Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0784 - Avalons Geistergräber

0784 - Avalons Geistergräber

Titel: 0784 - Avalons Geistergräber
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
angehoben, die rechte fiel dabei, und auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck des Bedauerns.
    Ich hob in einer zeitlupenhaft langsamen Bewegung meinen rechten Arm und strich mit der Handfläche über die schweißfeuchte Stirn. Dabei spürte ich, dass meine Augen brannten, als hätte jemand Säure hineingekippt, und meine Lippen zuckten, ohne dass ich etwas sagen konnte.
    Er wollte den Dunklen Gral! Meinen Gral, der für mich war. Allein für mich, den Sohn des Lichts!
    Mir schoss durch den Kopf, wie es damals gewesen war, als ich ihn gesucht hatte. Da hatte mich das kalte Grauen überfallen, ich war überhaupt nicht mehr zurechtgekommen, mein gesamtes Sinnen und Trachten war darauf abgezielt gewesen, an den Dunklen Gral heranzukommen. Unter unsäglichen Mühen hatte ich es endlich geschafft, und nun, einige Zeit später, sollte ich ihn einfach weggeben. Mir nichts dir nichts in Avalon lassen, gewissermaßen als Ersatz für den echten Gral, in dem angeblich das Blut Christi aufgefangen worden war.
    Nein, auf keinen Fall!
    Oder…?
    Erst jetzt, wo ich mich von dem ersten Schock befreit hatte, erkannte ich, wie raffiniert der Plan dieses Zauberers gestrickt war. Er kam einer Erpressung gleich.
    Gab ich den Dunklen Gral nicht ab, würden Suko und der Abbé die normale Welt, in die sie hineingehörten, nicht wiedersehen. Ich stand dann ohne einen Freund, Kollegen und Partner da. Ich wollte nicht einmal daran glauben, dass Merlin die beiden umbrachte, er würde ihnen nur die Chance nehmen, Avalon wieder zu verlassen.
    Ich fing an, das Land nicht mehr zu mögen.
    Und ich stellte fest, dass sich der Schweiß auch nicht stoppen ließ.
    Er hatte sich auf meinem gesamten Körper ausgebreitet, bedeckte ihn wie eine Schicht. Sogar an den Füßen spürte ich ihn.
    »Das ist nicht fair!«, flüsterte ich und schaute dabei Nadine Berger an. Ich wollte zumindest wissen, wie sie sich verhielt, allerdings konnte ich mir das auch denken, denn sie hob die Schultern und bestätigte durch ihre Antwort meine Ahnungen.
    »In Avalon, John Sinclair, gelten andere Gesetze.«
    »Merlin – nicht?«
    »So ist es.«
    »Du stehst auf seiner Seite?«
    »Ich gehöre hierher, John!«
    Die Worte sorgten für eine innere Distanz zu ihr. Ich konnte sie nicht verurteilen, denn ich an ihrer Stelle hätte kaum anders gehandelt. Ihre beiden anderen Leben lagen weit zurück, sie hatte sich eben auf Avalon einstellen müssen, und dazu zählte natürlich auch der Zauberer Merlin.
    »Wie hast du dich entschieden?«, sprach er mich an.
    »Noch gar nicht.«
    »Lange möchte ich nicht warten. Oder willst du deine Freunde selbst fragen?« Nein, an sie wandte ich mich nicht. Dafür an einen anderen, der bei mir stand. »Was würdest du denn tun, Bill?«
    Der Reporter verzog das Gesicht. Er wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. »Frag mich das nicht, John, ich… ich kann dir keinen Rat geben, weil ich es einfach nicht weiß.«
    »Ja, das dachte ich mir.«
    »Es ist deine Entscheidung.«
    Ich senkte den Blick und schaute auf den Gral, der noch immer zwischen Nadine und mir stand. Ich sah das schimmernde Rot der aus der Öffnung hervorragenden Kugel. Darunter den Kelch, dessen Gold wegzufließen schien.
    Nahm ich bereits Abschied? Waren auch die Zeichen auf dem Gral schon Vergangenheit?
    In meiner Kehle lag der dicke Kloß. Auch ich hätte mich am liebsten verkrochen, tat es nicht, sondern bückte mich und streckte beide Arme aus. Ich berührte den Kelch, als ich die Stimme meines Freundes Suko hörte.
    »John! Nicht wegen uns! Gib ihn nicht her! Er gehört zu dir! Wir werden schon eine Möglichkeit finden…«
    »Glaubt ihr das wirklich?«, höhnte der Zauberer.
    Er hatte Recht. Sie glaubten es nicht, ich wusste es. Und so hob ich den Dunklen Gral an und hätte dabei heulen können. Ich schaute gegen die Außenseite des Gefäßes. Er kam mir noch strahlender und reiner vor als sonst, als hätte er es geschafft, das strahlende Sonnenlicht des letzten Sommers einzufangen.
    »Ja, Nadine«, flüsterte ich, »ihr habt gewonnen.«
    Sie breitete die Arme aus. »Es tut mir Leid für dich, John.«
    »Ach ja?«, krächzte Bill sie an. »Tut es dir wirklich auf einmal Leid?«
    »Ja, das kannst du mir glauben, denn ich muss ebenfalls diesen Regeln hier gehorchen. Ich kann mich doch nicht gegen Merlin und damit gegen Avalon stellen. Das gibt es nicht, das müsst ihr doch verstehen. Oder muss ich es euch noch erklären?«
    »Nein.« Diesmal sprach ich. »Das wird wohl nicht nötig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher