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0809 - Mensch aus dem Nichts

Titel: 0809 - Mensch aus dem Nichts
Autoren: Unbekannt
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biologischen Mechanismus. Mein Verstand funktionierte wie stets.
    Jetzt aber merke ich, daß etwas geschieht. Ein zweiter Verstand scheint in meinem Kopf zu wohnen, als hätte ich zwei verschiedene Gehirne. Ein einziger Körper, von zwei verschiedenen Persönlichkeiten beherrscht?
    PANIK!
    Ganz ruhig bleiben! Nicht aufspringen, dies ist keine Lösung. In sich hineinhorchen, suchen, tasten, finden... ich muß mich zur Ruhe zwingen. Der andere schiebt sich aus irgendwelchen verborgenen Tiefen des Verstandes herauf. Ist ein Dialog möglich?
    Ich versuche es.
    DER ANDERE: Ich bin Abdel pu-man. Ich nenne mich Abd e! Puman. Wer bist du? Wir sind zusammen in einem Körper.
    ICH: Hubert Kelassny. Biologe. Ich bin eben aufgewacht und habe geschwommen.
    DER ANDERE: Deswegen ist mein Haar so feucht. Ich glaube, ich werde verrückt.
    Was hast du Mistkerl in meinem Körper zu suchen?
    Der Körper krümmt sich, federt zurück in die Embryonalhaltung. Der andere Verstand fürchtet sich und verbirgt seine Furcht - oder versucht es - hinter markigen Worten.
    Kelassny befiehlt den Muskeln bewußt, sich wieder zu strecken.
    Sein Bewußtsein neutralisiert die Impulse des anderen.
    Ein lautloser Kampf von fünf Sekunden Dauer wird schließlich von Kelassny gewonnen. Der Körper liegt endlich, vor Anstrengung schweißgebadet, wieder ausgestreckt.
    DER ANDERE: Na, schön, die Muskeln gehorchen dir, Kelassny. Dafür weiß ich, wo wir sind.
    Neugierig?
    ICH: Nicht besonders. Nur der Umstand, daß wir zu zweit in einem Körper sind, macht mir Sorge. Bist du ein Mutant oder so etwas?
    DER ANDERE: Nein. Ein Klasseastronom! Der beste in dieser Raumstation. Warst du es, der dieses furchtbare Bier getrunken hat?
    ICH: Bier? Welches Bier?
    Gedankliches Schweigen. Nur eine Art Hintergrundgeräusch war zu spüren. Die Unterhaltung der beiden Persönlichkeiten fand nicht in einzelnen Sätzen statt, sondern sehr viel schneller und mit viel höherer Informationsdichte ausgestattet.
    Es gab fast keine Redundanz, eine lückenlose Kette von Bildern, Bedeutungen, ineinander verketteten Fakten und Informationen wurde ausgetauscht. Die Verständigung war tief, schnell und total -und erschreckend in ihrer Deutlichkeit. Fast gleichzeitig spürten beide Persönlichkeiten diese Gefahr. Ein Hauch von Abwehr und Ekel schien durch die Überlegungen zu ziehen.
    Das Schweigen der Erkenntnis und des Schreckens ging vorüber.
    ICH: Du haßt Bier. Ich kann mich nicht erinnern, Bier getrunken zu haben. Also ...
    DER ANDERE: Dunkles Bier!
    ICH: Also gibt es noch jemanden zwischen uns. Ein Körper mit dreifachem Verstand.
    EIN ANDERER: Richtig. Hier bin ich, Chung Lo, Mechaniker. Ich habe dieses verdammte Bier getrunken. Ich hoffe, ihr prügelt mich nicht deswegen.
    Wieder ein Schweigen. Dann, als sich die drei Persönlichkeiten halbwegs miteinander abgefunden hatten ...
    EIN ANDERER: Wir sind vier. Es wird sich herausstellen, ob es zweckmäßig ist.
    Wir sollten wählen, wer zu schlafen und wer zu agieren hat. Übrigens, ich bin Pynther Aslinnen, Positroniker. Ich werde für uns die Station manipulieren. Ich kenne alles, was es auf diesem Gebiet gibt.
    Plötzlich füllten vier komplexe gedankliche Persönlichkeiten jenen imaginären Raum aus, den sie als den Sitz ihres Verstandes betrachteten. Jedes dieser Elemente trug unverwechselbar die Kennzeichen der gesamten Persönlichkeit, wie eine Eizelle oder eine überaus perfekte Beschreibung eines Menschen.
    Chung Lo: Begabt, aber zurückhaltend und zaudernd. Er schenkte niemandem sein Vertrauen, schon gar nicht den drei anderen, mit denen er zusammen zu existieren gezwungen wurde. Im Augenblick erfüllten ihn Abscheu und Furcht. Er war kontrollierbar, und sie würden jede seiner Reaktionen, nein, schon die Überlegungen und Reflexe, herumdrehen und begutachten, mit ihrer ätzenden Kritik vernichten. Schon jetzt baute er eine Sperre auf und hoffte, daß sie ihn schätzen würde. Jedenfalls würde er sich freiwillig den anderen drei Persönlichkeiten nicht anvertrauen.
    Abd el Puman: Er genoß es, der einzige zu sein, der allein herausgefunden hatte, wo sich dieser seltsame Verbund von einem Körper und vier Persönlichkeiten befand. Er wußte nicht im geringsten, welche Macht ihre mehrfache Persönlichkeit hierher gebracht hatte.
    In Wirklichkeit fürchtete sich Abd el vor der Erkenntnis und vor den Folgen, die diese merkwürdige Konstellation hervorrufen würde. Neurosen und Psychosen würden aufblühen, blitzschnell um sich
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