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071 - Gefangen in den Bleikammern

071 - Gefangen in den Bleikammern

Titel: 071 - Gefangen in den Bleikammern
Autoren: Dämonenkiller
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nachtschwarze Meer.
    Bald bin ich dich für immer los, verdammte Hexe, dachte ich. Du wirst dich wundern, wohin ich dich bringe. Ich unterdrückte ein höhnisches Kichern. Sie selbst hatte mir die Waffe geliefert, mit der ich sie schlagen würde.
    Wir kamen an einigen kleinen Inseln vorbei. Noch immer war es dunkel, doch in etwa einer halben Stunde würde die Sonne aufgehen. Ich lenkte Selva ab. Sie durfte nicht bemerken, zu welcher Insel sie gebracht wurde. Ich legte einen Arm um ihre Schultern und küßte sie.
    Dann löste ich mich aus der Umarmung.
    „Wir sind da!" sagte einer der Bootsmänner.
    Vor uns lag eine kleine Insel. Das Boot legte an. Einer der Soldaten hob Selva auf den Landungssteg, und ich folgte. Rasch liefen wir einen gewundenen Pfad entlang, der zu einem mächtigen Bau führte, der in der Dunkelheit nur undeutlich zu sehen war. Ein großes Tor tauchte vor uns auf. Ich blieb stehen, griff nach dem schweren Türklopfer und schlug gegen die Tür. Es hallte schaurig und dauerte einige Zeit, bis eine schmale Klappe geöffnet wurde.
    „Was wollt Ihr?" fragte eine tiefe Männerstimme.
    „Mein Vater, Lorenzo da Mosto, schickt mich", sagte ich leise. „Hier! Ich habe ein Schreiben für Euch."
    Ich fischte den versiegelten Umschlag aus der Tasche und steckte ihn durch die Klappe. Eine hagere Hand packte ihn. Die Klappe wurde zugezogen.
    „Wem gehört das Haus?" fragte Selva.
    „Einem Freund meines Vaters", antwortete ich. „Hier bist du sicher."
    Wir mußten nur kurze Zeit warten, dann wurde das Tor geöffnet. Ein alter Mann, der einen schneeweißen Vollbart trug, empfing uns. Er warf Selva einen flüchtigen Blick zu, dann deutete er mir gegenüber eine knappe Verbeugung an. Zwei dunkelgekleidete, brutal aussehende Männer tauchten hinter ihm auf.
    „Folgt mir bitte, Signorina!" bat einer der Männer.
    „Geh mit ihnen, Selva!" sagte ich und quälte mir ein zuversichtliches Lächeln ab.
    Selva schloß sich den beiden Männern an, während ich mit dem Alten allein blieb. Wir warteten, bis von Selva und den Männern nichts mehr zu sehen war.
    „Ich bin Guiseppe Malipiero", stellte sich der Alte vor. „Der Leiter des Irrenhauses auf San Clemente. Der Brief Eures Vaters ist äußerst seltsam."
    Ich grinste, griff in meine Hosentasche und holte einen Beutel hervor, der mit Goldstücken gefüllt war. Der Alte griff gierig danach.
    „Ist Euch jetzt das Schreiben meines Vaters verständlicher?" fragte ich spöttisch.
    Malipiero öffnete den Beutel und nickte zufrieden.
    „Das Mädchen ist eine gefährliche Irre", sagte ich. „Laßt keinen Menschen zu ihr! Sie hat schon einige Männer getötet."
    Der Alte nickte.
    „Kein Mensch darf erfahren, daß sie hier ist. Habt Ihr mich verstanden?"
    „Völlig." Er verzog den zahnlosen Mund zu einem Grinsen.
    Es kam häufig vor, daß einflußreiche Familien irgendwelche unliebsamen und lästigen Angehörigen abschoben. San Clemente, die Insel der Verrückten, war der ideale Aufenthaltsort für solche unliebsamen Zeitgenossen.
    Die beiden schwarzgekleideten Männer kamen zurück.
    „Habt Ihr Schwierigkeiten gehabt?" erkundigte sich der Alte.
    „Nein", sagte einer der Männer. „Sie folgte uns wie ein dressiertes Hündchen. Wir warfen sie in eine Zelle. Jetzt tobt und brüllt sie wie verrückt und schreit nach Michele."
    „Sie kann nicht entkommen?" fragte ich.
    „Ausgeschlossen", meinte der Alte. „Ich bringe Euch zu dem Mädchen. Ihr könnt Euch mit eigenen Augen überzeugen."
    Es wurde hell, als wir das alte Gebäude betraten. Die Irren tobten in ihren Zellen. Es stank erbärmlich.
    Selva war unweit des Eingangstors untergebracht. Wir betraten einen leeren Raum, der nur eine Tür aufwies.
    „Laßt mich heraus!" hörte ich Selva brüllen. „Ich will mit Michele sprechen!"
    Ich grinste zufrieden. „Laßt mich allein!"
    Der Alte trat aus dem Raum, und ich ging auf die Tür zu und öffnete die Klappe. Grinsend starrte ich Selva an.
    „Weshalb bin ich gefangen?" fragte sie mich.
    Ich lachte schallend.
    „Du befindest dich auf der Insel der Wahnsinnigen." Ich kicherte. „Auf San Clemente. Dank deiner Hilfe weiß ich, daß Dämonen die Ausstrahlung von Irren überhaupt nicht schätzen. Wie bekommt dir die Ausstrahlung, verfluchte Hexe?"
    „Du irrst dich, Michele", sagte Selva. „Ich bin kein Dämon."
    Ich spielte meine Rolle weiter. Sollte sie nur ruhig glauben, daß ich tatsächlich dieser Georg Rudolf Speyer war, dessen Erinnerung sie mir eingepflanzt
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