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0753 - Die Blutbuche

0753 - Die Blutbuche

Titel: 0753 - Die Blutbuche
Autoren: Jason Dark
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Betty ihre Umgebung immer als etwas Natürliches angesehen. Von dieser Tatsache war sie in den letzten Minuten weggekommen. Sie suchte nach einem neuen Vergleich, und es kam ihr in den Sinn, daß sich die Umgebung verändert hatte und zu einer reinen Zauberwelt geworden war.
    Licht, Dunkelheit, starre Schatten, aber auch welche, die sich im leichten Wind bewegten. Das Silberlicht beschien auch den schmalen Zufahrtsweg und ließ ihn aussehen wie einen Bach, dessen Oberfläche als langer Spiegel wirkte.
    Eine Bühnendekoration für ein schauriges Märchen hätte nicht stimmungsvoller sein können.
    Betty lauschte ihren eigenen Schritten und behielt auch weiterhin die Umgebung im Auge, ohne jedoch etwas Neues entdecken zu können. Wer immer sich auch hier aufhielt, er schaffte es, sich vor den Augen der Menschen versteckt zu halten.
    Die einsame Frau näherte sich der Blutbuche, die immer höher vor ihr aufwuchs.
    Erst aus der Nähe sah sie, welch ein mächtiges Gebilde sie war. Eine riesige Kuppel, die ein Wald von Blättern nahezu undurchsichtig gemacht hatte. Der mächtige Stamm war nicht zu sehen. Erst mußte sich Betty unter den tiefhängenden Zweigen hinwegducken, um ihn erreichen zu können. Sie blieb für einen Moment stehen, da sie im letzten Augenblick doch unsicher geworden war.
    Wieder schaute sie zum Haus zurück.
    Es war schmal gebaut, dafür mit einem ziemlich spitzen Giebel. So sah es beinahe aus wie das Hexenhaus aus dem Märchen Hänsel und Gretel.
    Da sie vergessen hatte, die Außenleuchte einzuschalten, streifte über die Frontseite einzig und allein das Mondlicht hinweg und machte die Fensterscheiben zu matten Spiegeln.
    Sie stand vor dem Baum, mit dem alles begonnen hatte. Zumindest bei ihrem Mann, der von einer bestimmten Untersuchung des Baumes verändert zurückgekehrt war.
    Daß ihr das gleiche passieren konnte, davor hatte sie eine wahnsinnige Furcht. Zudem wußte sie nicht, welche Geheimnisse der Baum noch bereithielt, sie hoffte, daß sie nicht so schlimm waren, und vor den kleinen Gestalten fürchtete sie sich auch nicht. Sie dachte an Gullivers Reisen, ihm hatten die Zwerge auch nichts zuleide getan.
    Noch wenige Schritte, dann hatte sie ihr Ziel erreicht, und die nach unten hängenden Zweige strichen mit ihren Blättern durch ihr Gesicht, als wollten sie die Frau liebkosen.
    Sie nahm den Geruch der Blutbuche wahr. Im Gegensatz zu ihrem Namen roch sie bestimmt nicht nach Blut, sondern nach würzigem Laub, irgendwie gesund.
    Sie tauchte hinein.
    Eine andere Welt war dies.
    Düster, geheimnisvoll…
    Betty ging weiter.
    Die Luft war hier ebenfalls anders geworden. Nicht mehr so klar, sondern leicht feucht, beinahe mit einem Sprüh oder Nebel zu vergleichen, der sich gesammelt hatte und innerhalb der Glocke aus Ästen, Zweigen und Blättern ein Tuch bildete.
    Betty fürchtete sich davor, noch tiefer in diese andere Welt unter dem Baum und auch bis an den Stamm heranzugehen, deshalb blieb sie stehen und schaute auch zu Boden, weil ihr dabei etwas Bestimmtes aufgefallen war.
    Er war nicht so eben wie vor dem Baum, sondern holprig und bildete an bestimmten Stellen regelrechte Stolperfallen oder Schlingen, in denen sich der Fuß eines Menschen sehr leicht verfangen konnte.
    Betty wollte es genau wissen und bückte sich. Ein etwas seltsamer Vergleich fiel ihr ein. Sie hatte den Eindruck, auf einem dunklen Körper zu stehen, aus dem gewisse Adern hervorragten und dort, wo sie sich den Weg gebahnt hatten, die Erde zu Hügeln aufwarfen.
    Es waren keine Adern, sondern blanke Wurzeln. Stränge, die gewachsen waren und sich dem Druck der Erde entgegengestemmt hatten.
    Wenn sie weiter auf den Stamm der Blutbuche zugehen wollte, mußte sie die Füße schon sehr anheben, um sich nicht in dem dünnen, aber zähen Wirrwarr zu verfangen.
    Düsternis umgab sie wie Schlamm.
    Immer wenn Betty Luft holte, dann hatte sie den Eindruck, Feuchtigkeit zu trinken. Auch der Geruch änderte sich nicht. Er umwehte sie wie eine Fahne.
    Und dann hörte sie die Stimmen.
    Flüstern und Wispern, dazwischen zischelnde Geräusche. Leichte Schritte, die sich hin- und herbewegten.
    Betty fror beinahe ein.
    Das war nicht normal. Dafür hatte sie keine Erklärung. Sie wußte auf einmal, daß sie nicht mehr allein war, aber noch umgab sie die dichte Dunkelheit.
    Dann passierte es.
    Licht fiel in diese Welt hinein. Zumindest hatte Betty den Eindruck, den sie sehr bald revidierte, denn das grünbleiche und mit einem Silberglanz
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