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0849 - Schattengesicht

0849 - Schattengesicht

Titel: 0849 - Schattengesicht
Autoren: Jason Dark
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habe. Das kann ich noch nicht begreifen, ebensowenig wie unsere zweite Begegnung, die wir gehabt haben, als ich dich in einem gläsernen Sarg liegen sah, umringt von bösartigen Gestalten, von Zwergen, die auf den Befehl deines Vaters hören. Das alles habe ich mitbekommen, und ich habe natürlich darüber gerätselt, ob man eine Tote so unbeschädigt aus dem Wasser geholt hat. Ich bin mir auch jetzt nicht sicher. Ich weiß nur, daß ich dich habe fallen sehen, daß ich dich nicht retten konnte und ich mir deshalb deinen Vater zum Todfeind gemacht habe.«
    Erica hatte zugehört, ohne mich zu unterbrechen. Ihre Hände lagen auf einander, die Arme hatte sie nach vorn gestreckt, und in ihrem puppenhaften Gesicht bewegte sich kaum etwas, als sie sprach.
    »Mein Vater hat dich geholt, um mich zu retten?«
    »So war es.«
    »Das glaube ich nicht!«
    Über- diese spontane Antwort wunderte ich mich schon. »Du glaubst es mir nicht?«
    »Ja.«
    »Aber du bist seine Tochter. Auch wenn ich es nicht begreife, ich muß es glauben.«
    »Tochter«, murmelte sie und winkte ab. »Ja, ich bin die Tochter eines Vaters und gleichzeitig die Tochter einer Legende. Ich bin eben völlig anders, und ich weiß auch, daß sich mein Vater immer eine Tochter gewünscht hat. So bin ich dann irgendwann und irgendwo geboren worden, wobei mich weder mein Vater noch meine unbekannte Mutter haben wollten. Man gab mich ab, ich wuchs bei fremden, aber lieben Leuten auf und hörte erst Jahre später von meinem richtigen Schicksal. Ich bin über dieses Trauma nie hinweggekommen. Vielleicht bin ich deshalb Schriftstellerin geworden. Ich habe meine Adoptiveltern sehr früh verlassen und mir das Haus auf den Klippen gesucht. Ich fand auch Freunde, die findet man in dieser Branche schnell, und sie sind auch ebenso schnell wieder vergessen. Meine Einladungen waren die Highlights des Sommers hier, doch ich merkte, je mehr Zeit verging, daß ich nicht so war wie die anderen Menschen. Ich zog mich deshalb von ihnen zurück, ich schrieb, und ich schrieb auch mein Leben nieder, das keinen Sinn mehr hatte. Ich habe immer versucht, meine richtigen Eltern zu finden, sie aber hielten sich zurück. Meine Mutter kenne ich bis heute noch nicht, aber ich weiß, wer mein Vater ist, und ich frage mich, ob er ein Mensch ist? Du hast ihn kennengelernt. Ist er ein Mensch?«
    »Er sieht so aus.«
    »Ja, er sieht so aus.« Sie lächelte. »Aber er ist ein Teil dieses Landes, er ist der Herr der Legenden. In einer Geschichte wird erzählt, daß er vor langer, langer Zeit einmal hergekommen ist, um die Zeit zu begreifen. Er ist eine Person gewesen, die die Zeit überwinden wollte, und er hat, aus welchen Gründen auch immer, etwas bekommen, das ihm half. Es war ein Metronom. Es befindet sich in seinem Besitz. Durch dieses Gerät kann er die Zeiten überwinden. Er lebt nicht tatsächlich hier. Mein Vater befindet sich in einer anderen Welt, in einem anderen Reich, vielleicht im Reich der Träume, aber er kann es schaffen, dieses Reich zu verlassen, eben durch das magische Metronom.«
    Bei mir im Kopf schloß sich die Verbindung. Hatte mir Zacharias nicht davon berichtet, daß er durch einen gewissen Zebulon alias Barry F. Bracht auf mich aufmerksam geworden war. Beide mußten sich getroffen haben. Dann war es Bracht gelungen, während seiner Träume zu den Herrn der Legenden vorzudringen.
    »Warum hat er dich nicht retten können, wenn er doch so mächtig ist, wie du sagtest?«
    »Ich kenne mich nicht aus, John Sinclair. Er wird seine Gründe gehabt haben.«
    »Sicher, das schon. Nur habe ich versagt, da bin ich ehrlich. Ich sehe dich noch in die Tiefe springen. Ich sehe, wie du aufgeprallt bist. Du darfst gar nicht so vor mir stehen, wie es der Fall ist. Du hättest zerschmettert sein müssen. Ich hätte dich auch nicht im Sarg liegen sehen dürfen, aber ist das wirklich geschehen? Sag es mir!«
    »Ich kann nicht sterben.«
    »Wie bitte?«
    »Es ist mir unmöglich, John Sinclair. Ich habe es immer wieder versucht, denn ich spürte, daß die Sehnsucht nach dem Tod in mir immer größer wurde. Ich habe Versuche unternommen, ich kann mich nicht umbringen, ich bin unsterblich, ich bin eine Legende.«
    Ich schwieg, denn diese Worte mußte ich zunächst einmal verdauen. So einfach war das auch für einen Menschen wie mich nicht, obwohl ich schon die unwahrscheinlichsten Dinge erlebt habe.
    Sicherheitshalber fragte ich noch einmal nach. »Habe ich richtig gehört, Erica, du kannst nicht
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