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0964 - Blutfehde

0964 - Blutfehde

Titel: 0964 - Blutfehde
Autoren: Michael Breuer
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Gesichtszüge wirkten mit einem Mal grau und eingefallen. »Ich weiß nichts«, erwiderte er schließlich, »gar nichts. Ich habe keinen Schimmer, warum Sie auf den Gedanken kommen, ich könnte etwas damit zu tun haben.«
    LaGrange stieß ein heiseres Knurren aus. Seine silbergrauen Brauen wurden dichter, buschiger. Gleichzeitig veränderten sich die Fingernägel und wurden zu langen gefährlichen Krallen.
    »Diese Leute sind zerfleischt worden«, brachte er hervor. »Ich dulde keine sinnlosen Blutbäder in meiner Stadt. Wenn hier etwas vorgeht, habe ich darüber informiert zu sein.«
    Er trat einen Schritt nach vorne und schloss die krallenartig gekrümmte Hand um den Hals des zitternden Ghouls.
    »Die Leichen sehen aus, als sei ein Raubtier über sie hergefallen. Ein Hund, ein Wolf vielleicht… Sag mir, kleiner Mann, gibt es Werwölfe hier in Newcastle? Weißt du etwas darüber?«
    Groom röchelte. Offenbar versuchte er etwas zu sagen. Todesangst glitzerte in seinen Augen. LaGrange zügelte sein Temperament und ließ den Ghoul los. Dieser nickte schließlich heftig.
    »Ja«, brachte er dann keuchend hervor.
    Interessiert hob LaGrange eine Braue. Seine behaarten Züge verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln. Kurz warf er seinem Sohn einen Seitenblick zu. Dabei jagten sich seine Gedanken. Bisher hatten sich so gut wie nie Werwölfe nach Newcastle verirrt. Obwohl man die Dingos belächelte, wurde ihr Territorium doch weitgehend respektiert. Bis jetzt jedenfalls.
    »Weiter«, befahl er ungeduldig. Jetzt wollte er alles wissen.
    »Ich«, begann Groom stammelnd, »… ich kann das nicht sagen. Sie würden mich umbringen…«
    LaGranges grimmiges Lächeln wurde eine Spur düsterer. Er trat auf den verängstigten Ghoul zu und fuhr ihm mit dem ausgestreckten Finger über die Wange. Der Kralle des Werdingos hatte die dünne Haut des Ghouls wenig entgegenzusetzen. Sofort zeigte sich ein feiner Schnitt. Gelbliche, übel riechende Wundflüssigkeit trat hervor.
    »Das ist nichts im Vergleich zu dem, was wir mit dir anstellen werden«, ließ er ihn wissen. »Ich glaube, du verkennst deine aktuelle Situation. Wenn du uns nicht alles erzählst, was du weißt, werden wir dir sehr wehtun. Es könnte Tage dauern, bis du endlich zur Hölle fährst.«
    Die Redewendung ließ LaGrange unwillkürlich das Gesicht verziehen, kaum dass er die Worte ausgesprochen hatte. Der Untergang der Hölle war ein riesiger Schock gewesen, auch für die Werdingos. Noch wusste niemand, wie es jetzt weitergehen würde. Die Zeit würde es zeigen. Momentan hatte er auch wirklich andere, dringlichere Sorgen.
    Er konzentrierte sich wieder auf den zitternden Groom. Es lag ihm fern, den Ghoul tatsächlich zu foltern. Derlei Verhörmethoden widerten den alten Patriarchen an. Doch sollte er nicht freiwillig reden, würde er wohl eine härtere Gangart einschlagen müssen.
    »Gillingham«, presste der Leichenfresser in diesem Moment hervor.
    LaGrange runzelte die Stirn. Er überlegte einen Moment.
    »Gillingham?«, vergewisserte er sich dann mit grollender Stimme. » Der Gillingham?«
    John Gillingham war vor einem halben Jahr in der Stadt aufgetaucht. Wie sich herausgestellt hatte, um einen örtlichen Kabel-TV-Sender aufzukaufen. Nachdem er in einer Nacht- und Nebelaktion die Station Newcastle Television Central übernommen hatte, begann er erstmals auf der Bühne des öffentlichen Lebens aufzutreten. Der Mann hatte Geld wie Heu und besaß keine Hemmungen, dies auch zu zeigen. Das war aber im Grunde auch schon alles, was über ihn bekannt war. Gillinghams Vergangenheit stellte zumindest für LaGrange ein einziges großes Rätsel dar.
    Der Ghoul nickte eifrig. »Er ist ein Werwolf«, erklärte er. »Die Angestellten seines Senders ebenfalls. Sie wollen die Macht in Newcastle übernehmen. Habe ich jedenfalls gehört!«
    LaGrange schloss kurz die Augen und dachte über die Bedeutung des Gesagten nach. Die Macht übernehmen, das war gleichbedeutend damit, ihn selbst vom Thron zu stoßen. Das hieß Krieg!
    »Woher weißt du davon?«, wollte er wissen.
    Der Ghoul zuckte in einer menschlichen Geste mit den Schultern. »Man hört viel, wenn man die Ohren offen hält«, erklärte er lapidar. »Informationen sind mein Geschäft.«
    Die Miene des alten Patriarchen wurde hart. »Du hättest damit gleich zu mir kommen sollen, das ist dir doch klar, oder?«
    Groom ließ den Kopf hängen und antwortete nicht. Er schien zu spüren, dass er sein Leben verwirkt hatte.
    LaGrange
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