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0702 - Das Stummhaus

Titel: 0702 - Das Stummhaus
Autoren: Unbekannt
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kümmerten sich nicht um den Alten, der reglos mitten auf der Straße lag. Doch bereits Minuten später, als Vester und Hart die Unfallstelle erreicht hatten und scheinbar gefühllos weitergingen, raste ein kleiner Kastenwagen herbei, zwei Männer sprangen heraus und schoben den alten Mann in die fensterlose Kabine - und fuhren davon.
    „Wieder ein Alter weniger", murmelte Hart bitter. „Du bist ja ganz blaß geworden, Vester."
    „Es ist widerlich!"
    „Darum gibt es die OGN", erinnerte ihn Hart. „Eines Tages wird es wieder Menschlichkeit geben so wie früher. Diesem Ziel gilt unser Kampf."
    Bedrückt und von dem Vorfall erschüttert, bogen sie in die nächste Seitenstraße ein. Ihr eingeimpftes Orientierungsvermögen sorgte dafür daß sie die Richtung nicht verloren. Jederzeit hätten sie jetzt zu ihrem Hotel zurückfinden können. Auch das gehörte zu ihrer Ausbildung.
    Die Bauart der Häuser veränderte sich. Nicht, daß sie vielleicht ansprechender geworden wäre, aber die beiden Agenten sahen sofort, daß es sich um ältere Gebäude handeln mußte. Das machte sie nicht unbedingt schöner, aber sie waren von einem Hauch längst vergangener Romantik umgeben.
    „Dort drüben ist eine Mauer", flüsterte Vester und deutete nach vorn. „Eine Mauer bedeutet... das muß nicht sein!" unterbrach ihn Hart ebenso leise, obwohl niemand in unmittelbarer Nähe zu sehen war. „In den Instruktionen heißt es, daß Stummhäuser von Mauern umgeben sind, das ist ein untrügliches Zeichen. Aber es gibt auch Gefängnisse, Fabriken und andere Gebäude, die durch Mauern abgesichert sind. Die Menschen sind mißtrauischer geworden. Sehen wir es uns trotzdem an,"
    „Fällt es nicht auf, wenn wir so untätig herumschlendern?
    „Vergiß nicht, daß auf unserem Ausweis ein Urlaub bescheinigt wird, den wir in Melbourne zu verbringen haben. Wir können also tun und lassen, was wir wollen, ohne Verdacht zu erregen. Das bedeutet nicht, daß wir unvorsichtig sein dürfen. Los, weiter!"
    Sie schlenderten an der hohen, grauen Mauer vorbei, bogen um eine Ecke - und sahen das Tor.
    Es war ein hohes Tor mit Metallflügeln, die fest verschlossen sein mußten. Wenigstens wirkten sie so. Während sie vorbeigingen, bemerkten ihre geschulten Augen den Fernsehspion in Kopfhöhe und den schmalen Spalt eines Robotportiers. Wenn man dort seinen Ausweis hineinschob und richtig identifiziert wurde, öffnete sich das Tor.
    Sonst nicht.
    Aber wer würde auch schon versuchen, freiwillig und ohne die entsprechende Aufforderung in ein Stummhaus zu gelangen, wenn es ein Stummhaus war.
    Während sie noch überlegten, wie sie das herausfinden sollten, näherten sich von der anderen Straßenseite her zwei alte Frauen. Sie kamen aus der Richtung der Wohnsilos und gingen sehr, sehr langsam. Vor dem Tor blieben sie stehen. Schweigend blickten sie auf die grauen Betonmauern und die stählerne Fläche des verschlossenen Eingangs. Dann griff die eine in ihre Tasche und holte - soweit die Beobachter das erkennen konnten - einen bedruckten Plastikstreifen daraus hervor. Sie nickte ihrer Begleiterin zu, die ihrem Beispiel folgte.
    Beide Frauen schoben ihre Streifen in den Spalt des Portiers.
    Vester und Hart hatten sich in einen Hauseingang zurückgezogen. Um keinen Verdacht zu erregen, blätterte einer von ihnen in einem Notizbuch, als suche er nach einer Adresse.
    So konnten sie unauffällig beobachten, was auf der anderen Straßenseite geschah.
    In dem Tor öffnete sich eine normal große Tür. Ein Mann in dunkler Uniform erschien und winkte den beiden Frauen zu.
    Obwohl sein Gesicht nicht deutlich zu erkennen war, wirkte es finster und mürrisch. Er trat zur Seite, als die Frauen an ihm vorbeigingen, dann folgte er ihnen, und das Tor schloß sich wieder.
    Das war alles.
    „Es muß ein Stummhaus sein!" flüsterte Vester bedrückt. „Jetzt wissen wir nicht mehr als vorher."
    Sie gingen weiter.
    „Wir wissen zumindest, wo ein Stummhaus ist, Vester. Hast du die Zahl auf der Stahltür gesehen? Nummer 23, wenn ich richtig gelesen habe. Eines Tages wird sich uns die Gelegenheit bieten, es von innen zu betrachten."
    „Und wie willst du das anstellen?"
    „Das bleibt uns überlassen.
    Aber du hast ja gesehen, wie die beiden Frauen hineinkamen - so ähnlich werden wir es auch anstellen. Einer von uns wird sich fünfzig Jahre älter machen, die Mittel dazu haben wir bald. Und dann nehmen wir einem alten Mann die Aufforderung ab. Das ist doch ganz einfach."
    Vester nickte
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