Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0897 - Monster-Maar

0897 - Monster-Maar

Titel: 0897 - Monster-Maar
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
Nähe, oder doch Tausende von Kiloimetern entlernt!
    Zamorra streckte den Arm aus und stützte sich an einer Hauswand ab, schloss die Augen. Das Amulett auf seiner Brust hatte sich urplötzlich erwärmt, und all seine Sinne waren bis zum Äußersten angespannt. Seine Finger berührten den rauen Verputz der Wand, und es war, als reibe sein ganzer Körper über eine bucklige, spitze Oberfläche. Kühler Nachtwind strich um seinen Kopf und wehte durch sein Haar, und dem Professor war, als schlüge ihm ein Orkan um die Ohren. Er und seine Begleiterin kehrten gerade von einem kleinen Abendspaziergang über das Gambrinusfest zurück, einem just in diesen Tagen stattfindenden Ortsfest in Mendig; der Lärm der Feiernden drang von weitem an sein Ohr, und war doch lauter und klarer, als er ertragen konnte. Zamorra stöhnte, so schwer lasteten die Eindrücke auf ihm.
    »Bis du in Ordnung, Chef?«
    Nicole. Sie war einige Schritte vor ihm gegangen und musste bemerkt haben, dass er stehen geblieben war.
    Dann war ihre Hand da. Sanft packte sie ihn am Arm, stützte ihn, und doch wirkte ihre Berührung ungewollt stark und war beinahe zu viel für ihn.
    Dann war der Spuk vorbei; so schnell, wie er gekommen war.
    Zamorra richtete sich langsam auf und zog tief die kühle Nachtluft durch Mund und Nase. Der Wind spielte mit seinem Hemd, und dieselbe kühle Brise, die noch vor Momenten Ursache großen Schmerzes gewesen war, kam ihm nun vor wie eine Erlösung. Wie eine Erholung, für die er unglaublich dankbar war.
    »Chef«, wiederholte Nicole. Ihre Stimme klang jetzt dringender, deutlich besorgt.
    »Alles in Ordnung«, sagte er und bemühte sich, nicht allzu sehr zu keuchen. »Merlins Stern hat sich nur gerade gemeldet. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber es würde mich nicht wundern, wenn es mit dieser Region zu tun hat.«
    »Willkommen in der Eifel«, murmelte Nicole leise, dann schlang sie ihren Arm um den Professor. Gemeinsam gingen sie zurück zum Hotel.
    ***
    Stunden später. Helle Lichtblitze zuckten durch das Dunkel, drangen durch seine Lider und rissen ihn aus dem Schlaf. Zamorra atmete tief durch die Nase ein, dann öffnete er die Augen. Auf der Zimmerdecke des Raumes, den er und Nicole sich im Gasthaus Zur Krone teilten, tanzten bunte Formen und Farben um die Wette.
    Der Meister des Übersinnlichen blickte auf die Uhr auf dem Nachttisch -kurz nach fünf -, und sah dann zur Seite. Nicole schlief tief und fest unter dem weißen Laken, ihr Oberkörper hob und senkte sich gleichmäßig im Rhythmus ihrer Atemzüge. Sie schnarchte leise, wie so oft, wenn sie am Abend Bier getrunken hatte. Vorsichtig zog er seinen Arm unter ihr hervor, dann richtete er sich langsam auf und erhob sich, was das alte Doppelbett mit einem leisen Knarzen quittierte. Zamorra hielt inne, doch Nicole schlief einfach weiter.
    Auf Zehenspitzen schritt er zum Fenster, schob die dunkelbraunen, schweren Stoffvorhänge einen Spalt zur Seite und blickte durch die weißen Gardinen hinaus. Auf der schmalen Straße vor dem Hotel hielt ein Krankenwagen; seine Sirene war abgeschaltet, aber das Blaulicht auf seinem Dach verwandelte die noch im Zwielicht des frühen Morgens ruhende Häuserwand gegenüber in das reinste Kaleidoskop von Farben. Zamorra sah, wie zwei Sanitäter aus dem Heck des Wagens stiegen und eine Trage transportierten. Sie gingen in die Krone.
    Lautlos bewegte er sich zu dem altmodischen Sitzmöbel in der Zimmerecke, auf dem er gestern Abend seine Kleidung deponiert hatte, und schlüpfte in Schuhe, Hemd und Hose. Mit einem letzten Blick auf Nicole verließ er den Raum.
    Als er die Treppe zum Erdgeschoss hinunter kam, sah er gerade noch, wie ihr Wirt hinter den Sanitätern die Tür schloss. Auch wenn Ulrich Lessbrück ihm den Rücken zuwandte, erkannte Zamorra an seiner gebeugten Körperhaltung, dem wild abstehenden Resthaar und den abgewetzten Hausschuhen, dass der Hotelier alles andere als freiwillig zu so früher Stunde auf den Beinen war. Lessbrücks Linke ruhte noch auf der Türklinke, mit der rechten Hand stützte er sich am Rahmen ab.
    »Herr Lessbrück?«, fragte Zamorra leise, um den Mann nicht zu erschrecken. »Kann ich vielleicht helfen?«
    Der stämmige Wirt drehte sich herum - und sein Gesicht sprach Bände. Schwere Augenringe zeichneten dunkle Halbkreise auf seine Züge, seine Stirn lag in tiefen Falten und seine Mundwinkel zuckten nervös. Das weiße Hemd steckte nur halb in der dunklen Hose und war noch dazu falsch geknöpft. Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher