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0940 - Geburt einer Dunkelwolke

Titel: 0940 - Geburt einer Dunkelwolke
Autoren: Unbekannt
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Bahn.
    „Jetzt kommt der schwierigste Moment", erklärte Gwester weiter. „Wir müssen Thoton so lange beschleunigen und dabei in solch rasende Rotation versetzen, bis die Fluchtgeschwindigkeit und die Eigendrehung zu einer Aufhebung der Eigengravitation führen. Dann wird der Himmelskörper bersten und sich in kosmischen Staub auflösen. Auch dieser Zeitpunkt muß genau berechnet sein, denn wir wollen ja nicht, daß der kosmische Staub sich verflüchtigt, sondern sich wie ein schützender Mantel um das Reich der zweiundzwanzig Sonnen schmiegt.
    Dabei dürfen wir uns jedoch nicht auf die Naturgesetze verlassen, sondern wir müssen künstliche Magnetfeldlinien erschaffen, die die vorhandene kosmische Materie und die freigesetzte Staubmasse in Kugelform zwingen. Aber wir schaffen auch das."
    Thoton wird immer schneller. Ich kann auf den Instrumenten beobachten, wie er entlang der künstlich erschaffenen Gravitationsfelder einen Zickzackkurs einschlägt, von den ungeheuren Kräften hin und her gerissen wird. Seine Eigenrotation ist so gewaltig, daß seine Konturen verschwimmen. Thoton hat längst keine Kugelform mehr. Die Fliehkraft drückt ihn an den Polen zusammen und läßt ihn sich im Äquatorialbereich ausdehnen.
    „Die Toleranzgrenze ist erreicht", sagt Gwester. Und er hat kaum ausgesprochen, da birst der Himmelskörper. Er öffnet sich wie eine Blume, und das ganze Spektrum der Farbskala tut sich leuchtend vor mir auf.
    Das Feuer der Blume strebt auseinander, die rot und gelb strahlenden und in Sonnenglut gleißenden Blätter zerfallen in unzählige Fragmente, und auch diese Fragmente zerfallen und erlöschen und ziehen als kleine und kleinste Teilchen ihre vorbestimmte Bahn.
    Was nun kommt, ist ein langwieriger und zeitraubender Vorgang, den ich jedoch mit Hilfe der Meditation in geraffter Form erlebe.
    Zuerst bildet sich um unser Reich derzweiundzwanzig Sonnen ein dichter Partikelring, der sich im Himmelsäquator schließt. Gwester sagt, daß dieser Staubgürtel, der zu beiden Himmelspolen hin immer breiter und breiter wird, kein Einseitendreher ist. Dort wo sich der Ring geschlossen hat, prallen die Staubpartikeln aus zwei Richtungen aufeinander, so daß unkontrollierbare Materieturbulenzen entstehen. Gwester sagt auch, daß man diesen Effekt hätte aufheben können. Doch das liegt gar nicht in der Absicht der Ingenieure, denn, so Gwester wörtlich: „Je unkontrollierter die Kräfte sind, die im Staubmantel herrschen, desto schwerer ist es für Eindringlinge, ihn zu überwinden. Und wenn sich der Staubmantel erst an den Polen schließt und weitere gegeneinander wirkende Kräfte aufeinandertreffen, kommen noch viel stärkere Turbulenzen zustande. Es wird nicht unmöglich sein, diesen Staubmantel mit modernen Navigationsinstrumenten zu durchdringen, aber dies wird durch die nur schwer berechenbaren Strömungen der Partikel erschwert. Der Staubmantel ist ein Hindernis, jedoch nicht unüberwindlich. Auch für die wilden Horden nicht. Darum benötigt ihr trotz allem eine kampfstarke Raumflotte."
    Darauf gebe ich ihm keine Antwort, denn ich will ihn nicht belügen. Andererseits kann ich ihm auch nicht verraten, daß der Staubmantel für uns einen ganz anderen Sinn hat.
    Als sich die Kugelschale um Arla Mandra geschlossen hat, mache ich den Versuch, den Staubmantel mit dem Geist zu erfassen. Das Erlebnis ist phänomenal. Ich kann das hohlkugelförmige Gebilde voll erfassen. Ich spüre das Knistern der Materie, die sich in rasenden Wirbeln auf verschiedenen Bahnen bewegt. Ich erfasse die Turbulenzzonen in ihrer Gesamtheit - und mich schwindelt. Für einen Moment habe ich das Gefühl, von dem Mahlstrom mitgerissen und ein Teil von ihm zu werden, und ich weiß Einen Gedanken lang war ich Teil des Staubmantels.
    „Tezohr!"
    Der Ingenieur hat Hand an mich gelegt und schüttelt mich.
    „Tezohr, was ist mit dir los?" schreit er in panischem Entsetzen. „Und was ist das für ein Ding?"
    Ich finde in die Gegenwart zurück. Zwischen mir und dem Ingenieur liegt eine Kugel aus einem bläulich schimmernden Material. Ich weiß, daß es sich um Paraplasma handelt, das ich in jenem Augenblick erschaffen habe, da ich mich als Teil des Staubmantels fühlte. Aber ich muß die Wahrheit verschweigen.
    „Das ist ein Fetisch", sage ich, meine Erregung unterdrückend, und stecke das paraplasmatische Gebilde weg. Es fühlt sich wie ein Teil von mir an. Aber es ist unvollkommen, und ich werde es später vernichten
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