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0689 - Die Irrfahrt des Mutanten

Titel: 0689 - Die Irrfahrt des Mutanten
Autoren: Unbekannt
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kreisten.
    Je länger Thomas Kantenberg sich mit der Sache befaßte, desto deutlicher wurde ihm, daß es sich bei dem Angriff des pariczanischen Kriegsschiffs auf die kleine Space-Jet um einen Teil von Leticrons Plan handelte. Die beiden Kapseln hatten nicht die ganze Wahrheit enthalten. Leticron hatte das Vorhaben nicht vom Stapel gelassen, ohne noch einen kleinen Trumpf im Ärmel zu haben. Der Einsatz des pariczanischen Schiffes war minuziös geplant worden. Gefahr für die Space-Jet hatte es nur während weniger Sekunden gegeben, und der Treffer, den sie schließlich erhalten hatte, hatte nichts anderes bewirkt, als daß Kantenberg sich nun genau an Leticrons Vorschrift halten mußte: die namenlose Sonne anfliegen und von den USO-Schiffen aufgenommen werden oder untergehen.
    Zweierlei hatte der Corun of Paricza mit diesem Vorgehen erreicht. Erstens hatte er sich der Treue seines Agenten versichert, und zweitens machte er diesem die Arbeit leichter, indem er ihn an Bord eines schwer beschädigten Fahrzeugs im Zielgebiet erscheinen ließ.
    Es war, so schloß Thomas Kantenberg, also nicht auf sein Leben abgesehen gewesen. Irgendwie beruhigte ihn dieser Gedanke, obwohl er nicht sonderlich logisch war. Leticron war nicht der Mann, der hilflose Gefangene aus purem Sadismus glauben machte, er wolle sie als Geheimagenten einsetzen, nur um sie dann gleich zu Beginn des Einsatzes abschießen zu lassen. Leticron war ein Mann ohne Emotionen, eine Denkmaschine. Die beiden Kapseln hatten in der Hauptsache Informationen über die Projektoren des Prallfeldes enthalten, das das Lager begrenzte und die Gefangenen hermetisch von der Umwelt abriegelte.
    Das Feld hatte die Form eines langgestreckten Quaders.
    Ein einzelner Projektor konnte eine solche Feldform nicht erstellen. Im speziellen Fall des Lagers waren insgesamt mehr als neunzig Projektoren im Einsatz, und durch die Überlagerung ihrer Ausstrahlungen entstand das quaderförmige Prallfeld.
    Die Geometrie des Feldes erforderte, daß wenigstens zwei der Projektoren sich im Feldinnern befanden. Aus den beiden Medikamenten-kapseln hatte Thomas Kantenberg entnommen, daß diese beiden Projektoren auf dem Mast montiert waren, von dem aus die Bilder für die morgendliche Demoralisierungsstunde projiziert wurden.
    Leticron hatte klar erkannt, daß es keine glaubhaftere Möglichkeit gab, einem Gefangenen die Flucht zu ermöglichen, als indem man ihn während der Demoralisierung durchdrehen, eine Waffe erbeuten und den Mast umlegen ließ. Scheinbar tat er das, um die Pariczaner an weiteren Vorführungen zu hindern. In Wirklichkeit erreichte er jedoch, daß durch den Ausfall der beiden Innen-feldprojektoren das Prallfeld zusammenbrach. Niemand würde jemals auf den Verdacht kommen, Kantenberg habe, als er den Blaster auf den Mast anlegte, schon gewußt, daß er mit seiner Salve das Prallfeld zum Zusammenbruch bringen würde.
    So präzise arbeitete der Verstand des Überschweren. Und um seinem Agenten noch das letzte Quantum Glaubwürdigkeit mit auf den Weg zu geben, hatte er sein Fahrzeug verfolgen und von einem seiner Kriegsschiffe schwer beschädigen lassen. Natürlich hätte etwas schiefgehen können. Die schwere Salve hätte die Space-Jet zerreißen und Thomas Kantenberg den Tod bringen können. Für Leticron hätte das lediglich bedeutet, daß er sich einen Ersatzagenten suchen mußte, mit dem er das tückische Spiel von neuem beginnen konnte.
    Es gab kein Vertrauensverhältnis zu dem neuen Ersten Hetran der Milchstraße. Ein Mann, der für ihn arbeitete, hatte für ihn nur solange Wert, wie er sich an die Richtlinien hielt. Er würde bedingungslos jeden auslöschen, der seinem Sinn zuwiderhandelte.
    Das war die Lektion, die Thomas Kantenberg in diesen Stunden gelernt hatte.
    „Sir, wir empfangen Mayday!" sagte der junge Funker ernst. „Vor wenigen Minuten materialisierte ein kleines Objekt aus dem Linearraum und hält seitdem auf den Zentralkörper zu. Von ihm kommen die Mayday-Rufe."
    Major Zanoor, der Kommandant der kleinen Kometenstation, war mehr als nur milde interessiert. Mayday, das war seit den Tagen der christlichen Luft- und Seefahrt jenes Wort, das allergrößte Gefahr signalisierte.
    „Sie haben auf automatische Beobachtung geschaltet?" fragte er den Offizier.
    „Selbstverständlich, Sir."
    „Gut, ich komme."
    Zanoor war ein stämmiger Terra-ner europäischer Herkunft, der sich sonst in seiner Nachtruhe nur ungern stören ließ. Aber ein „kleines Objekt" - das
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