdem wie jemand, dessen Körper aus Holz geschnitzt war. Das mochte an der bräunlichen Haut liegen, die ebenso glatt und faltenlos war wie das Gesicht. Ein Durchschnittsmensch sah so nicht aus, da war sich Bill sicher. Diese Imelda schien von der Schönheitsfarm entlassen und nach Hause geschickt worden zu sein, weil man doch nichts ändern könnte. Selbst die schwarzen Haare erinnerten mehr an eine Perücke, als an einen natürlichen Wuchs.
    Eine derartige Person hatte Bill noch nie gesehen oder erlebt, aber er wußte auch, daß sie einen perfekten Lehrmeister gehabt hatte. Einen Menschen, der die Geheimnisse hinter den Dingen kannte, möglicherweise ein mächtiger Medizinmann gewesen war und dieses Wissen an Imelda weitergegeben hatte.
    Bill konnte seinen Blick nicht von ihrem Gesicht wenden. Nichts, aber auch gar nichts veränderte sich dort. Selbst die Augen waren nicht völlig geschlossen. Die Lider hatte sie nach unten gekippt und die Augen zu Schlitzen verengt.
    Was erlebte sie? Was dachte sie?
    Bill traute sich auch nicht, die Frau aus ihrer Trance zu wecken. Das hätte katastrophale Folgen nicht nur für ihn haben können, sondern auch für seine Familie, denn auf sie kam es Imelda an.
    Der Reporter merkte, wie die ungewöhnliche Sitzhaltung für eine gewisse Steifheit bei ihm gesorgt hatte. Er drehte den Kopf und stand auf, aber die Bewegung erschreckte das Krokodil, und es erschreckte Bill Conolly, denn es brauchte nur einmal seinen mächtigen Schwanz über den Boden gleiten zu lassen, um Bill wieder in seine ursprüngliche Haltung zurückzudrängen.
    An dieser Bestie kam er nicht vorbei. Und auch den Raben durfte er nicht unterschätzen. Laut Imelda hatte der Vogel indirekt für den Tod eines Mannes namens Ortiz gesorgt. Ortiz war Bills Führer im Regenwald und zur Hütte der Imelda gewesen.
    Atmete sie überhaupt?
    Bill hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Sie lag da wie eine Tote. Auch die Armwunde, durch Schnabelhiebe des Raben entstanden, blutete nicht mehr.
    Bill hörte nichts.
    Er sah auch nicht, daß sich das Herz unter der linken Brust bewegte.
    Diese Imelda war zu einem Stück Holz geworden. Sie hätte auch zu den beiden Totempfählen im Hintergrund des Raumes gepaßt.
    Auf einem hockte der Rabe, und er ließ Bill ebenfalls nicht aus den Augen. Das Wasser schlug keine Wellen mehr. So war nicht das leiseste Geräusch zu hören. Auch andere Tiere, die sich möglicherweise in der bewachsenen Uferregion des Pools aufhielten und sich dort versteckten, machten sich nicht bemerkbar.
    Wie sehr die Zeit eine Folter sein kann, bemerkte Bill in dieser Umgebung.
    Er hatte einfach den Bezug verloren. Er spürte die Feuchte, die Wärme, das Haus war innen wie ein gewaltiger Schwamm, der mit heißem Wasser gefüllt worden war.
    Wann verging der Zustand? Bill wartete. Er überlegte.
    Soll ich sie berührten? Soll ich sie anstoßen? Nein, nur nicht. Er mußte sie in Ruhe lassen, alles andere konnte für seine Familie gefährlich werden. Sheila hatte bereits von Imeldas Zweitkörper Besuch erhalten, jetzt war Johnny an der Reihe, und Bill fragte sich, wie lange das noch dauern würde.
    Warten. Immer nur warten. Die Angst bekämpfen oder sie ignorieren?
    Bill wußte noch nicht, wie er sich entscheiden sollte. Das brauchte er auch nicht, denn
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