0975 - Die zweite Welle
hätten, dachte sein neues Ich indessen ungerührt weiter, sehr viele Raumschiffe, die genug Platz bieten, hätten wir noch eine Chance. Aber woher nehmen wir diese Schiffe?’ ‘Da hast du es! dachte Saliks altes Ich wütend. Du weißt auch keinen Ausweg. Hör auf zu phantasieren, und laß diese Leute da draußen in Ruhe!’ ‘Warum? Wenn sie doch sterben müssen, spielt es keine Rolle; wie sie die kurze Zeit verbringen, die ihnen noch bleibt. Im Gegenteil - sie werden arbeiten und hoffen und ohne Angst sein. Wenn ich noch einen Ausweg finde, haben sie nicht viel verloren. Und wenn ...’ ‘Wenn was?’ Das neuere Ich schwieg.
„Antworte mir wenigstens!" schrie Salik - und es war, soweit er sich erinnern konnte, das erste Mal, daß er wirklich schrie. „Antworte, oder ich verliere endgültig den Verstand!"
Er spürte Hände auf seinen Schultern, schlug die Augen auf und sah Tupak, der sich besorgt über ihn beugte.
„Kann ich Ihnen helfen?" fragte Tupak leise. „Bitte, sagen Sie mir doch, was Ihnen fehlt!"
Ich muß mich normal verhalten, dachte Salik. Ich muß wenigstens so tun, als hätte ich meinefünf Sinne beisammen!
„Ich bin eingeschlafen", versuchte er sich herauszureden. „Ich hatte einen schlimmen Traum.
Wahrscheinlich kommt das daher, daß ich sehr hungrig bin. Was der Automat liefert, schmeckt mir einfach nicht."
Tupaks Gesicht leuchtete auf.
„Meine Frau wird etwas für Sie zübereiten!" versprach er. „Kann ich sonst wirklich nichts für Sie tun?"
„Nein", sagte Salik. Seine Stimme klang wieder so, wie seine Freunde und Bekannten es von ihm gewöhnt waren.
Er fühlte sich erleichtert, als Tupak den Raum verlassen hatte. Im Augenblick schien auch sein neues Ich die Absicht zu haben, ihm eine Pause zu gönnen. Er verdrängte die Angst vor einer neuen Krise, indem er sich abzulenken versuchte. Nach einer guten, reichlichen Mahlzeit fühlte er sich zum erstenmal seit vielen Tagen wieder wohl in dieser Welt.
In den nächsten Tagen führte er ein seltsames, traumhaftes Leben. Nach außen hin war er wieder der alte Jen Salik, ein bescheidener, zurückhaltender, beinahe schüchterner Mann. Er sprach viel mit den Leuten von Tumain, und sie hingen an seinen Lippen, wenngleich ihnen einiges von dem, was er sagte und tat, unheimlich vorkam. Über die Weltraumbeben und die Orbiter sprach er nicht. Er dachte nur an sie, vornehmlich nachts, wenn die Unruhe ihn packte und er nicht schlafen konnte. Aber schon am nächsten Morgen hatte er sich wieder in der Gewalt.
Eines Morgens aber war er verschwunden. Tupak, der sich seit jenem ersten Tag um Salik gekümmert hatte, fand einen Zettel mit einer Nachricht.
„Ich komme nicht zurück", stand darauf. „Wenn ihr eine Chance seht, euer Leben zu retten, dann nehmt sie wahr."
Der Zettel lag neben einem Videogerät, das noch immer auf einen Nachrichtenkanal geschaltet war.
Während Tupak voller Unglauben immer wieder diese kurze Nachricht studierte, hörte er unverständliches Gerede über Weltraumbeben, ArkonStahl-Pest und einen „Betonchor." Ärgerlich schaltete er das Gerät schließlich aus.
Ratlos kehrte er zu seiner Familie zurück.
6.
Die Weltraumbeben traten überall in der Milchstraße auf. Sie verschonten auch das galaktische Zentrum nicht.
Als Anson Argyris die charakteristischen Impulse mit Hilfe seiner körpereigenen Sensoren wahrnahm, da schenkte er der seltsamen, unbekannten Strahlung, die damit einherging, nur wenig Beachtung. Er saß in einem kleinen, einzeln stehenden Bunker auf der Oberfläche von Durzuul fest, nachdem die Zentrale auf Martappon ihn der Obhut der Arbeitsführerin 1yrta Rufur entzogen hatte. Die Orbiter hielten ihn immer noch für einen Spion, den die Garbeschianer ihnen auf den Hals geschickt hatten. Ihre Erfahrungen mit dem Vario-500 waren nicht besonders erfreulich, und so war es kein Wunder, daß sie alles daransetzten, um ihren metallenen Gefangenen an einer Flucht zu hindern.
Der Vario hing in einem energetischen Fesselfeld. Um ihn herum standen Rundumkämpfer, die sofort das Feuer auf ihn eröffnen würden, wenn er dieses Feld verließ. Für den Fall, daß er auch die Rundumkämpfer überlistete, gab es mehrere automatisch geführte Waffen, die so geschickt im Raum verteilt waren, daß es keinen toten Winkel gab, in welche Richtung Anson Argyris sich auch nur wenden mochte. Das Gefängnis selbst haste meterdicke Wände aus Beton. Um da hindurchzukommen, hätte Argyris den Desintegratorstrahler
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