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0805 - Flucht von Intermezzo

Titel: 0805 - Flucht von Intermezzo
Autoren: Unbekannt
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Morgengrauen hatte Botho die Grenze schon weit hinter sich gelassen. Er war noch nie in seinem Leben so weit nach Osten vorgedrungen. Das Gelände sah anders aus, als er es sich vorgestellt hatte.
    Es war ihm berichtet worden, der Duonawe-Strom fließe durch eine weite, fruchtbare Ebene.
    Statt dessen sah er nur wild zerklüftetes Gebirge, das immer unwirtlicher wurde, je weiter er vordrang.
    Der Schild drückte ihm auf die Schultern. Es war ein sehr mühseliges Vorwärtskommen.
    Zudem war das Wetter nicht das beste. Die Wolken trieben rasch und niedrig dahin. Sprühregen durchnäßte den Rächer bis auf die Haut. Kaum daß sich die Sonne als ein Fleck, der ein wenig heller war als die Umgebung, über den Bergen abzeichnete, so daß Botho sich wenigstens orientieren konnte.
    Er brauchte drei Stunden statt einer, um den Fluß zu erreichen. Aber wenigstens war der Fluß ein Beweis dafür, daß er sich auf dem richtigen Weg befand.
    Er hatte sich den Strom breiter, ruhiger und majestätischer vorgestellt.
    In Wirklichkeit war es ein Gebirgsbach, dessen Wasser sprudelnd und rauschend über Klippen hüpften und in gischtenden Wasserfällen zu Tal schossen.
    Er suchte sich eine Stelle, an der er ohne Gefahr ans andere Ufer gelangen konnte. Von da an orientierte er sich am Lauf des Flusses. Mitunter, wenn die Duonawe sich über einen Felshang in die Tiefe stürzte, mußte er klettern.
    Mehr als einmal verfluchte er den Schild, der ihn an jeder Bewegung hinderte.
    Er hätte ihn weggeworfen, wenn er nicht ganz sicher gewesen wäre, daß er ihn heute noch brauchen würde, um sein Leben zu verteidigen.
    Gegen Mittag kam er an eine Stelle, an der das schluchtähnliche Tal des Flusses sich plötzlich erweiterte und den Ausblick nach Osten freigab. Die Duonawe bildete hier einen mächtigen Wasserfall, dessen Fuß ein kleiner See bildete.
    Aus diesem See strömte der Fluß, ruhig und gebändigt in das weite Tal hinein. Botho sah die Beschreibung, die man ihm gegeben hatte, bestätigt.
    Er sah aber noch mehr. Dort, wo das Tal weit im Osten eine Biegung beschrieb, erkannte er die Zinnen und Türme einer Stadt. Das mußte Carpis sein! Die Mühsal der vergangenen Stunden war vergessen. Botho reckte sich. Er hob den Arm und schüttelte die Faust in Richtung der feindlichen Stadt.
    „Antoninus der Rächer kommt!" schrie er dazu.
    Aber seine Stimme ging im mächtigen Rauschen des Wasserfallsunter.
    Er schickte sich an, neben den stürzenden Wassermassen den steilen Felshang hinabzuklettern. Er gelangte auf ein Felsband, das sich als brauchbarer Weg erwies.
    Es führte an der nach Süden weisenden Wand entlang. Indem Botho ihm folgte, entfernte er sich soweit von dem rauschenden Wasserfall, daß andere Geräusche wieder hörbar wurden.
    Das Felsband endete drei Fuß über der Talsohle, im Windschatten eines Felsvorsprungs, der in östliche Richtung zeigte. Botho sprang hinab. Der Schild hinderte ihn dabei. Er fiel hin und richtete sich fluchend wieder auf, als er plötzlich Geräusche hörte, die hinter dem Felsvorsprung hervorkamen.
    Sie klangen wie menschliche Schritte. Botho preßte sich eng an den Felsen und wartete.
    Das Fieber des Jägers hatte ihn erfaßt. Wer sich hier bewegte, konnte nur ein Römer sein - oder einer von den schmierigen Awaren, die sich überall niederlassen durften, weil sie feige waren und sich gegen niemand auflehnten.
    Eine Gestalt tauchte an der Kante des Felsvorsprungs auf, ein Mann von hohem Wuchs und breiten Schultern. Er hatte den Blick zu Boden gerichtet, als suche er etwas. Deshalb bemerkte er Botho zunächst nicht, Botho aber hätte vor Überraschung fast einen Schrei ausgestoßen.
    Sein Weg war zu Ende! Er brauchte nicht in die feindliche Stadt hinein! Der falsche Römer kam ihm entgegen!
    Der, der da ahnungslos auf ihn zukam, war kein anderer als Antoninus Philosophus, genannt Mark Aurel.
    Botho trat aus seiner Deckung hervor.
    „Halt!" herrschte er den Römer an.
    Antoninus blieb stehen und sah überrascht auf. Als er den Gegner erkannte, flog ein fröhliches Lächeln über sein Gesicht, das Botho sich nicht erklären konnte.
    War er womöglich in eine Falle getappt?
    „Walik, du?" sagte der Römer freudig überrascht. „Du kommst mich suchen?"
    „Feigling!" Botho spie das Wort verächtlich aus. „Glaubst du, du könntest der Rache des Markomannenherzogs entkommen, indem du ihm einen falschen Namen gibst?"
    Der Römer hob abwehrend beide Hände. Sein Gesicht war verwirrt.
    „Vorsicht, Walik",
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