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0683 - Die Verdammten der Nacht

0683 - Die Verdammten der Nacht

Titel: 0683 - Die Verdammten der Nacht
Autoren: Jason Dark
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mich, und das etwas hilflose Lächeln auf meinem Gesicht wirkte verzerrt.
    »Zieh sie doch zur Seite, John!« fuhr mich Sarah Goldwyn, die Horror-Oma, an. »Wir stehen hier im Weg.«
    Da hatte sie recht. Ich wollte die fremde Frau mit dem wallenden Rothaar nicht über den Boden schleifen, was auch Jane Collins erkannte. Sie war mir behilflich und hob die Beine an.
    Die anderen Kinobesucher schauten nur zu. Neben dem Kino befand sich ein schmaler Eingang. Er führte in eine Passage hinein, wo sich zahlreiche kleine Läden verteilten.
    Hier fühlten wir uns sicherer.
    »Auch wenn ihr mich für altmodisch haltet«, sagte Lady Sarah, »aber das hier habe ich immer bei mir.« Sie hatte ihre Tasche geöffnet und holte ein kleines Riechfläschchen hervor, schraubte die Öffnung auf und wedelte mit der Flasche vor der Nase der fremden Frau herum.
    Sie war toll angezogen. Die Horror-Oma, die ja keinen Gruselfilm ausließ und mich sowie Jane Collins zu einem Kinobesuch überredet hatte, wollte den Frühling locken und ihm gleichzeitig Tribut zollen.
    Denn sie trug auf dem Kopf einen blauen Strohhut, von dem einige künstliche Blumen abstanden. Im Kino hatte sie den Hut abgenommen, um andere Zuschauer nicht zu stören.
    Wir hatten die fremde Frau auf die Beine gestellt und hielten sie beide fest.
    Das alte Riechfläschchen tat seine Pflicht. Die Wirkung war nicht zu übersehen. Die Frau mit der blassen Haut bewegte ihre Augenwimpern. Sie zitterte wie Schmetterlingsflügel.
    Plötzlich schaute sie uns an.
    Es mußte für sie schlimm sein, in fremde Gesichter zu sehen, denn in ihren Augen zeichnete sich der Schrecken ab. Der Schock, die Angst, zudem konnte sie einfach nicht wissen, wo sie sich überhaupt befand, und Lady Sarah übernahm die Angelegenheit.
    »Sie brauchen sich auf keinen Fall zu ängstigen, Madam. Bei uns sind Sie sicher.«
    Die Frau bewegte ihre Lippen, die ebenfalls sehr blaß aussahen.
    »Ja, ja, aber…«
    »Sollen wir einen Arzt holen?«
    »Einen Arzt?« Sie schien nachzudenken. »Nein, wer braucht hier einen Arzt, bitte schön?«
    Sarah Goldwyn lächelte. »Sie sind schließlich ohnmächtig geworden, Madam. Wir haben Sie aufgefangen und hierhergebracht. Der Film ist eben nicht für jede…«
    »Ich war nicht im Kino.«
    Sarah schluckte. »Oh, das wußte ich nicht.«
    Brenda Evans richtete sich so auf, daß sie von allein stehen konnte.
    Noch immer blaß im Gesicht starrte sie zu Boden. Ich wurde den Eindruck nicht los, daß sie an einem schweren Problem zu tragen hatte, und auch Jane Collins dachte ähnlich, das las ich in ihrem Blick. Dennoch sagten wir nichts und überließen Sarah das Terrain.
    Sie war auf derartige Dinge spezialisiert.
    »Ich will mich nicht in Ihre privaten Angelegenheiten mischen, aber sind Sie gesundheitlich nicht auf der Höhe?«
    »Doch, doch, ich bin okay.«
    Lady Sarah ließ nicht locker. »Aber Sie wurden ohnmächtig, Madam. Es kam schlagartig über Sie.«
    »Ja«, murmelte sie, »ich weiß.« Der Blick war nicht mehr so fremd und nach innen gekehrt. Allmählich kehrte auch das Blut in ihr Gesicht zurück und damit die Erinnerung. »Es war ja so furchtbar, denn ich… ich habe meinen Sohn gesehen.«
    Obwohl sich keiner von uns einen Reim auf diese Worte machen konnte und sie etwas lächerlich klangen oder unbegreiflich, verzogen wir keine Miene.
    »Wie heißen Sie?« fragte ich.
    »Brenda Evans.«
    »Okay, Mrs. Evans«, jetzt übernahm Jane das Wort. »Sie haben also Ihren Sohn gesehen und sind bei seinem Anblick ohnmächtig geworden. Liege ich da richtig?«
    »Ja.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt bin. Mir ist es allerdings unbegreiflich, daß man beim Anblick des eigenen Sohnes ohnmächtig werden kann.«
    »Das stimmt schon.« Brenda hatte den Kopf gedreht und schaute durch eine Lücke zwischen uns gegen eine Schaufensterscheibe, als könnte diese ihr die Erinnerung wieder zurückgeben, doch hinter der Scheibe standen nur Gegenstande für den Haushalt.
    »Aber…«
    Sie nickte, hob die Schultern. »Eigentlich ist alles normal, wenn man seinen eigenen Sohn sieht. Aber nicht, wenn man ihn vor fast einem Jahr begraben hat!«
    Das war ein Schlag!
    Wir schauten uns an.
    Unglaube stahl sich in unsere Blicke. Lady Sarah schüttelte den Kopf, Jane hob die Schultern. Sollte Brenda Evans sich doch den Film angeschaut und ihn nicht verkraftet haben? Hatte er ihr gewisse Halluzinationen eingepflanzt? Anders konnte ich mir ihre Reaktion nicht vorstellen.
    Sie atmete schnaufend.
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