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0768 - Lady Bluthaar

0768 - Lady Bluthaar

Titel: 0768 - Lady Bluthaar
Autoren: Jason Dark
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gehört haben.
    Etwas hielt ihn fest, etwas stimmte nicht. Suko war völlig verändert. Das bestimmt nicht freiwillig.
    So kannte ich ihn nicht. Wenn er so reagierte, mußte es eine andere Kraft gegeben haben, die ihn so in seinen Bann gezogen hatte.
    Ich schluckte.
    Mir brach schon der Schweiß aus, als ich daran dachte, denn ich kannte Suko lange genug und wußte, daß er sich nicht so leicht beeinflussen ließ, abgesehen von seiner Zeit, die er mit Yannah in Paris verbracht hatte.
    Auch als wir vor ihm stehenblieben, nahm er uns nicht zu Kenntnis. Er hielt seinen Blick zwar nicht gesenkt, aber er schaute uns auch nicht direkt an. Er hätte unsere Beine sehen müssen, statt dessen blickte er durch uns hindurch.
    »Der ist mir so fremd«, flüsterte Marion und schüttelte sich. »So schrecklich fremd.«
    »Da haben Sie recht.«
    »Was wollen Sie tun?«
    »Abwarten.«
    Bevor ich mich bücken konnte, hielt mich Marion fest. »Er muß etwas gesehen haben, John, das uns unbekannt ist. Das muß schlimm gewesen sein. Wie ein… wie ein…«, sie suchte nach Worten. »Die Leichen vielleicht?«
    »Keine Sorge, das finden wir heraus.« Irgendwie fürchtete ich mich vor meiner nächsten Tat, aber es gab keine andere Möglichkeit. Ich bückte mich, um ihn mir genau anzusehen.
    »Suko…«
    Er rührte sich nicht.
    Ich schaute in ein Gesicht, das durchaus mit einer bleichen Maske zu vergleichen war. Zwar hielt Suko die Augen geöffnet, doch sein Blick war mehr nach innen gerichtet. Er nahm überhaupt nicht das wahr, was um ihn herum vorging.
    Ich suchte nach einem Vergleich. Suko hatte etwas Mumienhaftes an sich. Er war erstarrt und schien sich in sein Schicksal gefügt zu haben. Er zuckte mit keiner Wimper, als ich ihn abermals ansprach.
    Sein Blick blieb leer oder in die Tiefen seiner Seele gerichtet. Er hatte die Beine ausgestreckt und die Hände vor sich gefaltet in den Schoß gelegt, doch er würde bestimmt nicht beten.
    Ich hörte die Schritte des Mädchens. Marion entfernte sich etwas. Wahrscheinlich wollte sie mich nicht stören, denn ich streckte nun meinen rechten Arm aus, um Suko zu berühren.
    Die Fingerspitzen legten sich gegen die rechte Wange. Seine Haut war nicht kalt, aber irgendwo trocken, als hätte man ihr die Flüssigkeit entzogen. Auch jetzt reagierte er nicht. Kein Wimpernschlag deutete an, daß er die Berührung gespürt hatte. Er war kein Mensch mehr, sondern beinahe eine Statue.
    Etwas aber gab mir Hoffnung.
    Sein Atem, der flach durch die Nasenlöcher strömte. Auch hob und senkte sich die Brust, wenn ich genauer hinschaute, und ich dachte fieberhaft darüber nach, wie ich ihn wieder aus dieser verdammten Starre hervorholen konnte.
    Hatte ihn die Frau mit dem Bluthaar so unter ihre Kontrolle bekommen? Davon mußte ich jetzt einfach ausgehen. Ich konzentrierte mich in den nächsten Sekunden allein auf seine Augen und stellte fest, daß sie einen bestimmten Ausdruck zeigten. Ich versuchte herauszubekommen, was dieser Ausdruck beinhaltete, wahrscheinlich eine große, allumfassende Sehnsucht.
    Ja, so kam er mir vor!
    Ich verstand die Welt noch immer nicht. Zumindest Sukos Welt nicht. Aber er mußte etwas gesehen haben, das einen unwahrscheinlich tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen hatte, und dabei konnte es sich eigentlich nur um Isabella drehen.
    Marion Hayle kehrte wieder zurück. Ihr Schatten fiel über uns, als sie stehenblieb. »Was haben Sie denn mit ihm vor, John?«
    »Ich weiß es selbst nicht.«
    »Es wäre doch gut, wenn wir ihn von der Insel wegbringen könnten. Zu zweit würden wir das schon schaffen.«
    »Das denke ich auch.«
    »Okay, dann…«
    Sie sagte nichts mehr, auch ich hielt meine Worte zurück, denn beide hatten wir gesehen, daß durch die Gestalt meines Freundes ein Zucken ging. Er schüttelte den Kopf, streckte die Arme aus und drückte die Hände rechts und links von seinem Körper nieder.
    So hatte er den richtigen Halt gefunden. Dann stemmte er sich hoch.
    Ich ging zurück. Suko tat nach wie vor, als wären Marion und ich überhaupt nicht vorhanden. Er stand auf, blinzelte verwirrt, und ich rechnete damit, daß er aus seiner Trance erwachen würde, was leider nicht stimmte, denn zwei Wimpernschläge später hatte er den gleichen starren Blick aufgesetzt.
    Es war unheimlich. Über meinen Nacken schienen kleine Eiskörner zu rieseln.
    Er stand.
    Er holte Luft.
    Aber er sagte kein einziges Wort, als er sein rechtes Bein vorschob und damit die erste Gehbewegung machte. Suko wollte
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