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096 - In Soho regiert der Tod

096 - In Soho regiert der Tod

Titel: 096 - In Soho regiert der Tod
Autoren: A.F.Morland
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Wohnzimmer.
    So still, daß das Ticken der kleinen Standuhr auf dem Sims des offenen Kamins äußerst störend wirkte.
    Allmählich ebbte die Erregung des Mädchens ab. Julie ließ die Hände sinken. Sie schaute dem Reporter in die Augen und sagte mit belegter Stimme: »Entschuldigen Sie. Ich hatte gehofft, mich besser unter Kontrolle halten zu können.«
    »Das wird Sie noch lange aufregen«, sagte Langdon. »So etwas läßt sich nicht so leicht verdrängen. Sie müßten aus Stein sein, um das so schnell zu verkraften.«
    Er lockerte die Unterhaltung gekonnt auf, führte Julie fort von ihrer bösen Erinnerung und ließ das Tonband wieder mitlaufen. Er bat das Mädchen, ihm so viel wie möglich über sich zu erzählen.
    Julie sammelte sich. Sie hatte darauf gewartet. Jetzt kam die Geschichte an die Reihe, die sie sich zurechtgelegt hatte. Die Halbwahrheiten gingen ihr großartig über die Lippen.
    Moses Langdon war ihr für diesen guten Background zu ihrer Person sehr dankbar.
    Ob Wahrheit oder nicht, das war auch ihm nicht so wichtig. Hauptsache, es ließ sich eine gute Geschichte daraus bauen, und mit den Elementen, die ihm Julie lieferte, ließ sich einiges anfangen.
    Als sie ihm nichts mehr zu erzählen hatte, öffnete Langdon seine Fototasche und nahm seine Kamera heraus.
    Er bat Julie, ihm das ganze Penthouse zu zeigen, und anschließend sagte er ihr, wo er überall Fotos von ihr schießen wollte.
    Sie war einverstanden. Langdon bewies, daß er einen Blick fürs Wesentliche hatte. So, wie er die Aufnahmen machen wollte, würde Julie in ihrem Penthouse großartig zur Geltung kommen.
    Sie machten die ersten Aufnahmen. Immer wieder flammte der Elektronenblitz auf. Julie kam sich wie eine Berühmtheit vor. Sie freute sich jetzt schon auf das Erscheinen dieser Reportage. Sie würde gleich mehrere Exemplare von ›High Life‹ kaufen und an gute Freunde verschenken.
    Langdon bat sie, auch mal etwas anderes anzuziehen. Sie forderte ihn auf, mitzukommen, und zeigte ihm ihre Garderobe.
    »Das - und das - und das - und das«, sagte er, nahm die Kleider, die er meinte, aus dem weißen Schleiflackschrank und legte sie aufs Bett.
    Dann kehrte er in den Livingroom zurück, damit sie sich ungestört umziehen konnte.
    Er war ein schrecklich netter Kerl. Daß er nicht so gut aussah wie Robert Redford, fiel ihr schon nicht mehr auf.
    Julie schlüpfte in ein Kleid aus mitternachtsblauem Tüll. Es war nur ein Hauch, der ihren makellosen Körper umschmiegte.
    Den Reißverschluß am Rücken ließ sie offen, den sollte Moses Langdon hochziehen, dann brauchte sie sich nicht zu verrenken.
    Sie hatte nicht die Absicht, ihn zu verführen. Der Reporter sollte ihr damit lediglich eine kleine Gefälligkeit erweisen.
    Julie öffnete ihre lederne Schmuckschatulle und suchte die Halskette und die Clips, die ihrer Meinung nach am besten zum Kleid paßten. Dann verließ sie das Schlafzimmer und kehrte in den Livingroom zurück, in dem es eigenartigerweise nach Erde roch.
    Moses Langdon saß in einem Sessel. Sein Gesicht war den großen Panoramatüren zugewandt, über die der Regen perlte.
    Soeben blitzte es wieder, und der folgende Donner hörte sich wie das Brüllen eines riesigen Ungeheuers an, das ganz London verschlingen wollte.
    »Ach bitte, würden Sie die Freundlichkeit haben, mir den Reißverschluß hochzuziehen, Mr. Langdon?« sagte das Mädchen und begab sich zu ihm.
    Sie ging am Sessel vorbei und blieb knapp davor stehen, aber Langdon fand es wohl nicht schicklich, ihr diesen Dienst zu erweisen.
    Sie lachte leise. »Keine Angst, Ihre Frau erfährt es ganz bestimmt nicht. Ich kann schweigen wie ein Grab.«
    Langdon half ihr trotzdem nicht. Vermutlich war er in dieser Hinsicht ein bißchen verklemmt. Julie tat es schon leid, ihn in diese peinliche Lage gebracht zu haben.
    »Es ist doch nichts dabei«, sagte sie.
    Lächelnd drehte sie sich um, und im nächsten Moment gefror dieses Lächeln auf ihren Zügen, denn Moses Langdon stierte an ihr vorbei.
    Seine Kehle war durchgeschnitten!
    ***
    Julie Hudson prallte entsetzt zurück. Sie hörte ein Mädchen grell schreien, ohne zu begreifen, daß sie es selbst war, die schrie. Sie riß die Augen weit auf und zerrte an den Haaren ihrer Perücke, die verrutschte.
    Sie warf die Perücke auf den Boden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Es war ihr unmöglich, zu begreifen. Wieso war der Reporter auf einmal tot?
    Wer hatte ihn umgebracht?
    In ihrem Penthouse!
    Plötzlich eine Stimme: »Julie!«
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