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0645 - Das Teufels-Denkmal

0645 - Das Teufels-Denkmal

Titel: 0645 - Das Teufels-Denkmal
Autoren: Jason Dark
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in den Rücken bekam. Dort hatte mich eine Klinke getroffen, als die Frau von der Toilette kam. Sie war schon älter, unwahrscheinlich breit in den Hüften, schaute mich böse an, danach meine Gesprächspartnerin und schob sich zwischen uns weiter.
    »Sie entschuldigen«, sagte ich und betrat die Toilette, wobei ich erst einmal die Luft anhielt, denn der Gestank war nichts für schwache Nasen. Es gab Leute, die ihn als natürlich ansahen, ich atmete nur flach. Eigentlich war ich froh darüber, eine derartige Reisebekanntschaft gemacht zu haben, so wurde das letzte Stück der Fahrt nicht so langweilig. Außerdem konnten Suko und Harry Stahl die Augen aufhalten.
    Ich beeilte mich, pumpte mit dem Fuß das Wasser aus der Leitung, wusch die Hände mit den Körnern der Trockenseife, hielt vergeblich nach einem Papierhandtuch Ausschau und nahm mein Taschentuch, um die Hände trocken zu bekommen.
    Ich ging hinaus auf den Gang. Beim Öffnen der Tür roch ich schon das Parfüm der jungen Ungarin.
    Ich wollte etwas sagen, als sich von einem Augenblick zum anderen schlagartig alles veränderte.
    Jemand hatte die Notbremse gezogen!
    ***
    Eine Notbremsung!
    Albtraum aller Bahnfahrer, und ausgerechnet ich bekam sie mit. Dabei fuhren Tausende von Zügen durch Europa, aber mich erwischte es.
    Und wie!
    Was ich hörte, konnte ich nicht unterscheiden. Eine Mischung aus Kreischen, Heulen, Krachen und schrillen Stimmen zugleich. Perspektiven verschoben sich. Feste Gegenstände hatten sich plötzlich selbstständig gemacht. Die Türklinke wurde mir aus der Hand gerissen. Ich fing an zu fliegen und sah direkt vor mir die Gestalt der jungen Ungarin, die mir wie ein flatterhaftes Wesen vorkam, als sie dicht in meiner Nähe von einer Seite zur anderen und auch nach vorn und zurückzuckte.
    Ein schriller, irrer Tanz, aber kein schöner, denn die Landeplätze waren verdammt hart.
    Sie prallte gegen die Wand, ich hörte sie schreien. Ich selbst lag auf dem Boden und wusste nicht, wie ich dorthin gekommen war. Über uns bewegte sich der Himmel, dabei war es keiner, sondern eine Wagendecke. Etwas prallte gegen mich. Ich griff zu und hielt die junge Ungarin umklammert.
    Zum Küssen dicht war ihr Gesicht vor mir. Es zeigte Schrammen. Blut sickerte aus einer Platzwunde, aber die Kleine hatte ihren Humor bewahrt, denn sie sagte: »0 Mann, dass ausgerechnet uns so etwas passieren muss.«
    »Dass Sie in meinen Armen liegen?«
    »Da gibt es Schlimmeres.«
    »Danke. Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Julia.«
    »Ich heiße John.«
    »Toll, passt sogar. Wenigstens die Anfangsbuchstaben. Aber jetzt sollten wir aufstehen und unsere Knochen sortieren.«
    Der Zug stand, und es war unnatürlich ruhig. Das dauerte nicht mehr an. Plötzlich hatte sich der Schock gelöst, da gellten die Schreie, da brüllten die Fahrgäste durcheinander, da schlugen Türen, während ich mich an einem Haltegriff festklammerte und zunächst einmal nachtastete, ob bei mir noch alles vorhanden war.
    Bis auf einige blaue Flecken hatte ich es überstanden. Julia erging es ähnlich - oder? Sie zog ihr Bein etwas nach, als sie die ersten Schritte probierte.
    »Ist was mit Ihrem Knöchel?«
    »Der schmerzt.«
    Es war der Linke, ich wollte sie stützen, aber sie schüttelte ihre Mähne. »Nein, Mister, das schaffe ich schon. Wenn Sie nur versuchen würden, die Tür aufzuziehen…« Ich tat ihr den Gefallen.
    Als ich nach draußen sprang, hinein in den Wirrwarr und das Gekreische der Stimmen, dachte ich darüber nach, wer die Notbremse gezogen haben könnte.
    Mir fielen van Akkeren und Hoffmann ein, zudem dachte ich an Suko und Harry Stahl. Hoffentlich hatten sie die Notbremsung ebenso gut überstanden wie ich.
    Ein Mann rannte mich einfach um. Er lief in wilder Panik im Zug entlang, blutend und mit den Armen um sich schlagend. Bestimmt hatte es auch andere Verletzte gegeben. Julia und ich hatten insofern großes Glück gehabt, dass der Gang ziemlich eng gewesen und unsere Aufprallmöglichkeiten begrenzt waren.
    Sie stand neben mir, schaute mich an, schüttelte den Kopf und wischte über ihre Stirn, wo sie die Haare verteilte.
    »Und jetzt?«
    »Bleiben Sie hier, Julia. Ich werde sehen, ob ich noch etwas tun kann.«
    »Was denn?«
    »Menschen helfen.«
    Ich ließ sie stehen, hörte aber ihre Schritte, als sie mir folgte. Vor allen Dingen interessierte es mich auch, wie Suko und der Kommissar alles überstanden hatten. Ich wusste ja, in welch einem Wagen sie gesessen hatten, und lief deshalb in
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