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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I
Autoren: Karl May
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das Auge eine so weite, offene Fläche beherrschen, daß eine feindliche Überraschung unmöglich war. Freilich hatte man meine Annäherung von Westen her nicht bemerkt; es wäre hier selbst am hellen Tag ein Posten auszustellen gewesen, und daß man dies unterlassen hatte, war jedenfalls eine Nachlässigkeit. Wie nun, wenn an meiner Stelle eine Indianerschar gekommen wäre! Jenseits senkte sich das Terrain in einen Cañon hinab, der sehr wahrscheinlich das nötige Wasser lieferte. Die Pferde lagen oder liefen frei umher. Die Truppen hatten zum Schutz gegen die Sonnenhitze über Kaktusstangen Leinwandtücher angebracht; ein großes Zelt war für die Offiziere bestimmt, und im Schatten desselben schienen die Proviantvorräte untergebracht zu sein. In der Nähe lagerten acht oder zehn Männer, welche nicht zu den Truppen gehörten, sondern wahrscheinlich bei denselben übernachten wollten, weil der Tag nun bald zu Ende ging. Ich war entschlossen, dasselbe auch zu tun. Ich hätte zwar noch weiterreiten können, dann aber allein lagern müssen und dabei wegen meiner Sicherheit nicht schlafen dürfen. Hier fand ich die Ruhe, welche mir für meinen morgigen weiten Ritt so notwendig war.
    Als ich bemerkt wurde, kam mir ein Unteroffizier entgegen und brachte mich zum Kommandanten, der, durch Rufe aufmerksam gemacht, mit seinen Offizieren aus dem Zelt trat. Indem ich abstieg, musterte er mich und mein Pferd, und fragte dann:
    „Woher, Sir?“
    „Von der Sierra herab.“
    „Und wohin?“
    „Zum Pecos hinunter.“
    „Das sollte Euch schwer werden, wenn wir die Schufte von Comanchen nicht vertrieben hätten. Habt Ihr Spuren von solchen Kerls gefunden?“
    „Nein!“
    „Hm! Scheinen sich südlich gewendet zu haben. Wir sitzen nun fast zwei Wochen hier, ohne eine Nase von ihnen vor die Augen zu bekommen.“
    „Esel!“ hätte ich ihm in das Gesicht rufen mögen, denn wenn er die Roten haben wollte, so mußte er sie suchen; es konnte ihnen nicht einfallen, ihm hierher in die Hände zu laufen. Hatte er nicht erfahren können, wo sie waren, so wußten sie jedenfalls ganz genau, daß er sich hier befand. Es war anzunehmen, daß das Lager des Nachts von ihren Spähern umschlichen wurde. Als ob er einen Teil meiner Gedanken erraten hätte, fuhr er fort:
    „Es fehlt mir ein tüchtiger Scout (Pfadfinder, Kundschafter), auf den ich mich verlassen und der sie mir aufspüren kann. Old Wabble hat hier übernachtet; der wäre der richtige Mann für mich gewesen, habe aber erst, als er fort war, erfahren, wer er war; der Schurke mochte so etwas ahnen und nannte sich Cutter. Und über eine Woche ist's schon her, da traf eine Streifpatrouille auf Winnetou, den Apachen; der wäre noch besser gewesen, hat sich aber schleunigst fortgemacht. Wo der sich sehen läßt, da ist Old Shatterhand nicht weit, wie man mir sagt; ich wollte, der lief mir ins Garn. Wie heißt Ihr, Sir?“
    „Charley“, antwortete ich, ihm meinen Vornamen nennend, der ja auch mein Familienname sein konnte. Ihm zu sagen, daß ich dieser Old Shatterhand sei, konnte mir nicht einfallen. Ich hatte weder Zeit noch Lust, hierzubleiben und mich als Spion verwenden zu lassen. Dabei musterte ich die an der Erde lagernden Zivilisten; zu meiner Beruhigung befand sich kein mir bekanntes Gesicht dabei. Freilich konnte ich durch mein Pferd und die Gewehre verraten werden. Es war bekannt, daß Old Shatterhand einen Bärentöter und einen Henrystutzen besaß und einen schwarzen Hengst ritt, den Winnetou ihm geschenkt hatte. Glücklicherweise war der Kommandant so bescheidenen Geistes, daß er nicht auf diese Dinge kam; er kehrte in das Zelt zurück, ohne seine Fragen fortzusetzen.
    Worauf er nicht gekommen war, das konnte einer der Zivilisten erraten, die sehr wahrscheinlich alle Westmänner waren; darum schob ich den Henrystutzen unauffällig in das Lederfutteral, so daß sein eigenartiges Schloß nicht zu sehen war; der Bärentöter war weniger auffällig. Hierauf sattelte ich ab und ließ den Hengst frei. Gras gab es hier freilich nicht; dafür aber standen zwischen den Riesenkakteen genug Melokakteen, welche Futter und Saft in Fülle lieferten. Mein Rappe verstand es, diese Pflanzen zu entstacheln, ohne sich zu verletzen. Als ich dann die Zivilisten um die Erlaubnis bat, mich zu ihnen zu setzen, antwortete einer von ihnen:
    „Kommt immer her, Sir, und eßt mit mir, wenn's Euch gefällig ist. Ich heiße Sam Parker, und wenn der ein Stück Fleisch übrig hat, kann jeder brave Kerl
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