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0716 - Vyrna, die Grausame

0716 - Vyrna, die Grausame

Titel: 0716 - Vyrna, die Grausame
Autoren: Roger Clement
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gesteckt.
    Je näher sie dem Gehölz kam, desto stärker spürte sie die Anwesenheit des Bösen. Auch ohne Merlins Stern konnte sie fühlen, dass etwas Grässliches zwischen den Bäumen lauerte. Das Monster, das wahrscheinlich Babette de Fries auf dem Gewissen hatte.
    Nicole presste die Lippen aufeinander. Sie kam an dem frischen Grab vorbei, in das sie die sterblichen Überreste der jungen blonden Frau gebettet hatten. Mit bloßen Händen hatten Zamorra und die anderen Männer eine Kuhle ausgehoben, um Babette die letzte Ruhe zu verschaffen.
    Der Wind fuhr in die Bäume. Blätter raschelten, Zweige schlugen gegeneinander. Nicole verharrte für einen Moment am Waldrand.
    Ängstlich war sie nicht. Nur vorsichtig. Sie zog langsam das Beil aus ihrem Gürtel und umschloss den Stiel mit ihrer rechten Faust. Sie musste damit rechnen, dass Woida sofort und ohne Vorwarnung angriff.
    Inzwischen war Nicole fast sicher, dass sie den Dämon zwischen den gigantischen Bäumen und dichten Dornensträuchern stellen würde.
    Falls er nicht schon mit Vyrna auf dem Weg zum Duellplatz war…
    Solche Gedanken brachten sie jetzt nicht weiter. Kein Stück.
    Alle Nerven und Sehnen der Dämonenjägerin waren bis zum Zerreißen angespannt. Sie atmete tief durch.
    Dann ging sie in das düstere Gehölz hinein…
    ***
    Zamorra konzentrierte sich auf die Zeitschau.
    In der Mitte seines Amuletts erschien anstelle des Drudenfußes so etwas wie ein Minibildschirm, auf dem er beobachten konnte, was in der allerjüngsten Vergangenheit geschehen war. Hier, in der Gasse vor dem Schusterhaus, wo Merlins Stern noch kurz zurückliegende dämonische Aktivität anzeigte.
    Zamorra erblickte ein herrliches Pferd, das sich dem sprechenden Wolf in den Weg stellte. Was die beiden Tiere miteinander geredet hatten, konnte der Dämonenjäger nicht feststellen. Auf jeden Fall dauerte das Gespräch nur kurz. Anfangs hatte Madhod eine demütige Geste gegenüber dem edlen Rappen gemacht.
    Doch plötzlich schlug die Atmosphäre um. Die Gestalt des Pferdes schien zu vibrieren. Zamorra biss die Zähne zusammen. Er kannte solche Vorzeichen.
    Und er täuschte sich nicht.
    Das Pferd verwandelte sich. Die Gestalt wurde verzerrt, dabei in ein seltsames Licht getaucht. Gleich darauf stand dem sprechenden Wolf eine schöne nackte Frau gegenüber.
    Und sie griff sofort an!
    Der ungleiche Zweikampf dauerte nur Sekundenbruchteile. Zamorra bemerkte, dass sich Madhod mit einem magischen Gegenangriff zur Wehr gesetzt hatte.
    Doch seine Macht reichte nicht aus.
    Er wurde hoch in die Luft geschleudert, knallte auf ein Dach und fiel dann an der Stelle zu Boden, wo Zamorra ihn gefunden hatte. Und die Nackte riss triumphierend den Mund auf, um sich gleich darauf im Handumdrehen zu dematerialisieren.
    Zamorra beendete die Zeitschau. Wie immer hatte ihn das Ritual einiges an Energie gekostet. Trotzdem verspürte er eine grimmige Zufriedenheit. Er hatte sich jetzt Gewissheit verschafft. Zamorra wusste nun genau, wem sein Sekundant seine schweren Verletzungen zu verdanken hatte.
    Vyrna!
    Zamorra zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass er gerade einen Blick auf seine zukünftige Duellgegnerin geworfen hatte…
    Der Dämonenjäger erhob sich aus seiner kauernden Position und ging ins Haus zurück.
    In der Werkstatt arbeitete Cedio wie besessen an den Schaftstiefeln. Offenbar brannte er darauf, seine Werkstücke endlich fertig zu stellen. Damit Zamorra mit der Grausamen abrechnen konnte.
    Ein seltsamer, betörender Geruch zog durch das Haus. Die Kräutergreisin hatte einen geheimnisvollen Sud gekocht, den sie nun löffelweise auf die ausgestreckte Zunge des verletzten Wolfs tropfen ließ.
    Inzwischen legte Cedios Frau nach den Anweisungen der Alten dampfende Kräuterpackungen auf den Rücken und Bauch des Tieres, das schlaff auf der Seite lag und alle Läufe von sich streckte.
    »Er schafft es!«, zeigte sich die Kräuterfrau optimistisch. »Die böse Magie muss gebunden und aus dem Körper gesogen werden.«
    Zamorra war erleichtert darüber, dass sein Sekundant leben würde. Und doch spürte er, dass etwas nicht stimmte. Alle Anwesenden verhielten sich etwas seltsam.
    »Wo ist Nicole?«
    »Ich soll Ihnen ausrichten, dass Ihre Assistentin etwas Wichtiges zu erledigen hat«, sagte Monsieur Renard förmlich. Trotzdem konnte man die Besorgnis in seiner Stimme hören.
    »Wohin ist Nicole gegangen?«, rief Zamorra. Er war nervös, obwohl er sich auf Nicoles Umsicht, Mut und Klugheit verlassen konnte.
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