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0677 - Das Haus der Hyänen

0677 - Das Haus der Hyänen

Titel: 0677 - Das Haus der Hyänen
Autoren: Jason Dark
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ausgelaufene Blut glänzte als blanke Lache.
    »Er hat es geschafft!« flüsterte Wladimir. »Dieser verfluchte Teufel hat es tatsächlich geschafft. Er war schneller als wir. Er… er ist allen einen Schritt voraus.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht mehr lange, Towaritsch, nicht mehr lange. Wir werden ihn fassen.«
    »Und wo?« Wladimir lachte bitter in seine eigenen Worte hinein.
    »Ich weiß es nicht genau. Dass uns die Hyänen entgegengelaufen sind, lässt darauf hoffen…«
    »John, der Friedhof!« Plötzlich glänzten die Augen meines russischen Freundes. »Das ist die Lösung! Wenn es einen Platz für den blutigen Boris gibt, dann, dort.«
    »Ja«, murmelte ich, »du kannst recht haben.«
    Als wir uns umdrehten, bewegte sich auch Olga Schirnow. Bisher hatte sie ihre Hände vor das Gesicht gepresst. Nun ließ sie beide sinken und schaute uns an. »Wo wollt ihr hin?«
    »Auf den Friedhof.«
    »Ist er denn da?«
    »Das nehme ich an.«
    Sie wusste noch nicht, wie sie sich verhalten sollte. Ihr Blick flackerte.
    »Du kannst hier im Haus bleiben, Olga.«
    »Nein, John, ich gehe mit. Ich will sehen, wie die Bestie vernichtet wird. Sie hat meinen Großvater auf dieselbe Art und Weise getötet wie diese arme Frau hier. Ich will ihn…«, ihre Stimme versagte, sie musste husten.
    Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter und drückte sie herum. Wladimir Golenkow hatte das Haus bereits verlassen. Er wartete vor dem Eingang auf uns.
    »Du kennst den Weg?«
    »Sicher, John, es sind nur wenige Schritte. Das Haus hier gehört praktisch zum Gelände.«
    Wir gingen schweigend und nebeneinander. Sehr angespannt und aufmerksam. Bereit, bei der geringsten Begegnung mit dem höllischen Fremden zu handeln.
    Ich sah ihn vor mir wie eine Kulisse, die aus halbhohen Bäumen, Unterholz, Strauchwerk und verwilderten Gestrüpp bestand. Und über alles hatte der Frost sein eisiges Kleid gezogen, das im Licht des Mondes einen bläulichen Schimmer bekommen hatte.
    Die Spannung breitete sich innen und außen aus. Unter unseren Füßen knirschte der harte Schnee. Mir kamen diese Geräusche in der Stille überlaut vor.
    Ich atmete nur durch die Nase. Hinter den Schläfen spürte ich einen leichten Druck. Diese Temperaturen verursachten mir leichte Kopfschmerzen.
    Dann hörten wir das Heulen. Wir standen dicht vor dem alten Totenacker, so dass uns dieses Geräusch wie ein schauriger Willkommensgruß entgegenfloß.
    »Sie sind da!« wisperte Wladimir.
    »Fragt sich nur, wo.«
    »Der Friedhof ist zwar nicht groß, doch er bietet zahlreiche Verstecke. Vielleicht halten sie sich auch in der Nähe des offenen Grabs auf. Den Weg kenne ich.«
    »Dann sollten wir dorthin gehen.« Wieder klagte eine Hyäne. Möglicherweise bedauerte sie auch den Tod ihrer Artgenossen.
    Eine gespenstische Kulisse nahm uns auf. Ein Platz für die Toten, still und schaurig. Nicht einmal die Zweige bewegten sich. Das erstarrte Buschwerk war in der grausamen Kälte eingeschlafen.
    Keine Hyäne ließ sich blicken. Auch nicht die gewaltige Gestalt des blutigen Boris. Und selbst seinen Schlitten hatten wir nicht gesehen. Beide waren gut versteckt.
    »Das Grab liegt ziemlich am Ende«, erklärte Wladimir. »Dort ist noch etwas mehr Platz.«
    »Auch Deckung?«
    »Nein. Wenigstens keine gute. Falls Boris sich dort aufhält, ist er ziemlich schutzlos und seine Tierchen ebenfalls. Das aber wollen wohl beide nicht.«
    »Stimmt.«
    Links von uns knackte etwas, als wären hart gefrorene Zweige zerbrochen.
    Sofort zielten Wladimir und ich in diese Richtung, und Olga ging einen Schritt zur Seite.
    Es tat sich nichts. Nicht einmal ein Augenpaar schimmerte durch die Lücken.
    Leider verengten sich die Wege. Hinzu kam, dass die Büsche kaum gepflegt wurden. So hatten sie wuchern können und reichten auch über die Seiten der Pfade hinweg.
    Wir gingen jetzt hintereinander. Die Frau hatten wir in die Mitte genommen. Noch immer gab sich keiner unserer Gegner zu erkennen. Nur wenig Schnee lag auf dem Weg. Vor seinem Tod hatte Oleg Jaschin ihn noch davon befreit.
    Wenn wir die Zweige berührten, rieselte Schnee zu Boden. Eis leuchtete wie stumpfe Augen. Blank lag der Himmel über uns. Wo der Mond leuchtete, sah er aus, als hätte man einen Kreis hineingeschnitten.
    Ich schaute an Olga und Wladimir vorbei und bekam etwas Hoffnung, denn unser Ziel lag nicht mehr weit entfernt. Eine freiere Fläche, tatsächlich fast deckungslos, und dort musste auch das Grab mit dem toten Mann liegen.
    Wladimir
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