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0696 - Im Bann des Verfluchten

0696 - Im Bann des Verfluchten

Titel: 0696 - Im Bann des Verfluchten
Autoren: Jason Dark
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Atelier?«
    »Richtig.«
    Wenn er ihr seine Werke zeigen wollte, dann musste er irgendwann das Licht einschalten.
    Zumindest Spotlights, die auf die Bilder gerichtet waren.
    Licht bedeutete wieder Hoffnung. Sie würde mehr sehen und sich umschauen können.
    Im Haus war es ansonsten ruhig. Deshalb hörte sie auch ein fernes Geräusch. War das ein Rauschen gewesen? Wenn ja, dann musste dort Wasser fließen. Nein, das gaukelten ihre Sinne ihr sicher nur vor, weil sie das Geräusch von ihrem Aufenthalt in der Zelle noch im Ohr hatte.
    Das neue Geräusch hatte anders geklungen. Wie ein Klingeln, und auch der Maler hatte es vernommen. Zudem schien es ihm nicht zu gefallen, denn er stand bewegungslos auf dem Fleck und lauschte.
    Sie beschloss, seinen Zustand auszunutzen. Sie fühlte sich besser als in den Minuten zuvor, den großen Schock hatte sie überwunden. Ihre Ausbildung machte sich bezahlt. Sie hatte hart an sich gearbeitet, sie war geschliffen worden, man hatte ihr beigebracht, klar und logisch zu denken, Situationen schnell zu analysieren und die Nerven in kritischen Momenten zu behalten.
    »Nervös?«, sagte sie.
    »Nein!«
    Sie wusste, dass der Maler log, und stieß wieder hinein in diese offene Wunde. »Aber es hat geschellt.«
    Er drehte langsam den Kopf. In seinen Augen hatten sich Lichtstrahlen verirrt und riefen dort düstere Reflexe hervor. »Und wenn es wirklich geschellt haben sollte, es wird uns beide nicht berühren. Ich kann mich voll und ganz auf Edna verlassen.«
    Das glaubte sie ihm aufs Wort. Sie erinnerte sich daran, wie Edna sie angeschaut hatte. Obwohl Colette hier geboren und aufgewachsen war und auch jeden Bewohner in La Rostelle kannte, war sie ihr trotzdem vorgekommen wie eine Fremde. Das Gesicht war nur mehr ein Zerrbild gewesen.
    Diese Frau hatte unter fremdem Einfluss gestanden, und wahrscheinlich war es der des Malers gewesen.
    Er bewegte sich wieder. Sein Arm schwang ihr entgegen. Colette überlegte, ob sie die Hand packen und versuchen sollte, den Mann mit einem Judogriff über ihre Schulter zu schleudern, denn sie hatte einen entsprechenden Lehrgang in Selbstverteidigung hinter sich.
    Dann ließ sie es bleiben.
    Er war einfach unheimlich, zu stark und mächtig und wirkte wie ein Blut saugender Vampir.
    Das zu blasse Gesicht, das schwarze dichte Haar, die düsteren Augen, all das hätte gepasst. War er ein Vampir, ein Verfluchter der Hölle? Ein Wesen aus dem Jenseits?
    Die Kälte, die Colette spürte, kam von innen. Vielleicht auch deshalb, weil er eine Hand gegen ihren Rücken gelegt hatte und sie endgültig auf die Treppe zuschob.
    »Geh hoch…«
    »Und wohin?«
    »Du wirst die Ehre haben, mein Atelier und meine Werke sehen zu dürfen.«
    »Ah ja…«
    Colette dachte darüber nach, wie seine Bilder wohl sein würden. Wenn sie ein Spiegelbild seines Typs waren, dann mussten sie düster sein, drohend und sicherlich auch Angst einflößend. Oftmals zeigten die Werke der Künstler ja, was diese tatsächlich dachten oder was sich in ihrem Innern abspielte. Oft genug waren es Dramen, die nur nach außen dringen konnten, wenn sie umgesetzt wurden.
    Sie schritt die Stufen hoch.
    Jede gab ein dumpfes Echo zurück, wenn sie sie betreten hatte. Colette wurde den Eindruck nicht los, als würde das Holz leben, als wäre es mit ihr verbunden und gäbe das Echo ihres Herzschlages wider.
    Ein Schafott fiel ihr ein. Dann der Delinquent, der seinem Tod entgegenschritt und über den hölzernen Aufbau musste. Wahrscheinlich hatte er seine letzten Schritte ebenso vernommen wie sie jetzt die ihren. Aber würde dieser Mensch es tatsächlich wagen, sie zu töten? Konnte er sich das überhaupt leisten?
    Sie war eine Verwalterin des Todes, hatte zwar nur indirekt etwas mit Morden zu tun, aber sie wusste auch, dass sich selbst die mächtige Organisation absicherte, bevor sie daranging, einen unbequemen Menschen von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Das musste alles sehr sorgfältig abgewogen werden.
    Sehr lang kam ihr die Treppe vor. Sie hoffte, dass sie nie zu Ende sein würde, denn irgendwie ahnte sie, dass dort das Grauen auf sie wartete.
    Sie spürte Rafugil im Nacken. Er schlich hinter ihr her, manchmal raschelte seine Kleidung.
    Und seine Schritte vermischten sich mit den ihren. Andere Geräusche hörte sie nicht. Wenn ein Besucher gekommen war, blieb er unsichtbar. Sie dachte auch an die beiden Männer, mit denen sie sich hatte treffen wollen. Es waren Experten, sie gehörten zu den besten
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