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0867 - Emily

0867 - Emily

Titel: 0867 - Emily
Autoren: Jason Dark
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sollte Am anderen Morgen würde sie dann wieder zurückgebracht werden. Das aber schafften ihre Eltern nicht.
    Mitten in der Nacht war Emily aufgestanden.
    Von nun an wurde ihr Traum grell und grausam. Die Farben der Bilder schnitten in ihre Augen. Sie fühlte selbst im Schlaf den ungeheuren Druck, sie stöhnte leise, sie mußte unter dem Alptraum leiden, aber sie mußte ihn auch bis zum Ende durchträumen.
    Sie sah sich selbst, und sie sah auch, daß ihre Gestalt in ein grelles Licht getaucht war. So intensiv, daß sie nur die vorgestreckten Arme sehen konnte und natürlich ihre Hände. Die hatte sie in die Griffe einer Heckenschere geschoben.
    Mit dieser Waffe war sie auf dem Weg zum Schlafzimmer der Eltern. Sie öffnete die Tür. Ihre Eltern schliefen. Emily ging auf das Bett der Mutter zu, die Schere trug sie vor sich her. Die beiden Schenkel bildeten ein weit geöffnetes Maul.
    Neben dem Bett blieb sie stehen. Noch weiter öffnete sie die Schere. Ja, das war gut so. Ideal…
    »Jetzt wirst du mich nicht mehr ärgern und hassen können, Mutter. Jetzt nicht mehr…«
    Schnipp… schnipp… schnipp…
    Das kalte und harte Geräusch schnitt grell durch ihre Träume. Es war wie immer, sie wurde plötzlich aus dem Schlaf und dem tiefen Alptraum hervorgerissen. Es war das reine Grauen gewesen, für Emily in der betreffenden Nacht jedoch ein Fest.
    Ein Blutfest…
    Sie schrie!
    Sie erwachte!
    Wie immer saß sie schweißgebadet in ihrem Bett und stand noch unter dem Eindruck des grauenvollen und immer wiederkehrenden Traums. Aber sie hatte es geschafft, und sie hatte eine schreckliche Drohung in die Tat umgesetzt.
    Ein Anfang war gemacht worden…
    ***
    Es gab noch jemand, der schweißnaß erwachte. Allerdings nicht in Paris oder Umgebung, sondern weiter entfernt, in London, der Millionenstadt an der Themse.
    Es war ein junger Mann mit braunen Haaren und braunen Augen. Von Beruf Lektor in einem Verlag, ein harmloser Mensch, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Sein Name: Barry F. Bracht.
    Er war überall beliebt wegen seiner Freundlichkeit und seines Humors. Zudem konnte er so herrlich lachen.
    An diesem schwülen Morgen kündigte ein fernes Grollen ein Gewitter, also Abkühlung an. Endlich!
    Bracht stand auf.
    Hose und Jacke seines Schlafanzugs klebten auf der Haut. Er brauchte unbedingt eine Dusche, dabei würde er auch seine Gedanken unter Kontrolle bekommen. Bracht mußte einfach nachdenken, denn in der vergangenen Nacht hatte es ihn wieder erwischt. Da war er wieder zu einem anderen geworden und hatte die menschliche Gestalt des Barry F. Bracht verlassen. Er war zu seinem zweiten Ich geworden, zu einer Traumfigur namens Zebulon, und er hatte in dieser Gestalt wieder einmal das Mädchen besucht.
    Emily hieß sie.
    Er wußte nicht einmal genau, wo sie lebte. In Frankreich schon, aber er kannte den genauen Ort nicht. Er hatte nur immer wieder ihre Strömungen gespürt, die ihn erreichten wie sensible Schwingungen, und er hatte auch als Zebulon mit ihr gesprochen.
    Es war wieder ein großes, ein ungewöhnliches Erlebnis gewesen, und als Barry F. Bracht hatte er es in seinem Hirn gespeichert. Während er sich duschte, dachte er über das Erlebnis nach. Er holte es Stück für Stück zurück, und er erinnert sich noch an die Worte, die zwischen ihm und Emily gewechselt worden waren.
    Sie hatte wieder getötet. Sie hatte die Figur einfach verschwinden lassen, weil sie nicht wollte, daß sie weiterlebte. So einfach war das für sie gewesen, und Barry F. Bracht kriegte eine leichte Gänsehaut, als er darüber nachdachte.
    Emily war gefährlich. Nicht nur für ihre Figuren, sondern auch für die Zeugen, die Absaloms Verschwinden mit hatten ansehen müssen. Zwei Männer und eine Frau.
    Besondere Männer, eine besondere Frau…
    Bracht war sich nicht hundertprozentig sicher, aber schon in seiner anderen Gestalt war ihm ein Gedanke gekommen, der ihn auch jetzt nicht loslassen wollte.
    Barry F. Bracht glaubte, die drei Personen zu kennen, war sich aber nicht sicher und mußte sich Gewißheit verschaffen. Er stieg aus der Duschwanne. Wie traumverloren griff er nach dem langen, flauschigen Badetuch und hüllte sich darin ein. Der Stoff hatte die Wärme der Wohnung angenommen, was ihm auch nicht gefiel, aber er rieb sich trotzdem ab, mit den Gedanken noch immer in der vergangenen Nacht.
    Lange hatte er von John Sinclair und seinen Freunden nichts mehr gehört. Zum letzten Mal nach einem gefährlichen Abenteuer in der
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