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0768 - Lady Bluthaar

0768 - Lady Bluthaar

Titel: 0768 - Lady Bluthaar
Autoren: Jason Dark
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immer nicht, und mit jeder Sekunde, in der ich nichts tat, vergrößerte sich die Distanz zwischen uns.
    »Tun Sie was!«
    Marion beließ es nicht allein bei den Worten. Sie rammte mir beide Hände in den Rücken.
    Ich wurde nach vorn geschleudert und torkelte durch den weichen Sand, blieb auf den Beinen und spürte schon sehr bald die Feuchtigkeit unter meinen Schuhen, die den Sand an den Sohlen kleben ließ.
    »Suko!«
    Der Schrei hallte in seinen Rücken. Er sollte ihn stoppen, aber Suko ignorierte ihn.
    Er hatte die Arme angehoben und sie der unheimlichen Frau entgegengestreckt.
    Erst in diesem Augenblick begriff ich richtig, wie weit er sich bereits von mir entfernt hatte.
    Konnte ich ihn erreichen?
    Ich rannte los.
    Plötzlich hämmerten meine Füße in die anrollenden Wellen hinein wie Peitschenschläge. Das Wasser spritzte an den Seiten hoch, es näßte meine Kleidung. Ich hetzte weiter und konnte nur hoffen, daß ich Suko noch früh genug erreichte.
    Die Wellen rollten gegen mich. Sie kamen mir plötzlich so zäh wie Leim oder Teer vor, als wollten sie mich unbedingt zurückhalten. Suko sollte nicht mehr von mir erwischt werden, aber ich gab nicht auf, denn ich hatte den Bann endlich abgeschüttelt.
    Ich holte auch auf.
    Zu spät?
    Plötzlich verlor mein Freund den Kontakt mit dem Boden. Sein Körper beugte sich nach vorn. Noch in der Bewegung vollführte er die ersten Schwimmbewegungen. Ich wußte, wie gut er schwamm, und vor dem Ziel würde ich ihn nicht einholen können.
    »John!«
    Marions Stimme bewirkte bei mir einen Adrenalinstoß.
    Ich versuchte es mit einem letzten gewaltigen Sprung. Im Laufen hatte ich noch alle Kraft gesammelt, stieß mich auf dem weichen Boden ab und wuchtete mich nach vorn.
    Ich hechtete praktisch über die anrollenden Wellen hinweg, um Suko doch noch zu erreichen.
    Mein rechter Arm schlug nach unten. Zunächst traf er das Wasser, und dicht darunter spürte ich einen Widerstand.
    Es war der Fußknöchel.
    Die letzte, wirklich allerletzte Chance. Meine Hand war wie eine Klammer. Ich ließ den Knöchel nicht los, er mußte einfach eisern gehalten werden, sonst war alles vorbei.
    Ich selbst rutschte nach vorn, das Wasser schlug über mir zusammen. Sofort hielt ich die Luft an und faßte mit der rechten Hand nach, um die Kraft zu verdoppeln.
    Beide waren wir untergetaucht. Suko war zu überrascht, um sich zu wehren, nur deshalb gelang es mir, ihn wieder zurück ins flachere Wasser zu zerren.
    Wir tauchten auf.
    Knieten auf dem Grund.
    Er starrte mich an.
    »Was tust du?«
    »Suko, ich…«
    Er ballte die Hand zur Faust. Ich wußte, daß er mich niederschlagen wollte, denn Isabellas Bann war einfach stärker als unsere Freundschaft in diesem Augenblick. Suko war nicht mehr er selbst, er stand unter dem anderen Druck, die Klammer hielt ihn gepackt, und sie hatte sich in seine Seele gedrängt.
    Ich war schneller als er. Das kam nicht oft vor, in diesem Fall schon, und der Stoß mit meinem Ellbogen schleuderte ihn zur Seite, so daß er völlig aus dem Gleichgewicht geriet, stürzte und das Wasser unter seinem Körper in die Höhe spritzte.
    Er wollte weitermachen und rollte sich instinktiv aus der Gefahrenzone. Ich war schneller, lief ihm nach, zerrte ihn hoch - er war zum Glück halb benommen, so daß ich ihn mir ›zurechtlegen‹ konnte - und schlug dann mit der Handkante zu.
    Es war ein Treffer, den selbst Suko nicht so leicht wegstecken konnte. Schließlich hatte ich diesen Schlag von ihm gelernt. Der Körper erschlaffte in meinem Griff. Ich hielt ihn fest, denn Suko durfte auf keinen Fall ins Wasser fallen.
    Marion war bei mir. Sie half mir, den Inspektor aufs Trockene zu ziehen.
    Im Sand legten wir ihn nieder.
    »Und jetzt sie!«
    Ich nickte nur, drehte mich um und ging den Weg zurück, den ich gekommen war.
    Dabei hob ich beide Arme an und faßte nach meiner Halskette.
    Eine knappe Bewegung, das Kreuz lag frei.
    Im selben Augenblick erreichte mich die Stimme wie ein Gedankenstoß. ›komm her - komm zu mir‹.
    Und ich kam…
    ***
    Sobald es möglich war, schwamm ich. Ich hielt mich dabei unter Wasser. Das Kreuz hatte ich in meine Tasche gesteckt, zum richtigen Zeitpunkt würde ich es wieder hervorholen.
    Auftauchen, Luft holen, sich umschauen…
    Es klappte wie am Schnürchen, und ich sah die Köpfe der lebenden Wasserleichen nicht weit entfernt auf den Wellen schaukeln. Hoch über dem Kreis schwebte Isabella wie eine alles beherrschende Königin, die nichts erschüttern
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