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0908 - Das Golem-Trio

0908 - Das Golem-Trio

Titel: 0908 - Das Golem-Trio
Autoren: Jason Dark
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hinter sich geschlossen, da wurde ihr schon bewußt, wie allein sie war.
    Jane Collins lebte jetzt schon relativ lange bei ihr, und Sarah hatte immer das beruhigende Gefühl, daß sich außer ihr noch jemand im Haus befand und sie nicht allein war.
    Dieses Gefühl war jetzt nicht vorhanden, und deshalb kam ihr auch die Stille anders vor. Sarah fühlte sich verlassen. Sie mußte halt die paar Tage allein verbringen, allein durchstehen.
    »Ich bin eine verrückte, alte Tante!« schimpfte sie sich selbst aus, als sie die Küche betrat. Sie setzte Wasser auf, um Tee zu kochen. »Wirklich eine alte Tante.« Sie schüttelte über sich selbst den Kopf und redete sich ein, daß sie nicht das Recht hatte, in Janes Leben herumzupfuschen.
    Mein Gott, Jane war jung und aktiv. Sie mußte etwas unternehmen, wenn Aufträge ausblieben oder sie nicht einem Mann namens John Sinclair zur Seite stand. Da war es ganz natürlich, wenn sie eine derartige Einladung zu einer Vortragsreihe annahm.
    »Du bist wirklich eine egoistische alte Gans, Sarah!«
    Wo sie wohl sein mag? überlegte sie einen Moment später und ärgerte sich wieder über sich selbst.
    Dafür wurde sie abgelenkt, als das Teewasser heiß war. Eine Frau wie Sarah Goldwyn bereitete den Tee noch nach einem alten Zeremoniell zu. Sie hängte keine Beutel mit billigem Verschnitt in die Kanne, sondern holte den Darjeeling löffelweise aus der Dose und füllte ihn in die Kanne.
    Danach goß sie behutsam das Wasser darüber, das genau die richtige Temperatur hatte, und sie würde den Tee eine gewisse Weile ziehen lassen, bis er sein volles Aroma entfaltet hatte.
    Das gehörte eben dazu, das mußte so sein, und sie ging davon nicht ab.
    Es dauerte einige Minuten. Inzwischen holte sie eine Tasse nebst Untertasse aus dem Schrank und stellte beide auf den Tisch, da sie sich entschlossen hatte, den Tee in der Küche zu trinken. Bis der Tee fertig war, wollte sie aus dem Fenster in den Vorgarten schauen. Der Winter war lang genug gewesen, die Menschen lechzten nach dem Frühling, den Sonnenstrahlen, und auch die Horror-Oma bildete da keine Ausnahme.
    Sie schaute einmal hin.
    Danach ein zweites Mal.
    Beim ersten Hinschauen hatte sie schon gestutzt, beim zweiten noch stärker, denn nun sah sie, daß sie sich nicht geirrt hatte. In ihrem Vorgarten tat sich tatsächlich etwas, was sie sich im ersten Augenblick nicht erklären konnte.
    Ungefähr in der Mitte des Gartens, zwischen zwei Strauchreihen, bewegte sich die Erde!
    Der Wind konnte nicht dafür verantwortlich sein, denn es gab keinen Wind. Hätte es ihn gegeben, dann hätten sich auch die dünnen Zweige bewegen müssen, das aber war nicht der Fall. Sarah Goldwyn spürte einen Kloß im Hals, dessen Existenz sie sich auch nicht erklären konnte.
    Sie ahnte, daß sich etwas ereignete, für das es keine normale Erklärung gab, denn es blieb nicht allein bei den Bewegungen der oberen Erdschicht.
    Auch in der Tiefe tat sich etwas. Die Erde wölbte sich genau dort auf, wo die Erdkrummen kreisten.
    Die Horror-Oma schluckte. Sie war einiges gewohnt, sie konnte auch vieles einstecken, was sie aber nun sah, das war verflixt hart, denn es sah so aus, als wollten aus der Tiefe ihres Gartens lebende Leichen ans Tageslicht steigen, wo Menschenopfer auf sie warteten.
    Der Erdhügel wuchs und wuchs. Einiges, was sich bisher im Gartenboden verborgen hatte, wurde ebenfalls ans Tageslicht befördert.
    Pflanzenreste und Stiele, Blumenzwiebeln, Zigarettenkippen, bei denen die Filter deutlich zu erkennen waren, kleine Käfer, Erdspinnen, zwei winzige Mäuse, all dies kam zum Vorschein, ebenso wie das Papier das der Gärtner vor einigen Tagen im Garten vergraben hatte.
    Lady Sarah tat nichts. Sie dachte nicht mehr an ihren Tee. Sie konnte nur durch das Fenster schauen. Ihr Garten war zu einer Zone des Schreckens geworden. Aus dem Erdreich bildete sich etwas neues, eine Säule aus Dreck und Lehm, die größer wurde und auf einmal die Gestalt eines Menschen annahm.
    Der Kopf, der Körper, die Arme und Beine. Lady Sarah merkte, wie sie innerlich vereiste. Sie wollte nicht glauben, was sie da sah. Sie sprach mit sich selbst, während die Gestalt, einem Golem gleich, sogar Finger bekam.
    Die Gestalt schüttelte sich.
    Im Gesicht bewegte sich etwas. Sie hatte den Mund aufgerissen. Zähne waren nicht zu erkennen, nur ein finsterer Schlund, in den Sarah hineinschauen konnte.
    Ohne es zu merken, war sie einen Schritt von der Fensterbank zurückgetreten. Ihr Herz schlug
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