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0903 - Nächte der Angst

0903 - Nächte der Angst

Titel: 0903 - Nächte der Angst
Autoren: Jason Dark
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trotzdem nicht davon lösen. Sie schaffte es einfach nicht, den Hörer wieder aufzulegen und hielt ihn weiterhin an ihr Ohr gepreßt. Lou fragte auch danach, ob sie einen BH trug, und sie verneinte.
    »Das habe ich mir gedacht, kleine Vera. Es wäre auch Verschwendung, wenn du ihn tragen würdest. Deine Brüste brauchen ihn nicht. Sie sind so herrlich. Erinnerst du dich, als ich sie zum erstenmal gestreichelt habe? Kannst du dich daran erinnern?«
    »Ja, natürlich.«
    »War es gut?«
    »Weiß nicht mehr.«
    »Doch, es war gut. Du hast es genossen. Du hast immer alles genossen, wenn du mit mir zusammen warst.«
    »Ja, ja, ja!« schrie sie plötzlich los. »Ich habe es genossen, ich habe es genossen.« Vera legte den Kopf zurück und schluchzte auf. Sie hatte nicht vorgehabt, sich von diesem Menschen derartig demütigen zu lassen, aber sie konnte nicht dagegen an. Selbst am Telefon ging von ihm eine hypnotische Macht aus.
    Lou wartete so lange, bis sie sich wieder gefangen hatte. Seine Stimme klang dann sehr nüchtern, als er fragte: »Denkst du auch an mich, kleine Vera?«
    »Manchmal.«
    »Ahhh - das ist zuwenig. Du sollst nicht nur manchmal an mich denken, sondern immer.«
    Vera schluckte. »Das kann ich doch nicht. Ich muß mich auch auf meine Arbeit konzentrieren.«
    »Und auf Alex?«
    »Ja, auf ihn auch.«
    »Oh, du machst einen Fehler, kleine Vera.« Er lachte leise. »Wer ist schon Alex Preston?«
    »Mein Verlobter.«
    »Ach ja? Das sagst du so. Ich bin gespannt, wie lange Alex noch dein Verlobter bleiben wird. Seine Zeit ist vorbei, Vera. Es gibt ihn nicht mehr, deinen Alex!«
    »Wie meinst du das?«
    »Er ist so gut wie tot. Ja, Vera, du kannst es mir glauben. Dein Alex ist so gut wie tot. Das sage ich nicht nur so, das ist so. Du kannst dich darauf verlassen. Es wird ihn nicht mehr geben. Es geht bald nur noch um ums. Das habe ich dir doch gesagt, als wir zusammen im Bett lagen und du einfach nicht genug haben konntest.«
    »Dafür schäme ich mich auch.«
    »Das brauchst du nicht. Es war normal, es ist immer normal, wenn ich meine Hände im Spiel habe.«
    Für diese Antwort haßte sie ihn. Diese fürchterliche Arroganz. Er war so beherrschend, so widerlich, er machte mit ihr, was er wollte. Nur mit ihr? Es hatte sich nicht so angehört. Rücksichtslos setzte er sich über alle moralischen Grenzen hinweg. Er war ein menschliches Schwein, ein Stück Dreck. Sie hätte ihn, mein Gott, sie hätte ihn am liebsten - aber sie konnte es einfach nicht.
    »Du bleibst doch zu Hause - oder?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich rede von der folgenden Nacht.«
    »Ja, ich werde gleich zu Bett gehen.«
    »Allein?«
    »Was soll das?«
    »Kommt Alex nicht?«
    »Er hat mir nichts gesagt.«
    »Ja, ja«, stöhnte der Anrufer. »Dein Alex, dein lieber Alex. Er tut mir leid, denn er ist tot, doch er weiß es noch nicht.«
    »Sag nicht so etwas!«
    »Ich lüge nicht. Gute Nacht, kleine Vera…« Er legte auf und ließ eine Frau zurück, die nicht wußte, was sie tun sollte. Sie merkte erst nach einer Weile, daß sie den Hörer noch immer festhielt, und sie spürte auch den Schweiß, der wie ein kalter Bach an ihrem Rücken entlangfloß. Als sie auflegte, da kam es ihr vor, als würde sie neben sich stehen. Wie jemand, der seinen Körper verlassen hat und ihn aus einer gewissen Entfernung betrachtete.
    Endlich legte sie auf. Sie stützte sich dabei auf das Telefon und blies ihren Atem gegen das Gehäuse. Noch immer schlug ihr Herz überlaut; der Schweiß klebte auf ihrem Körper, sie sehnte sich nach einer Dusche, deren Wasser nicht nur den Körper reinigen sollte, sondern auch ihre Seele, denn sie fühlte sich beschmutzt. Diese obszönen Worte, die man ihr gesagt hatte, waren einfach zuviel für sie gewesen. Aber so war Lou Ryan eben. Er ging damit lässig um, als wären es die normalsten Dinge der Welt. Er sagte ihr alle Bosheiten so brutal ins Gesicht. Er konnte mit Worten streicheln und peitschen, er konnte Vera loben und erniedrigen, und sie ließ sich das alles gefallen.
    Sie kannte ihn seit einer Woche. Da war er in ihr kleines Büro hinter der Kirche gekommen, hatte sie nur angeschaut, und sie war unter seinem Blick regelrecht dahingeschmolzen. Er hatte sie mit den Augen ausgezogen und ihr versprochen, daß er wiederkommen würde. Und er war wiedergekommen. Er hatte sie mitgenommen, sie war ihm gefolgt, und sie hatten miteinander geredet. Sie hatte ihm von Alex berichtet, von ihrem Verlobten, der so anders war, so menschlich
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