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0831 - Leichen frei Haus

0831 - Leichen frei Haus

Titel: 0831 - Leichen frei Haus
Autoren: Jason Dark
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interessierte. Er starrte mich mit seinen kalten Augen an, hielt die Lippen zusammengepreßt und beobachtete meine linke Hand, denn mit ihr holte ich meinen Ausweis hervor. »Damit alles seine Richtigkeit hat, Mr. Unbekannt, wir sind von der Polizei. Scotland Yard.«
    Der Glatzkopf reagierte für meinen Geschmack komisch, denn er nickte, und er schien sogar erleichtert darüber zu sein, Polizisten vor sich zu haben.
    Suko trat von hinten an ihn heran und tastete ihn ab. Mein Freund pfiff durch die Zähen, als er aus einer Manteltasche eine Waffe hervorholte, die zumindest ungewöhnlich war. Im kalten Mondlicht schimmerte die Klinge eines leicht gebogenen, schmalen und höllisch scharfen Samurai-Schwerts.
    »Was haben wir denn da?« fragte Suko leise. »Wollen Sie auf Rachetour gehen und die Pfründe des Kaisers verteidigen?«
    Der Glatzkopf schwieg.
    Suko hatte sich neben ihn gestellt. Er fuhr mit der flachen Seite des Schwerts an der Kehle des Mannes entlang, drehte die Waffe dann und schnitt den Mantel auf.
    »Verdammt scharf«, kommentierte er, als er wieder zurückging. »Das wirft einige Fragen auf, ebenso wie das Stehlen der Leiche.«
    Der Glatzkopf hatte bisher geschwiegen. Plötzlich sprudelte es aus ihm hervor. Er sprach Suko an, der wohl kaum ein Wort von dem verstand, aber Freundlichkeiten waren es nicht, die ihm da akustisch um die Ohren geschleudert wurden.
    Wir brauchten keine Pessimisten zu sein, um zu wissen, daß dieser Fall noch längst nicht ausgestanden war. Hier war ein Anfang gemacht worden, wir hatten eine Spur aufgenommen und durften den Faden auf keinen Fall verlieren.
    Ich hatte mich entschlossen, in dieser kalten Winternacht ein erstes Verhör durchzuführen. Wenn sie erst einmal Zeit bekamen, nachzudenken, lagen die Dinge schon wieder anders. Da waren sie sicherer geworden, und die Macht, die hinter ihnen stand, würde ihnen bestimmt beste Anwälte besorgen.
    »Okay«, sagte ich, »wir haben alles beobachtet und möchten natürlich gern wissen, weshalb ihr den Sarg aus dem Grab ausgebuddelt habt.« Meine nächsten Worte begleitete ich mit einem schiefen Grinsen. »Wobei ich mir nicht vorstellen kann, daß ihr zu den Menschen gehört, die hobbymäßig Särge sammelt.«
    Der Glatzkopf hatte sich wieder beruhigt. Sein Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Sind Sie stumm?«
    Er hob die Schultern.
    Suko strich wieder mit dem Schwert an seinem Kinn entlang. »Es wäre aber besser, wenn du reden würdest, mein Junge. Ich kenne euren Ehrenkodex, ich weiß sehr gut, daß man euch bestraft, daß überall Verrat gewittert wird, aber in diesem Land können nur wir dich und deine Kumpane von der Yakuza schützen.« Der Japaner reagierte. Leider sprach er nicht, aber er atmete so heftig und schnuppernd durch die Nase ein, daß auch wir mißtrauisch wurden und es ihm nachtaten.
    Verdammt, da war was! Es strömte uns entgegen. Möglicherweise aus dem Grab, und es war ein Geruch, der Ekel in mir hochsteigen ließ.
    Leichengestank!
    ***
    Er und andere hatten diesen alten Friedhof als ihren Platz ausgesucht und sich so selten wie möglich an der Oberfläche blicken lassen. Sie hatten sich unter den Gräbern Höhlen gebaut und sie durch Gänge miteinander verbunden, denn nur so kamen sie an die Gräber und damit auch an die frischen Toten heran.
    Für sie war das kalte Fleisch der Leichen ein festlicher Genuß, denn sie brauchten es, um überleben zu können. Es war ihre Nahrung, und was einmal unter der Erde lag, das war auch vergessen und abgesunken in ein eigenes Reich.
    Das wiederum wurde hin und wieder von ihnen, den Leichenfressern, beherrscht, denn diese Ghouls, die schlimmste Abart unter den Dämonen, existierte zumeist im verborgenen, und sie lösten sich nur aus ihrer Welt, wenn es unbedingt sein mußte und sie sonst keine Nahrung mehr fanden. Es gab noch einen zweiten Grund. Wenn man sie störte, sprangen sie ebenfalls über ihren eigenen Schatten und verließen ihr finsteres Reich.
    Wie auch der Ghoul, dessen Nahrung man genommen hatte. Er war hungrig, er hatte auf die frische Leiche gewartet. Er existierte in einer dämonischen Freude darauf, den Sarg zerstören zu können, um an die Leiche heranzukommen. Der Gang war bereits gegraben und durch seinen eigenen Körperschleim glatt gemacht worden, so daß er durch diesen engen Tunnel gut hindurchkam. Es war vorbei.
    Man hatte den Sarg gestohlen.
    Man hatte ihm die Nahrung geraubt.
    Der Ghoul sann auf Rache!
    Er und seine widerlichen Artgenossen
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