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0928 - Das Hexendiadem

0928 - Das Hexendiadem

Titel: 0928 - Das Hexendiadem
Autoren: Christian Schwarz
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Kunststofftüren; hinter ihnen verbargen sich allesamt Büros von Firmen und Hilfsorganisationen.
    DeBlaussec-Stiftung stand auf einem an der Tür festgeschraubten Schild. Daneben befand sich ein Klingelknopf. Nicole seufzte, rückte kurz ihre schwarze Perücke mit den einseitig schulterlangen Haaren, die frech in ihre linke Gesichtshälfte hingen, zurecht, strich über das rote, knielange Kostüm mit dem für ihre Verhältnisse äußerst dezenten Dekolleté und klingelte dann. Sie musste kurz warten, dann öffnete ein Summer die Tür. Aber das war sie bereits gewohnt. Professor Louis Landru ließ sich immer etwas Zeit, bevor er öffnete, obwohl er über die im Türspion eingebaute, nicht sichtbare Kamera genau sah, wer draußen stand. Diese Marotte schien im Übrigen immer dann ganz besonders ausgeprägt zu sein, wenn es sich um Mitarbeiter handelte. Nicht, dass Landru etwas gegen seine ohnehin spärlichen Mitarbeiter gehabt hätte. Es schien ihm einfach nur Spaß zu machen, sie ein wenig zu ärgern.
    Landru thronte hinter seinem Schreibtisch und telefonierte. Mit hektischen Bewegungen seiner linken Hand forderte er Nicole auf, an dem kleinen Tischchen in der Ecke unter dem Fenster Platz zu nehmen. Sie nickte und rückte sich einen der drei Stühle zurecht. Dann setzte sie sich so, dass sie zum einen den Professor im Blickfeld hatte, zum anderen aber den atemberaubenden Ausblick über Paris genießen konnte.
    Sie saßen hier mitten in Europas größter Bürostadt La Defense im Westen der französischen Megametropole. Nicole hatte gelesen, dass in diesem von Hochhaustürmen geprägten Viertel drei Millionen Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung standen.
    Und die deBlaussec-Stiftung hat gerade mal 40 davon abbekommen. Mehr als schäbig. Wenn ich je wieder mit Zamorra zusammenkomme, dann müssen wir dringend nach etwas Repräsentativerem schauen…
    Unwillkürlich wanderte ihr Blick über Landru hinweg die weiße Wand hoch. Über ihm prangte in Postergröße eine gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografie, die Zamorra und sie selbst zeigte, Wange an Wange, beide strahlend lächelnd. Sie wusste ungefähr noch, wann dieses Bild entstanden war, kurz nachdem sie ein Paar geworden waren.
    Glückliche Zeiten…
    Schnell wandte sie sich wieder ab, denn das Bild versetzte ihr jedes Mal, wenn sie es betrachtete, einen Stich ins Herz oder verursachte dumpfes Magendrücken, je nach dem. Manchmal sprach es auch ihre sentimentale Ader an und sie hätte heulen können. Aber schließlich hatte ja sie Zamorra verlassen und nicht umgekehrt. Heulen und Wehklagen waren also verboten. Doch ihre sentimentale Ader interessierte das nicht im Geringsten.
    Momentan jedoch war dumpfes Magendrücken angesagt. Nicole schluckte. Landru schien mit jemandem zu telefonieren, der sich als Opfer eines Werwolfs sah. Mit seiner etwas zu hohen Stimme stellte er messerscharfe Fragen und lachte zwischendurch höhnisch. Immer wieder sah er Nicole an und schnitt abfällige Grimassen, die wohl einen Werwolf darstellen sollten. Sie lächelte kühl zurück.
    Scheint so, als ob Landru einen der Kategorie Betrüger an der Strippe hat.
    Naja, meiner fällt da eher in den Bereich Psycho…
    Sie ärgerte sich im selben Moment, dass sie bereits begann, Landrus schubladenhafte Diktion anzunehmen. Schnell konzentrierte sich Nicole wieder auf den Panoramablick durch die Panzerglasscheibe. Unter ihr erstreckte sich einer der zahlreichen, mit sandsteinfarbenen Platten gepflasterten Plätze zwischen den Stahlbeton- und Glastürmen. Ein flaches, viereckiges Wasserbecken von etwa 30 auf 30 Metern bildete das Zentrum des Platzes. In diesem erhob sich ein Wald von etwa fünf Meter hohen Stangen, die Nicole an mächtige Schraubengewinde erinnerten und auf deren Spitzen je ein farbig eingefasstes, überdimensional glotzendes Auge saß. Auf den Straßen und Plätzen von La Defense dominierte die moderne Kunst in allen möglichen Formen und Farben. Auf den breiten Treppen, die hinter dem Wasserbecken auf die nächste, leicht höher gelegte Ebene des Platzes führten, saßen Dutzende von Menschen in der warmen Sonne und machten Mittag. Viele hundert weitere bewegten sich kreuz und quer über den Platz und erinnerten Nicole unwillkürlich an Ameisengewimmel.
    Ich weiß noch nicht mal, wie der Platz heißt. Aber ganz La Defense ist so schrecklich anonym, dass ich das ganz bestimmt nicht wissen muss. Hm. Ich glaube, wenn ich irgendwann mal die Namen der Straßen und Plätze hier kenne, dann
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