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0794 - Das Zauber-Zimmer

0794 - Das Zauber-Zimmer

Titel: 0794 - Das Zauber-Zimmer
Autoren: Jason Dark
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sich das wiederholen, was vor langen Jahren schon einmal passiert war? Stand dann dieses Kind im Mittelpunkt des Geschehens? Hatte man ihm etwas angetan?
    Harry flüsterte mir etwas zu. »Ich sehe dir an, welche Fragen dich beschäftigen. Am besten wird es sein, wenn du hingehst und die Kleine fragst. Sprich mit ihr.«
    Wie zur Bestätigung seiner Worte verstummte das Lied. Die letzten Töne verklangen, dann war es still.
    »Nun?«
    Ich nickte Harry zu. Er hatte Recht, ich sollte es einmal ausprobieren.
    Es waren nur wenige Schritte bis zum Ziel, und ich fühlte mich trotz allem nicht wohl. Auf dem Boden waren meine Tritte zu hören, aber das Mädchen kümmerte sich nicht darum. Es tat weiterhin so, als wären wir nicht vorhanden, auch wenn es nicht mehr sang.
    Ich blieb neben der Kleinen stehen, roch den Staub und die verfaulenden Spinnweben. In diese Umgebung passte die Kleine wie die Faust aufs Auge. Sie war ein Neutrum, sie strahlte nicht einmal einen Geruch ab.
    Auch das Pferd bewegte sich nicht mehr. Starr stand es auf dem Holzbrett mit den vier Rollen darunter. Das Kind wirkte ebenfalls wie eine Statue. Es schaute weder nach links noch nach rechts. Uns schien es nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
    Ich wollte diesen Zustand ändern, denn mir war klar, dass mich nur dieses Kind weiterbringen konnte. Es war die einzige Spur in dieses Chaos hinein, und ich hoffte, von seinem Wissen profitieren zu können. Bisher war es stumm, wobei ich mir vorstellen konnte, dass dies auch so bleiben würde. Dennoch versuchte ich es und sprach die Kleine an.
    »Wer bist du?«
    Ich erhielt keine Antwort.
    »Versuch es mal von vorn«, schlug Harry vor. »Schau sie dabei an. Das wird vielleicht besser sein.«
    Ich folgte seinem Rat und stellte mich vor das Pferd hin. Da ich mich bückte, konnte ich dem Mädchen auch ins Gesicht schauen und erkannte erst jetzt, dass es tatsächlich so aussah wie eine Puppe.
    Oder wie ein junger Engel.
    Seltsamerweise wollte mir der letzte Vergleich nicht passen. Zwar hatte die Kleine Pausbacken wie ein Engel, aber es fehlte der Haut jegliche Farbe. Das Gesicht war an allen Stellen blass, leichenblass.
    Noch einmal versuchte ich es. »Wer bist du? Wie heißt du? Nenn mir deinen Namen…«
    Keine Antwort. Sehr klein kamen mir die Hände vor. Die Finger wirkten irgendwie rund, als wäre der Babyspeck von ihnen noch nicht verschwunden. Die blassen Lippen fielen ebenfalls nicht auf, das Kinn war sehr rund, und es stand ein wenig vor.
    Es reizte mich, das Mädchen zu berühren. Es bewegte sich nicht, als ich meine rechte Hand ausstreckte und dann meinen Mittelfinger unter das Kinn legte.
    Ich zuckte zurück.
    Die Haut war so kalt!
    »Was hast du?«
    Ein kurzer Blick zu Harry Stahl. »Ich weiß es auch nicht genau. Ich habe nur die Kälte gespürt, und die ging mir durch und durch. Das ist auf keinen Fall normal.«
    »Ist das Mädchen denn tot?«
    Harry hatte eine sehr gute Frage gestellt, auf die ich keine Antwort wusste. Auf der einen Seite wirkte die Kleine wie eine Tote, auf der anderen nicht, schließlich hatte sie das alte irische Kinderlied gesungen. Hier stimmte einiges nicht.
    »Was denkst du?«
    Ich hob die Schultern. »Ihre Haut hat sich tatsächlich so kalt angefühlt wie die einer Leiche. Dann hätte sie auch starr sein müssen, doch das ist sie nicht.«
    »Aber sie hat sich nicht bewegt.«
    »Da hast du auch wieder Recht.«
    »Was ist mit dem Puls?«
    Da hatte mich Harry auf eine gute Idee gebracht. Ich war schon vorgewarnt und erschrak deshalb nicht mehr, als ich mit Daumen und Zeigefinger nach dem Puls tastete.
    Ich fühlte nichts.
    Dennoch machte ich weiter und versuchte, alles andere auszuschalten und nur an die Kleine zu denken und an ihren Pulsschlag.
    Er war nicht vorhanden!
    Bevor ich mich wieder aufrichten konnte, sagte Harry. »Was ist mit dem Puls?«
    »Viel Hoffnung habe ich nicht.«
    »Es ist einen Versuch wert, John.«
    Ja, das war es. Selbst der Stoff konnte die Kälte der Haut nicht abmildern, und allmählich festigte sich in meinem Kopf ein schrecklicher Gedanke.
    War die Kleine ein Zombie-Kind?
    Ich erschrak vor mir selbst, denn ich dachte gleichzeitig daran, wie gierig die lebenden Toten auf Menschen und auf menschliches Fleisch waren. Man musste sie einfach vernichten, sie durften nicht an normal Lebende heran, und das musste auch für Kinder gelten.
    Trotzdem…
    Ich war von einer selten erlebten Kälte gefangen. Allein die Vorstellung, dass alles so eintreffen würde,
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