Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
096 - Der grüne Leichnam

096 - Der grüne Leichnam

Titel: 096 - Der grüne Leichnam
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
aufgeben. Ich mußte meinen Weg gehen, mußte ganz einfach dieses Opfer bringen, auch wenn ich seelisch daran zerbrechen würde. Allem mußte ich entsagen. Es gab keine andere Möglichkeit.
    Ich wurde aus meinem Gedanken gerissen, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Zehn Minuten später war ich durch die Zollkontrolle und stieg in ein Taxi. Ich wollte direkt zum Tempel der Magischen Bruderschaft in der Harley Street, nahe dem Cavendish Square, fahren.
    Es war ein unfreundlicher Dezembertag. Der Himmel war grau, und gelegentlich regnete es leicht.
    Ein Wetter, das meine trübe Stimmung widerspiegelte.
    Immer wieder wanderten meine Gedanken zu Coco. Ich hoffte, daß sie meinen Standpunkt verstehen würde. Noch immer kam es mir unfaßbar vor, daß sich unsere Wege trennen sollten. Gedankenverloren griff ich in meine Manteltasche und zog eine Zigarette heraus. Für einen Augenblick spürte ich einen kalten Hauch im Nacken. Rasch blickte ich mich um, doch nichts Verdächtiges war zu sehen.
    Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Ich war sicher, daß ich mich nicht getäuscht hatte. Der Ys-Spiegel hatte meine Sinne geschärft. Es war eine magische Berührung gewesen; da gab es für mich keinen Zweifel. Irgend jemand war daran interessiert zu wissen, wo ich mich befand. Steckte Luguri dahinter? Ich mußte vorsichtig sein. Je rascher ich London verließ, um so besser war es.
    Das Taxi fuhr am Cavendish Square vorbei und bog in die Harley Street ein. Vor dem Tempel blieb es stehen. Ich zahlte, schnappte meinen kleinen Handkoffer und stieg aus. Der eisige Wind peitschte mir Regentropfen ins Gesicht. Rasch sperrte ich die Tür auf und trat ein. Langsam drückte ich die Tür ins Schloß und blickte mich flüchtig um. Ich war sicher, daß George Mansfield, der Leiter des Londoner Tempels, bereits über mein seltsames Verhalten benachrichtigt worden war.
    Den Koffer stellte ich vor die Kleiderablage, dann schlüpfte ich aus meinem Mantel und hing ihn auf einen Haken. Gemächlich ging ich den langen Gang entlang, der zu den Gemeinschaftsräumen führte. Niemand kam mir entgegen. Im Tempel war es unnatürlich ruhig. Vor einer weißen Tür blieb ich stehen. Ich klopfte kurz an und riß sie dann ruckartig auf.
    George Mansfield saß hinter einem kleinen Schreibtisch, auf dem einige Akten und Bücher lagen. Mansfield war an die Fünfzig und ein ziemlich beleibter Mann. Sein Haar war grau, das Gesicht rosig und von einem schlohweißen Backenbart eingerahmt.
    Er hob den Kopf und blickte mich ernst an.
    „Hallo, George!" sagte ich.
    Ich schloß die Tür und ging auf ihn zu. Zwei Schritte vor dem Schreibtisch blieb ich breitbeinig stehen.
    Mansfield nickte flüchtig, dann zeigte er auf einen Stuhl, und ich setzte mich.
    „Mein Kommen wurde dir bereits avisiert?"
    „Colonel Bixby rief mich vor drei Stunden an."
    „Und was hat er da gesagt?"
    „Willst du es wirklich hören?"
    „Ich bin immer daran interessiert, die Meinung über mich zu hören." .
    Mansfield beugte sich vor. „Du bist völlig übergeschnappt, größenwahnsinnig und beleidigend. Du bist zu einem anderen Menschen geworden. Du hast dich sehr zu deinem Nachteil verändert. Du willst nichts mehr mit der Magischen Bruderschaft zu tun haben. Das hat Bixby mir erzählt. Ich konnte es einfach nicht glauben, doch auch Virgil Fenton bestätigte es mir. Sie wollen dich nicht mehr wiedersehen. In der Burg sollst du dich nicht mehr blicken lassen. Was ist nur in dich gefahren, Dorian?"
    Es war so gekommen, wie ich es erwartet hatte.
    „Ich trete aus der Magischen Bruderschaft aus, George", sagte ich. „Diese Vereinigung ist sinnlos. Im Kampf gegen die Schwarze Familie ist sie wirkungslos. Die meisten Mitglieder sind Fantasten, harmlose Spinner, Narren oder völlig verbohrte Wissenschaftler."
    „Vor ein paar Monaten hast du anders gesprochen, Dorian. Deine Meinung über uns ist ja wenig schmeichelhaft. Unter diesen Umständen scheint es tatsächlich besser zu sein, wenn du austrittst." George Mansfield senkte den Blick und spielte mit einem Kugelschreiber. Es tat mir leid, daß ich ihn beleidigen mußte. Zu meinen Angriffen gegen die Magische Bruderschaft stand ich, da ich sie in der jetzigen Form für überflüssig hielt; doch ich hätte meine Meinung etwas weniger unfreundlich formulieren können.
    „Noch bin ich Mitglied", erklärte ich, „und ich habe noch einen Wunsch. Ich möchte mich von Dr. Faust verabschieden."
    „Es ist also tatsächlich dein Wunsch, aus der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher