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0711 - Die Nacht der Wölfe

0711 - Die Nacht der Wölfe

Titel: 0711 - Die Nacht der Wölfe
Autoren: Claudia Kern
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der schwere, Übelkeit erregende Blutgeruch immer noch in der heißen, stickigen Luft. Das FBI hatte Boden und Wände mit Plastikfolien abgeklebt, um die Spuren am Tatort zu sichern, aber er konnte genug darunter erkennen, um sich sicher zu sein.
    Das war das Werk der Tulis-Yon.
    »Was ist das für eine Sekte?«, fragte Yellowfeather, der im Flur zurückgeblieben war. Trotz des Halbdunkels hatte er seine Sonnenbrille nicht abgelegt.
    »Die Mitglieder nennen sich Tulis-Yon, die Wolfsköpfigen«, sagte Zamorra wahrheitsgemäß. »Die Sekte ist sehr alt und stammt vermutlich aus Asien. Bei ihren Ritualmorden vergießen sie enorme Mengen von Blut, so wie hier.«
    »Und sie tragen Wolfsmasken?«
    »So was in der Art.«
    Er wünschte, er hätte dem Sheriff die Wahrheit sagen können, aber das war zu riskant. Sie brauchten zumindest die Unterstützung eines Polizisten, um auf dem Laufenden zu bleiben, denn Zamorra hatte nicht vor, Unbeteiligte in den Kampf gegen die Tulis-Yon zu ziehen.
    Um eine Konfrontation zwischen den Wolfsköpfigen und der Polizei zu vermeiden, mussten sie jedoch wissen, was die Polizisten planten, und dabei hatte sich Yellowfeather bereits als hilfreich erwiesen. Er hatte auf der Autofahrt zur Ranch nicht nur erwähnt, dass das FBI den mexikanischen Zeugen verdächtigte, sondern auch von der abgebrochenen Suchaktion gesprochen, die erst gegen Mittag des morgigen Tages wieder aufgenommen werden sollte. Bis auf Brooke hatten alle Agenten Dusty Heaven verlassen. Für sie gab es hier nichts mehr zu tun. Die Suche nach den Leichen würde die Armee übernehmen.
    »Was glauben Sie, wie viele von diesen Irren sich hier in der Gegend 'rumtreiben?«
    Zamorra hob die Schultern. »Zwei, vielleicht auch drei.«
    Bei der ungeheuren Kraft und Schnelligkeit der Tulis-Yon waren mehr nicht nötig, um eine solche Verwüstung anzurichten.
    Er sah Yellowfeather an. »Wieso fragen Sie das?«
    »Weil Agent Brooke erst an diese Sekte glauben wird, wenn sie vor ihm im Büro steht. Deshalb möchte ich wissen, worauf ich mich einlasse. Zwei oder drei klingt machbar.«
    Das war es nicht, aber Zamorra schwieg. Er hatte erst einmal gegen die Tulis-Yon gekämpft und verloren. Wenn er den Hong Shi nicht gehabt hätte, wäre er heute einer von ihnen. Unbewusst tastete er nach dem Stein in seiner Tasche, dessen Macht ihm noch unbekannt war. Er hoffte, dass er nicht nur heilen, sondern auch töten konnte…
    Er hörte Schritte auf der Treppe, drehte sich um und sah Nicole, die gerade aus dem oberen Stockwerk zurückkehrte.
    »Keine Spuren«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass die Tulis-Yon oben gewesen sind. Vermutlich wurden alle in der Küche getötet.«
    »Das heißt, sie haben gewusst, wie viele Menschen hier leben, sonst hätten sie die obere Etage durchsucht. Also haben sie die Ranch vorher beobachtet.«
    »Sie sind vorsichtig«, stimmte Nicole zu.
    »Und warum haben sie dann Miguel nicht bemerkt?«, warf Yellowfeather ein.
    Gute Frage, dachte Zamorra. Wie konnten sie ihn übersehen?
    »Vielleicht sollten wir das Miguel fragen«, sagte er. »Gibt es eine Möglichkeit, mit ihm zu sprechen?«
    »Ja, in einer Stunde übernehme ich die Nachtwache. Ich sage Ihnen Bescheid, sobald Agent Brooke das Büro verlassen hat. Sie sollten sich aber nicht zuviel von einem Gespräch mit Miguel versprechen. Es ist schwer, seine Antworten zu verstehen.«
    Zamorra nickte. »Wir finden schon einen Weg.«
    Er dachte dabei an Nicole, die schwach telepathisch begabt war. Wenn sie in Sichtweite einer Person war, konnte sie deren Gedanken lesen. Auch wenn Miguel nicht in der Lage war, seine Antworten auszusprechen, denken konnte er sie.
    Gemeinsam verließen sie das Haus und gingen zurück zu Yellowfeathers Polizeiwagen, mit dem sie zur Ranch gefahren waren. Die letzten Strahlen der Sonne färbten den Horizont rot.
    »Gibt es in der Stadt eigentlich ein Hotel?«, fragte Nicole, als sie einstiegen.
    Yellowfeather schüttelte den Kopf. »Nein, nur ein paar Zimmer über der Bar. Dort übernachten normalerweise Wanderarbeiter auf Jobsuche. Wenn Sie wollen, können Sie bei mir bleiben. Schlimmer siehts in meinem Gästezimmer auch nicht aus.«
    »Danke. Sehr gerne.«
    Zamorra sah aus dem Seitenfenster. Ein breiter Bewässerungskanal zog sich an der Straße entlang, wurde nur ab und zu durch Metallgitter unterbrochen, die den Ranchern den Zugang zu ihren Weiden ermöglichten. Einige Rinder waren in der Dunkelheit zu sehen. Sie zogen lange Staubwolken hinter
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