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092 - Piraten im Nordmeer

092 - Piraten im Nordmeer

Titel: 092 - Piraten im Nordmeer
Autoren: Ronald M. Hahn
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es allerdings begrüßen, wenn die Gefangenen, die ich im Laderaum gesehen habe, etwas besser behandelt würden.« Sie räusperte sich. »Es sind Frauen. Sie sind nicht an die groben Zustände gewöhnt, die an Bord von Schiffen herrschen.«
    Orland lachte mit zittriger Stimme. »Dass es Frauen sind, ist mir schon aufgefallen.« Er stand auf. »Doch ist keine von ihnen so schön wie du, Bootsmann, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.« Sein Blick saugte schon wieder an ihrem Busen, doch Laryssa war daran gewöhnt, und außerdem stand es ihr nicht zu, den Kapitän eines Blickes wegen zu maßregeln. Männer waren Männer, und Seefahrer waren von besonderer Art.
    Außerdem wollte sie mit keinem Wimpernzucken zu erkennen geben, welchen Verdacht sie gegen ihn hegte. Wenn er tatsächlich der Mörder ihres Vaters war, hatte sie später noch genügend Zeit, ihn seinem Schicksal zuzuführen…
    »Ich schätze deine Bescheidenheit, Bootsmann«, sagte Kapitän Orland. Er trat an ein Bullauge und blickte aufs Meer hinaus. »Aber in Doyzland habe ich einen alten Spruch gehört: Bescheidenheit ist eine Zier – doch weiter kommt man ohne ihr .« Er kicherte, und während er Laryssa den Rücken zuwandte, nutzte sie die Gelegenheit, einige eingerahmte Schriftstücke zu überfliegen, die an der Wand hingen.
    Auf einem dieser Papiere stand, dass Bertyl der Siebente, genannt Eisenarm, der allmächtige König und Herrscher der Insel Byorn, Fähnrich Ragnar Orland mit Wirkung vom Mai des Jahres 2508 auf sein Kaperschiff Fafnir versetzte, das unter dem Kommando von Kapitän Thorkill Holm stand.
    Ein Schlag ins Gesicht hätte sie nicht heftiger treffen können.
    Sie hatte Mühe, Haltung zu bewahren.
    »Deshalb habe ich beschlossen, dich mit sofortiger Wirkung zum Ersten Offizier zu ernennen«, fuhr Orland fort und drehte sich zu ihr um. »Du bist eine fähige…« Er stutzte. »Behagt dir diese Beförderung etwa nicht?«
    »Wie? Was?« Laryssa wich einen Schritt zurück. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie musste ihre Gedanken sammeln. Er ist es! Furcht und Schrecken breiteten sich in ihr aus. »Nein«, erwiderte sie dann schnell, um keinen Argwohn zu erregen – was natürlich Unfug war; schließlich konnte er ihre Gedanken nicht lesen.
    »Ich frage nur, weil du plötzlich leichenblass geworden bist.«
    Orland schaute sie besorgt an. »Soll ich den Mediker rufen?«
    »Nein, nein.« Laryssa schüttelte erneut den Kopf. »Mir ist nur gerade… Ich dachte an Grimürs schauerliches Ende…«
    »Ah…« Orland nickte. »Das ist verständlich. Es war ja auch ziemlich unappetitlich.« Er deutete über seine Schulter. »Seine Kabine liegt nebenan. Du kannst sofort einziehen. Sein Besitz gehört dir. Allerdings besteht er, von seiner Koje abgesehen, hauptsächlich aus Foydka-Flaschen.« Seine Hände zitterten heftiger, aber es war nichts gegen das Beben von Laryssas Knien. »Normalerweise würde ein Kapitän nun darauf bestehen, dass du ihm deine Dankbarkeit erweist…« Er schaute kurz ihren Busen an, dann schüttelte er den Kopf. »Aber darauf verzichten wir wohl lieber, denn…«, er räusperte sich, »der Kampf hat auch mich mitgenommen. Ich fürchte, ich bin nicht ganz beieinander.«
    »Sehr wohl, Kapitän.« Laryssa deutete eine Verbeugung an und zog sich zur Tür zurück. Sie gab sich alle Mühe, das gerahmte Patent zu übersehen, doch auch dies, das wusste sie, war nur ein Zeichen von Paranoia.
    Als sie die an Deck führende Tür öffnete, stellte sie überrascht fest, dass draußen absolute Windstille herrschte.
    Dann wäre sie beinahe mit dem Zweiten Offizier zusammengeprallt, der plötzlich vor ihr aufragte und aufgeregt meldete, der Ausguck habe am Horizont eine Rauchfahne gesichtet.
    War es das Dampfschiff, das Orland erwartete?
    ***
    Das monotone Stampfen der Maschinen in den Eingeweiden der Genosse Troozki hatte verhindert, dass der muskulöse Mann mit der fast weißen Haarmähne Schlaf fand.
    Er stand seit einigen Minuten in relativer Windstille an der metallenen Heckreling des Schaufelraddampfers, mit dem er und sein Gefährte vor über zwei Wochen aus Nydda ausgelaufen waren, und schaute zu den Sternen auf, über die er allerdings mehr wusste als neunundneunzig Prozent der in diesen Zeiten auf der Erde lebenden Menschen.
    Dass er sie nicht für kleine Lichter hielt, die Wudan am Himmelszelt aufgehängt hatte, damit einsame Reiter und Schiffer auch in den Nachtstunden ihren Weg fanden, hatte er Menschen zu verdanken, die im
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