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0981 - Tränenjäger

0981 - Tränenjäger

Titel: 0981 - Tränenjäger
Autoren: Michael Breuer
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ebenfalls gnadenlos zurückzuschlagen. Irgendwie hatte der Franzose die Kraft seines Amuletts mit dem mysteriösen Artefakt verbunden und Mächte entfesselt, die sich dem Verständnis des Plantagenbesitzers entzogen. Velasco war im Feuer der magischen Blitze vergangen.
    Eilig hatte Älvarez mit seinen überlebenden Männern die Flucht ergriffen und war im Dschungel verschwunden. Er konnte immer noch nicht fassen, was dort draußen geschehen war. Der Zuckerbaron fuhr sich mit der Hand über die ledrig wirkende Haut seines Gesichts.
    Es lag erst wenige Monate zurück, da hatte er sich noch als uneingeschränkten Regenten dieser Region empfunden. Er war der Herr über Leben und Tod gewesen. Aber das hatte sich mittlerweile gründlich geändert. Immer noch hatte Älvarez keinen blassen Schimmer, was dort draußen, in der Todeszone, wirklich vor sich ging. Sein Weltbild war ins Wanken geraten. Er wusste nun, dass es Mächte gab, die jenseits alles Vorstellbaren lagen und dies ängstigte ihn zutiefst.
    Bisher war seine Welt überschaubar gewesen. Wer keine Skrupel hatte, dafür aber über ausreichend Munition und genügend harte Dollars verfügte, war in der Lage, ein Volk zu beherrschen. Mit dieser Weisheit war Älvarez aufgewachsen und immer gut damit gefahren. Sie hatte ihm geholfen, diesen Landstrich konsequent zu unterjochen. Aber nun bekam er langsam aber sicher das Gefühl, ihm würde alles aus den Händen gleiten.
    Mit fahrigen Bewegungen entzündete Älvarez ein Zigarillo und sog den Rauch tief ein. Seit Tagen schon fühlte er sich beobachtet. Es schien ihm, als würde er unter einem Brennglas leben. Er kam sich regelrecht belauert vor.
    Der bärtige Zuckerbaron ließ seinen Blick über das Anwesen schweifen, bis er an dem nicht genutzten Schuppen hängen blieb.
    Zehn Männer waren von Velasco seinerzeit verwandelt worden. Davon hatte eine Handvoll beim Kampf um die Träne ihr Leben gelassen.
    Die übrigen Fünf lungerten jetzt im Schatten des Holzverschlags herum und schienen auf ein geheimes Kommando zu warten. Nun, da sie untätig vor dem Schuppen hockten und sich mit Zuckerrohrschnaps volllaufen ließen, wirkten sie auf erschreckende Weise menschlich.
    Aber natürlich waren sie alles andere als das.
    Jeder Schädelknochen der fünf Männer wirkte eigenartig verformt. Die Augen der Verwandelten glitzerten in einem kalten, toten Licht, welches dem abgebrühten Plantagenbesitzer immer wieder einen Schauer über den Rücken jagte.
    Seit Wochen ging das schon so. Seit Velascos Tod, um genau zu sein!
    Auch die Bediensteten des Zuckerbarons waren deutlich verunsichert. Sie schlichen umher, als erwarteten sie im nächsten Moment eine Attacke der Unheimlichen. Álvarez hatte hart durchgreifen müssen, damit sie weiter zuverlässig ihren Dienst taten. Dabei konnte er seine Leute durchaus verstehen.
    Álvarez war nie besonders gläubig gewesen, aber er wusste nur zu gut, dass er sich auf einen Pakt mit dem absolut Bösen eingelassen hatte. Und egal, wie er die Sache auch drehte und wendete, dieser Pakt würde Konsequenzen haben, das war ihm völlig klar.
    Plötzlich spürte Don Antonio, wie seine Kehle trocken wurde. Er wandte sich um.
    »Pedro«, rief er mit barscher Stimme.
    Eilig steckte der gerufene Diener den Kopf aus der Tür.
    Álvarez deutete mit dem halb gerauchten Zigarillo auf die im Schatten hockenden Nicht-Menschen.
    »Bring mir auch etwas von dem Zeug«, befahl er knurrend. »Ich habe Lust, mich zu betrinken!«
    Diensteifrig nickte der junge Mann und verschwand wieder im Hausinneren, um einen Moment später mit einem randvollen Glas zurückzukehren. Don Antonio beförderte den Inhalt auf Ex an seinen Bestimmungsort und genoss die Wärme, die sich gleich darauf in seinem Inneren ausbreitete.
    »Noch einen«, forderte er, »und bring die Flasche diesmal gleich mit!«
    Pedro beeilte sich, die Befehle seines Herrn in die Tat umzusetzen. Offenbar spürte er, dass es um Don Antonios Laune nicht zum besten stand.
    Schon einen gefühlten Lidschlag später stellte er die Flasche auf einem nahen Beistelltisch ab und reichte Álvarez das frisch gefüllte Glas.
    »Gut«, knurrte dieser. »Und jetzt verzieh dich, ich muss nachdenken!«
    Diesem Wunsch kam Pedro offenbar nur allzu gern nach. Schließlich kannte er die Launen seines Herrn zu Genüge.
    Auch das zweite Glas leerte Don Antonio in wenigen Zügen. Ein angenehm wattiges Gefühl legte sich um seinen Geist und er spürte, wie sich seine aufgepeitschten Gedanken
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