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0836 - Das Puppenmonster

0836 - Das Puppenmonster

Titel: 0836 - Das Puppenmonster
Autoren: Jason Dark
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die Leona erhalten hatte.
    Sie zog ihren Mantel aus und hängte ihn zu den anderen Kleidungsstücken an die Gittergarderobe.
    Daneben hing der Spiegel. Ihn mußte sie passieren, wenn sie in den Wohnraum wollte, wo sich auch ihre gut bestückte Hausbar befand.
    Diesmal ging sie nicht vorbei. Vor dem Spiegel stoppte sie. Wegen seiner Größe konnte sie sich ganz darin betrachten. Sie sah das grüne Samtkleid, das sich um ihre üppige Figur gelegt hatte.
    Deutlich zeichneten sich die beiden Brusthügel ab, der Schwung der Hüften ebenfalls, und Leona dachte daran, daß es wieder einmal Zeit war, abzunehmen. Das hätte Sam nicht gefallen, er liebte Frauen, an denen etwas ›daran‹ war.
    Im Ausschnitt des Kleids schimmerten zwei hellgrüne Perlenketten, und sie trug dazu passende Ohrringe. Auf ihren Mund mit den vollen, weichen Lippen war sie immer stolz gewesen. Nun allerdings verzog sie ihn zu einem gequält wirkenden Lächeln, als sie ihre Falten zählte.
    Das Jahr war gerade zwei Tage alt, doch sie hatte das Gefühl, seit Silvester schon wieder gealtert zu sein. Waren da nicht ein paar Falten hinzugekommen? Es konnte durchaus sein, und sie fand sich plötzlich häßlich. Ihre Haut war alt geworden, was auch am Scheinwerferlicht liegen konnte, dem sie ständig ausgesetzt war.
    Sie strich mit den Fingern durch ihr Gesicht, als könnten die Fältchen so verschwinden. Sie taten es nicht. Nun kritisierte sie überall. Sie fand ihre Nase zu lang, und auch die leicht nach außen gebogenen Nasenlöcher gefielen ihr überhaupt nicht. Selbst die dunklen Augen, auf die sie immer stolz gewesen war, paßten ihr heute nicht in den Kram. Es mochte auch an den Brauen liegen, die mittlerweile zu dick geworden waren und sie an zwei Bögen erinnerten, die ihre Augen beschützen sollten.
    Aber die Falten hatten damit nichts zu tun. Sie wirkten wie mit einem Messer eingraviert und zeugten davon, daß Leona die Feiern der letzten Tage noch nicht ganz überwunden hatte.
    Morgen, wenn die Sendung lief, würde sie anders aussehen. Davon konnte sie ausgehen. Dafür würde schon der Maskenbildner sorgen.
    Sie streckte sich zum Schluß selbst die Zunge raus. Das dabei entstehende Bild wiederum brachte sie zum Lachen. Zugleich quäkte eine Stimme durch den Flur. »Du bist noch schön genug, Leona. Nimm es nicht immer so streng - hi, hi, hi…«
    So sprach Ivy durch sie, und Leona war eine gute Bauchrednerin, sie kannte keine bessere.
    Früher hatte sie die Gäste auf den Jahrmärkten mit ihrer Kunst fasziniert. Das wäre auch so geblieben, wäre nicht das Angebot des TV-Senders gekommen, es mit einer eigenen Sendung zu versuchen.
    Sie wandte sich nach links und strich dabei mit der Hand gedankenverloren über den Kopf einer hüfthohen nackten Frauenplastik, die ihr ein befreundeter Künstler zum dreißigjährigen Geburtstag geschenkt hatte. Mein Gott, das ist auch schon wieder fünf Jahre her, dachte sie und schüttelte dabei den Kopf.
    Die Dämmerung kroch über die Stadt. Der vor dem Jahreswechsel gefallene Schnee war getaut und später von heftigen Regenschauern abgelöst worden. Es war wieder zu ersten Überschwemmungen gekommen, und jetzt war es mal wieder zu warm für die Jahreszeit.
    Der vor ihr liegende Raum war groß. Darauf hatte sie auch Wert gelegt, und ebenfalls auf ein großes Fenster, denn Leona schaute gern aus ihrem Lieblingssessel über die Dächer und Bäume hinweg.
    Die Bauchrednerin hatte sich für eine zweckmäßige Einrichtung entschieden. Dazu gehörte die sandfarbene Couch mit dem Veloursbezug, die hellen Regalmöbel und die dann als Farbkleckser ausgesuchten bunten Lampen, deren Licht so wunderbar weich war.
    Die Bar war in einem Globus aus poliertem Metall untergebracht. Leona brauchte nur die Nordhälfte abzuheben, um an die Schätze zu gelangen, die sie begehrte.
    Sie tat es, lächelte, suchte unter den verschiedenen Flaschen eine aus. Keinen Cognac heute, sondern einen herrlichen weichen Malzwhisky, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte.
    Die Frau genehmigte sich einen Doppelstöckigen. Natürlich trank sie ihn ohne Eis, und sie wollte ihn auf keinen Fall verdünnen. Während sie das Glas hob, drehte sie sich von der Kugel weg, so daß ihr Blick auf die Couch und ihren knallroten Lieblingssessel aus Leder fiel, dessen Polster von einem Chromgestell umrahmt wurde.
    Einen Schluck nahm sie.
    Dann sank ihre Hand nach unten.
    Die Augen weiteten sich und erinnerten plötzlich an große, dunkle Perlen.
    Himmel, das
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