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0809 - Das Schlangenkreuz

0809 - Das Schlangenkreuz

Titel: 0809 - Das Schlangenkreuz
Autoren: Jason Dark
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heranführen sollte.
    Die Straße gab es noch heute, nur war sie nicht mehr so in Schuss wie damals. Die Teerdecke war an einigen Stellen aufgerissen. Da zeigten sich Spalten oder Mulden, auch Löcher, als wären aus der Tiefe Untiere emporgestiegen, die alles verschlingen wollten.
    Domingo blieb auf dieser Straße, die nach Westen führte und direkt in den Ball der Sonne hineinzulaufen schien. Der mächtige Körper hielt einen Teil des Himmels unter seiner Kontrolle, er ließ ihn leicht aufflammen, als wollte er die Luft dort verbrennen.
    Außer ihm war niemand unterwegs. Die Menschen mochten die Umgebung nicht mehr. Es hatte sich herumgesprochen, was mit der Kapelle geschehen war, die Angst hielt die Bewohner zurück, und viele unter ihnen beteten, dass die Zeiten des Schreckens vorbeigehen würden und alles wieder so wurde wie damals.
    Auch Domingo fuhr nicht eben mit einem guten Gefühl seinem Ziel entgegen. Sein Gesicht sah aus wie eine Maske. Die Lippen bildeten einen Strich, die Augen starrten nach vorn, und es entging ihm keine Bewegung rechts und links der schmalen Straße.
    Die Luft stand.
    Schwüle hing wie eine Decke über dem Land. Und windstill war es. In der Stille war nur das Geräusch des Motors zu hören und das Schmatzen der Reifen auf dem weichen Teer.
    Mücken und andere Insekten klatschten gegen die Scheibe, wo sie zerschmettert wurden. Der Pater schaltete die Wischer ein, doch der Erfolg war mehr als bescheiden. Die toten Insekten wurden zerquetscht und hinterließen Schmierstreifen.
    Je weiter er fuhr, umso einsamer wurde es. Auch die letzten Häuser oder Hütten waren verschwunden. Menschen wohnten nur zu bestimmten Zeiten darin. Oft genug standen sie monatelang verlassen da, dann waren die Bewohner auf den Baumwollfeldern, wo sie ihrer Saisonarbeit nachgingen und irgendwann einmal wieder zurückkehrten, wenn die Arbeit getan war und sie ihren Lohn erhalten hatten.
    Einsamkeit hatte Pater Domingo früher nichts ausgemacht. Seit jedoch die Church of Hearts die Kontrolle übernommen hatte, war alles anders geworden, da kam sich der Mann vor, als würde er sich durch Feindesland bewegen, und auch jetzt fragte er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er die anderen Männer an einem sicheren Ort getroffen hätte. Da er sein Versprechen auf keinen Fall brechen wollte, fuhr er weiter.
    Die Straße führte geradeaus auf die dunkle Wand zu, die sich im Hintergrund abhob. Aber noch darüber standen, vergleichbar mit vorsintflutlichen Ungeheuern, die Reste des Rummelplatzes. Die gewaltigen Gerüste, die Karussells, die Achterbahnen, eine verrottete Wasserbahn, in der sich noch Pfützen vom letzten Regen hielten, waren mittlerweile zu einem Paradies der Tiere geworden. Das war auch jetzt eine Welt für sich, in die sich niemand mehr hineintraute.
    Die Feuchtigkeit nahm zu. Erste Schwaden hatten sich gebildet. Es wehte kein Lüftchen, und der Pater war in Schweiß gebadet.
    Er fragte sich, ob es richtig war, noch einmal in die kleine Kapelle zu gehen. Er würde dort zum zweiten Mal sein persönliches Waterloo erleben, aber kneifen konnte und durfte er auch nicht. Er brauchte sein Kreuz, er liebte es, es war ein Geschenk eines bekannten und leider zu früh verstorbenen Bischofs gewesen, und es war für ihn immer ein großes Zeichen der Hoffnung gewesen.
    Auch die Church of Hearts sollte daran nichts ändern. Die Zeiten konnten noch so wechselvoll sein, das Kreuz würde schließlich siegen, so war es schon immer gewesen, und so würde es auch in Zukunft bleiben. Davon war der Pater überzeugt.
    Auch in der Nähe der Kapelle und seines eigenen kleinen Hauses hatte sich die Natur geraubtes Terrain zurückgeholt. Dschungel verdeckte teilweise die schmalen Bachläufe oder toten Wasserarme, die hier begannen und sich dann tiefer hinein in den Sumpf zogen, allerdings weg vom Rummelplatz.
    Domingo sah sein Haus, doch er fuhr weiter. Bis zur Kapelle war es nicht weit, er musste nur eine Baumgruppe umfahren, die einen dichten Wald bildete.
    Er rollte durch die Stille. Die lag wie ein dichter Kranz über dem Land, undsie hatte – so kam es ihm zumindest vor – die Natur unterdrückt.
    Es war einfach nichts mehr zu hören. Kein Tiergeschrei, auch nicht das aggressive Summen der Insekten, die Stille lastete wie Blei. Die Natur hielt den Atem an.
    Der Pater betrachtete die Vorderseite der Kapelle, als er den Jeep ausrollen ließ. Plötzlich lastete in seiner Kehle ein wahnsinniger Druck, der viel mit seiner
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